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Christian Schad

Den Perspektivwechsel wagen

Christian SchadStiftsplatz 7, 76829 Landau Die pfälzische Landeskirche auf dem Weg in die Zukunft[i] Fast 200 Jahre ist es her: 1818 vollziehen Lutheraner und…

Okko Herlyn, „Was ist eigentlich evangelisch?“

Paul Gerhard SchoenbornDellbusch 298, 42279 Wuppertal Okko Herlyn, „Was ist eigentlich evangelisch?“ Neukirchener-Aussaat-Verlag, Neukirchen-Vluyn 2015, 191 Seiten,14,99 Euro, ISBN 978-7615-6241-3 (Print), ISBN 978-7615-6242-0 (E-Book) Das Cover der Printausgabe des Werkes hat eine Bauchbinde. Auf der ist zu lesen:„Theologie als Lesegenuss, geht das? Okko Herlyn liefert den Beweis.“ „Oha, eine starkeAnpreisung!“ dachte ich. Aber es war nicht zuviel versprochen. Ich habe Okko Herlynsneuestes Buch: „Was ist eigentlich evangelisch?“ in einem Zug durchgelesen. Der Autor,pensionierter Theologieprofessor aus Bochum, als Emeritus noch immer gefragter Predigerund Referent und nicht zuletzt Maßstäbe setzender Kirchenkabarettist, versteht seinHandwerk. Er holt seine Leser in jedem Kapitel durch Alltagserfahrungen ab: durch Erörternvon einfach so dahingesagten Redensarten, durch kleine Berichte von Gesprächen, die ergeführte hat: mit Bodo an der Theke, mit einer jungen Katholikin beim RegensburgerKatholikentags 2014, mit dem, was er beim Trampen oder in einem Traugespräch zu hörenbekam. Wenn er dann zu seinen theologischen Informationen kommt, fällt seine Fähigkeit zurElementarisierung auf. Jeder Gutwillige kann ihn verstehen, und darauf kommt es ihm auchan. Er verwendet eine klare und verständliche Begrifflichkeit, grenzt sich ohne Aggressivitätgegen andere Positionen ab, formuliert niemals „churchy“ oder wie man früher gesagt hätte:er vermeidet durchweg die „Sprache Kanaans“. Im Gegenteil, er verwendet unverkrampftAlltagssprache bei der Entwicklung theologischer Gedanken. So kommt Okko Herlyn leicht ins Einvernehmen den Adressaten des Buches: Menschen, dieMitglieder evangelischer Gemeinden sind, mögen es aktive Mitarbeiter oder „treueKirchenferne“ sein. Die Erfahrung zeigt, dass sehr viele, die sich als evangelische Christenverstehen, ihre Probleme damit haben, sich selbst oder anderen klarzumachen, was dasdenn bedeutet, Protestant zu sein und auf Formularen als eigene Konfession „evangelisch“ anzugeben. Ihnen will das Werk Orientierung geben, wenn die Frage auftaucht: „Was istdenn  nun eigentlich evangelisch?“ Das Werk enthält siebzehn gut gegliederte Kapitel. Im ersten Kapitel wird ausführlich geklärt,was das Wort „Evangelium – evangelisch“ beinhaltet. Die weiteren fünf Kapitel handeln vonden reformatorischen Grundüberzeugungen: allein die Schrift – sola scriptura; allein Christus– solus Chrisus; allein aus Gnade – sola gratia; allein durch Glauben – sola fide. Okko Herlyn legt deutlich und bis zum Ende des Buchs das größte Gewicht auf dasreformatorische „sola scriptura“. Evangelisch sein heißt zuerst und vor allem: sich orientierenam Wort Gottes. Aus ihm folgt alles weitere, es bestimmt und stützt alles andere.„‚Evangelisch’ kommt von ‚Evangelium’. Insofern kann man evangelisch grundsätzlich nur imHören der biblischen Botschaft sein. Deshalb steht in einem evangelischen Gottesdienstunbedingt die Predigt, d.h. die Auslegung eines biblischen Textes im Mittelpunkt. Äußerlichdrückt sich das so aus, dass wir in vielen evangelischen Kirchen als Blickfang nicht das Kreuzoder irgendeine künstlerische Darstellung vorfinden, sondern eine aufgeschlagene Bibelvorne auf dem Altar bzw. auf dem Abendmahlstisch. Sie erinnert an den reformatorischenGrundsatz ‚sola scriptura’. Allein die Schrift. Evangelisch sein geht nicht ohne dasAufschlagen der Bibel“ (S. 21). Okko Herlyn kommt immer wieder darauf zurück, sowohl alsGrundsatz, sozusagen als cantus firmus, als auch indem er die Klärung von Einzelfragen vombiblischen Befund her vornimmt. Er erwähnt, wenn es notwendig ist, Differenzen unter denprotestantischen Konfessionen, betont aber durchweg das reformatorisch Gemeinsame undVerbindende. Gelegentlich werden Abgrenzungen zur römisch-katholischen Lehrevorgenommen. Vorrangig aber ist für Okko Herlyn das „sola scriptura“. Von der reformatorischen Grunderkenntnis, dass der Mensch allein durch Gottes gnädigeZuwendung in Christus, sola gratia, gerechtfertigt werde, behaupte man heute oft – so OkkoHerlyn –, sie sage den Menschen der Gegenwart nichts mehr. Denn sie sei wohl dieerlösende Antwort auf Probleme der Menschen zur Zeit Luthers gewesen, aber das geltenicht mehr für uns heute. Okko Herlyn hält dagegen: „Aber Vorsicht! Nur weil uns einebestimmte Begrifflichkeit fremd geworden ist, muss die damit gemeinte Sache noch langenicht erledigt sein. In der Sache hat das ‚sola gratia’ eine erstaunliche Aktualität“ (S. 44). Luther war von Angst umgetrieben, dem fordernden Gott nicht zu genügen, die nach seinemVerständnis von Gott geforderten Werke nicht leisten zu können. Davon befreite ihn dieBotschaft des Evangeliums von Jesus Christus: Wenn du an Jesus Christus glaubst, bist du,so wie du bist, Gott recht. Du bist von Gott geliebt und angenommen, ohne dass dubestimmte Vorleistungen erfüllen musst, die dich total überfordern. Okko Herlyn verweist aufdie mancherlei „Götter“, die reichlich Opfer und zwanghafte Leistung von den Menschen derGegenwart fordern, ferner auf den Druck, den Ansprüche der Selbstinszenierung undSelbstoptimierung auf sie ausüben – und welche befreiende Wirkung von der Botschaftausgeht, angenommen zu sein, ohne etwas leisten und vorweisen zu müssen: „Es ist eintiefes, , befreiendes Aufatmen, das von dieser reformatorischen Erkenntnis über dieJahrhunderte hinweg noch  zu uns herüberweht … ‚Sola gratia – allein aus Gnade’ – was füreine wichtige, befreiende Botschaft, die da der christlichen Gemeinde anvertraut ist, geradeheute, in Zeiten, in denen die Parolen von einem auf Deubel-komm-raus ‚gelingenden Leben’,die Parolen von ‚Hauptsache Spaß’, ‚Hauptasche gesund’, ‚Hauptsache Erfolg’ inzwischen zuTyrannen geworden sind, unter denen Menschen zusehends leiden, auch wenn ihre Keep-smiling-Masken etwas anderes weismachen wollen“ (S. 44f). „Sola fide“, allein der Glaube „meint die vertrauensvolle Annahme des Evangeliums“ (S, 52).Daran schließen sich mancherlei Fragen an, etwa die nach „Glauben und Verstehen (KapitelVII), nach „nüchterner Frömmigkeit“ (Kapitel VIII), nach dem evangeliumsgemäßenVerständnis des Gebets (Kapitel IX) und dem Tun des Gerechten (Kapitel X). Spannend undlehrreich sind die drei Kapitel, die sich mit dem Gottesdienst (Kapitel XI), Taufe undAbendmahl (Kapitel XII) und der Kirchenmusik (Kapitel XIII) befassen. Drei weitere Kapitelloten aus, was „allgemeines Priestertum der Gläubigen“ (Kapitel XIV), „Kirche von unten“ – Gemeindeleitung von der Basis her (Kapitel XV) und „Kirche für andere“ (Kapitel XVI) inevangelischem Sinn ausmacht. Das Werk endet mit einer Zugabe – wie meist seine Auftritte als Kirchenkabarettist.„Evangelium und Humor“ (S. 183ff) ist ein Essay, der es in sich hat. Man erwartet aufgeräumtHeiteres, kriegt aber zunächst Saures. Und das ist auch verständlich. Denn wenn das gilt,was nach Okko Herlyn „eigentlich evangelisch“ ist und die kirchliche Wirklichkeit prägensollte, dann ergeben sich in Hinblick auf die real existierenden evangelischen Kirchen undGemeinden erhebliche Dissonanzen:…

„Die christliche Kirche ist die Gemeinde…“ (Barmen III)

Das Impulspapier der EKD und das evangelische Kirchenverständnis.* Prof. Dr. Eberhard L. J. MechelsWangerooger Straße 14, 26810 Westoverledingen-Ihrhove Vorbemerkung Eine persönliche Bemerkung möge mir vorweg erlaubt sein: das Faszinierende und Aufregende amThema „Kirche“ und an der Lehre von der Kirche, der Ekklesiologie, ist für mich ihre Scharnierfunktionoder Brückenfunktion zwischen der unsichtbaren Wirklichkeit, die Gegenstand des Glaubens ist, undder sichtbaren Welt, die Sache der empirischen Erfahrung ist. Zwar gibt es eine ziemlich langeprotestantische Tradition, die gerade diese Vermittlungsfunktion von geistlicher und empirischerWirklichkeit der  Kirche umgeht oder gar beseitigt. Dann haben wir eine Art Zwei-Bereiche-Lehre imGebiet der Ekklesiologie. Demnach verhält sich die geglaubte Kirche zu ihrer empirischen Gestaltoder Organisation indifferent. Dann gerät die Ebene der Gestalt, auch der Gestaltung, in dieBeliebigkeit. Das bedeutet: die Organisation der Kirche, ihre äußere Gestaltung, ihre Sozialgestaltregeln wir je nach den Erfordernissen der Nützlichkeit, der geschichtlichen Situation, d.h de facto:nach der jeweiligen Verfassung der gesellschaftlichen Umwelt. D.h.: die Kirche hat in diesenscheinbar „äußerlichen“ Belangen keinen eigenen Kompass, sondern ist außengelenkt. Die Fragender Organisation, der Gestaltung sind Ermessensfragen, sie haben keine geistliche Relevanz undsind in der gegenwärtigen Reformdiskussion bezogen auf Erfordernisse der Integration von Kircheund Gesellschaft. D. Bonhoeffer war als junger Mensch von 21 Jahren  in mancher Hinsicht seinerZeit theologisch weit voraus, indem er genau an dieser Stelle der Dissoziierung von geistlicher undempirischer Ebene der Kirche das Problem erkannte und  die geglaubte communio sanctorum mit dersozialen Empirie der Kirche wieder auf Tuchfühlung brachte. In Anlehnung an Lessings Dictum formuliert: Den garstigen breiten Graben zwischen der geglaubtenunsichtbaren Kirche und der empirischen sichtbaren Kirche hat er ins Visier genommen. SeinAnliegen steckt bereits im Titel: „Sanctorum communio. Eine dogmatische Untersuchung zurSoziologie der Kirche“. Sanctorum communio ist eine Glaubenswirklichkeit – Soziologie ist eineempirische Wissenschaft, und die dogmatische Untersuchung bringt das in Berührung, sie sitzt genaudazwischen an der Schnittstelle. Und so durchbrach er die ekklesiologische Zwei-Bereiche-Ideologie.Es geht um den Schnittpunkt (das ist der Akzent von A. Denecke) bzw. die Schnittmenge (das isteher meine Interpretation) zwischen geistlicher und sozialer Wirklichkeit der Kirche. Dieses Bemühenfür die heutige Situation fortzuschreiben, das ist ein Weg, um im gegenwärtigen Streit über den Wegder Kirche aus der derzeitigen Blockade, um nicht zu sagen Agonie herauszukommen. In dieserSache auf Bonhoeffer zu hören ist außerordentlich hilfreich. Um es mit Worten von Eberhard Jüngelzu sagen (er sagte das in Bezug auf Karl Barth): Die Zitrone gibt immer noch Saft.   I. Evangelisches Kirchenverständnis. 1. Die Kirche ist versammelte Gemeinde Am häufigsten (46 mal)  kommt das neutestamentliche Wort für Kirche: „ekklesia“, in denPaulusbriefen vor. Und Paulus war es auch, der diesem Wort seine besondere Prägung gegebenhat.  Diese paulinische Prägung hat das kirchliche Selbstverständnis immer wieder, wenn auch nichtdurchgängig, orientiert und geleitet. Dies Wort beschreibt unseren Konsens, es sagt, als was wir unsverstehen. Die Frage im Zusammenhang der Kirchenreformdiskussion ist, ob dieser Konsens nochbesteht. (Ich habe da Zweifel.) Dieses Wort enthält implizit die Antwort auf die Frage: Wer seid ihr?Was ist die Kirche? Die Antwort ist überraschend lapidar: Versammlung! Das Wort „ekklesia“ stammtaus dem Profangriechischen, hat dort überhaupt keine religiösen Implikationen und meinte schlicht:die Volksversammlung. Es ist sehr bedenkenswert, dass ein so profanes Wort ein ekklesiologischerZentralbegriff wird. Dieser Befund verweist uns bereits darauf, dass eine bestimmte Sozialform,nämlich die leibliche Anwesenheit von Menschen zu gleicher Zeit am gleichen Ort, zentraleBedeutung hat. Aber lassen wir Paulus sprechen: 1. Kor. 11,17ff. „Ich kann´s nicht loben, dass ihr nicht zu euremNutzen, sondern zu eurem Schaden zusammenkommt. Zum ersten höre ich: Wenn ihr in derGemeinde zusammenkommt, sind Spaltungen unter euch.“ 11,20): „Wenn ihr nun zusammenkommt,so hält man da nicht das Abendmahl des Herrn…“ 11,33: „Darum, meine lieben Brüder, wenn ihrzusammenkommt, um zu essen, so wartet aufeinander.“ 14,26: „Wie ist es denn nun, liebe Brüder?Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeder einen Psalm, er hat eine Lehre, er hat eine Offenbarung,er hat eine Zungenrede, er hat eine Auslegung. Laßt es alles geschehen zur Erbauung!“ Auffällig oftist bei Paulus vom „Zusammenkommen“ die Rede. Es ist nicht zu übersehen, dass das leiblicheZusammenkommen in engem Zusammenhang steht mit dem Verständnis der Gemeinde als LeibChristi. Hier kommen bereits empirische und geistliche Wirklichkeit  in Kontakt. Otto Weber [1] fasst den neutestamentlichen Befund so zusammen: „Es ist deutlich, daß dasSchwergewicht der Aussage beim konkreten Zusammenkommen der ekklesia  liegt.  …Wir tun dahergut daran, bei dem Wort `Gemeinde` … stets das konkrete Moment des Zusammenkommens, der`Versammlung` mit zu denken…“ Weil die versammelte Gemeinde der Leib Christi ist, kann Paulus z.B. die Gemeinde zu Korinth „dieekklesia Gottes, die in Korinth ist“, nennen, und die Gemeinde in Thessalonich nennt er: „die ekklesiader Thessalonicher in Gott dem Vater und dem Herrn Jesus Christus“. Die ekklesia zu Korinth, Thessalonich, Philippi usw. ist jeweils die ganze Kirche. Und alle Gemeindenzusammen sind auch die ganze Kirche, nicht aufgrund organisatorischen Zusammenschlusses,sondern weil sie alle die gleiche Substanz haben, sie sind alle eins in Christus, sind sein Leib. 2. Die Gemeinde ist Leib Christi Diese konkret an einem Ort zusammenkommende, versammelte Gemeinde ist der Leib Christi. Undso folgt  auf  1. Kor. 11, wo so oft vom Zusammenkommen der Gemeinde die Rede ist, das Kapitelüber die Gemeinde als Leib Christi, mit dem zentralen Vers 12: Denn wie der Leib einer ist und dochviele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind,  — nunwürde ich den Satz beenden, vermutlich jeder von uns: so auch die Gemeinde. Das ist ganzfolgerichtig gedacht. Die Gemeinde ist ein sozialer Leib, ein Organismus, und der besteht aus vieleneinzelnen Gliedern. Das ist doch so ganz logisch. Aber das sagt Paulus nicht, sondern er kommt miteiner Riesenüberraschung. Das ist der ekklesiologische Spitzensatz und der enthält das ganzeGeheimnis der Kirche: Denn wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie vielesind, doch ein Leib sind, so auch Christus. Das ist der paulinische Indikativ: Ihr aber seid der LeibChristi (1. Kor. 12,27).…

Zwischen den Stühlen

Frank Matthias HofmannJohanna-Wendel-Str. 15, 66119 Saarbrücken Rainer Stuhlmann, Zwischen den Stühlen. Alltagsnotizen eines Christen in Israel und Palästina, Neukirchen-Vluyn (Neukircher Aussaat) 2015, 115 Seiten,…

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