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Elke Wedler-Krüger

Die faktische Macht der Bilder

Eine Nachlese zum ökumenischen Kirchentag und ein Wunsch für den Nächsten Elke Wedler-KrügerKirchstraße 11, 67482 Freimersheim Es war wie ein großes Klassentreffen der hauptamtlich…
Wolfgang Schumacher

Friedrich Schorlemmer, Die Gier und das Glück, Freiburg

Wolfgang SchumacherEmmagasse 4, 67659 Kaiserslautern Friedrich Schorlemmer, Die Gier und das Glück, Freiburg (Verlag Herder) 2014, 176 Seiten, 14 Euro Was gibt es nicht alles an Literatur zum Thema Glück. Erst recht an christlicher Literatur. „Unterwegszum Glück“, „Zum Glück gibt’s Gott“ oder „Sinn und Glück im Glauben“. Glück ist ein Dauerwunschund ein Dauerthema. Und wer es in Buchform sucht, der findet es in erbaulicher Weise in den in denBuchhandlungen überbordenden Esoterikregalen, auf den schmalen  Brettern der Religions-„Abteilung“ und auf dem Sonderangebots-Wühltisch. Nun ist ein Buch erschienen, welches das Glück zum Thema macht und ganz ohne vomWeichzeichner bearbeitete Bilder von blauem Himmel oder bunter Blumenwiese auskommt. FriedrichSchorlemmer, der Theologe, für den der Begriff Protestant erfunden scheint, geht der Frage nach,was das Glück des Lebens ausmacht und wie wir ein intensives, ein glückendes Leben gewinnenkönnen. Dabei beginnt Schorlemmer ganz persönlich: „Das nenne ich Glück: auch einmal weltversunken sein,mit Freunden Weinlese betreiben, dann zur Weinprobe gehen, bleiben, bis Probe ins Gelingenübergeht.“ Eine Glückserfahrung, die der Wittenberger Theologe sicher bei seinen pfälzischenFreunden in den Weinbergen und Winzerhöfen rund um Landau gemacht hat. Schorlemmer, derehemalige Dozent am Predigerseminar Wittenberg und Studienleiter der Evangelischen Akademie inWittenberg, doziert nicht über, er erzählt vom Glück. Von der Märchenfigur des Hans im Glück überDietrich Bonhoeffer, den er mit einem Plädoyer für das irdische Glück zitiert, bis zu Dorothee Sölle,die Glück und Glaube verbinden konnte und sich wagte, Jesus einen glücklichen Menschen zunennen. Muss aber nicht derjenige, die vom Glück spricht, auch vom Unglück reden? Friedrich Schorlemmerverbindet in seinem Buch jedoch das Glück mit der Gier. Denn auch die Kraft des Begehrens gehörtzum Leben. Wobei die Gier per se nicht die schlechte Seite des Glücks ist. So ist die Neugier „eineschöne, spannende, erfrischende, weiterführende Gier“. Freilich gibt es Doppelgesichter der Gier, dieauf der einen Seite gierig im Sinne von hochmotiviert, auf der anderen Seite von unersättlich versteht.Darum spricht Schorlemmer auch über das Giersystem, von Geld- und Machtgier und greift dabei aufdie politischen Entwicklungen und wirtschaftlichen Verwicklungen der jüngsten Zeit zurück. Dabei begegnen wir Martin Luther genauso wie Adam Smith und Karl Marx. Zum Glück hebt der Autor nicht den belehrenden Zeigefinger, zieht nicht moralinsauer die bittereBilanz eines Systems oder einer Epoche. Er lädt freundlich zur „Suche nach dem menschlichen Maß“,zur Liebe ein. Wir müssen nicht unter das Joch der Gier geraten, wir können guten Mut behalten,„fröhlich bleiben in Mitten aller Unbill“. Friedrich Schorlemmer, der am 16. Mai seinen 70. Geburtstag feiert, lädt mit diesem Buch zumGespräch ein. Und er verweist darauf, dass es selbst im Gespräch entstanden ist. Unter anderem mitVolker Hörner, dem langjährigen Wegbegleiter und Freund. Als Dozenten an den Predigerseminarenihrer Kirchen lernten sie sich bereits lange vor dem Mauerfall kennen, als Akademieverantwortlicheluden sie seit 1991 zu gemeinsamen Tagungen in West und Ost ein, der linksrheinisch-ostelbischeClub bestand bis 2008. Auch ein Glück für alle, die daran teilnehmen konnten.

Okko Herlyn, „Was ist eigentlich evangelisch?“

Paul Gerhard SchoenbornDellbusch 298, 42279 Wuppertal Okko Herlyn, „Was ist eigentlich evangelisch?“ Neukirchener-Aussaat-Verlag, Neukirchen-Vluyn 2015, 191 Seiten,14,99 Euro, ISBN 978-7615-6241-3 (Print), ISBN 978-7615-6242-0 (E-Book) Das Cover der Printausgabe des Werkes hat eine Bauchbinde. Auf der ist zu lesen:„Theologie als Lesegenuss, geht das? Okko Herlyn liefert den Beweis.“ „Oha, eine starkeAnpreisung!“ dachte ich. Aber es war nicht zuviel versprochen. Ich habe Okko Herlynsneuestes Buch: „Was ist eigentlich evangelisch?“ in einem Zug durchgelesen. Der Autor,pensionierter Theologieprofessor aus Bochum, als Emeritus noch immer gefragter Predigerund Referent und nicht zuletzt Maßstäbe setzender Kirchenkabarettist, versteht seinHandwerk. Er holt seine Leser in jedem Kapitel durch Alltagserfahrungen ab: durch Erörternvon einfach so dahingesagten Redensarten, durch kleine Berichte von Gesprächen, die ergeführte hat: mit Bodo an der Theke, mit einer jungen Katholikin beim RegensburgerKatholikentags 2014, mit dem, was er beim Trampen oder in einem Traugespräch zu hörenbekam. Wenn er dann zu seinen theologischen Informationen kommt, fällt seine Fähigkeit zurElementarisierung auf. Jeder Gutwillige kann ihn verstehen, und darauf kommt es ihm auchan. Er verwendet eine klare und verständliche Begrifflichkeit, grenzt sich ohne Aggressivitätgegen andere Positionen ab, formuliert niemals „churchy“ oder wie man früher gesagt hätte:er vermeidet durchweg die „Sprache Kanaans“. Im Gegenteil, er verwendet unverkrampftAlltagssprache bei der Entwicklung theologischer Gedanken. So kommt Okko Herlyn leicht ins Einvernehmen den Adressaten des Buches: Menschen, dieMitglieder evangelischer Gemeinden sind, mögen es aktive Mitarbeiter oder „treueKirchenferne“ sein. Die Erfahrung zeigt, dass sehr viele, die sich als evangelische Christenverstehen, ihre Probleme damit haben, sich selbst oder anderen klarzumachen, was dasdenn bedeutet, Protestant zu sein und auf Formularen als eigene Konfession „evangelisch“ anzugeben. Ihnen will das Werk Orientierung geben, wenn die Frage auftaucht: „Was istdenn  nun eigentlich evangelisch?“ Das Werk enthält siebzehn gut gegliederte Kapitel. Im ersten Kapitel wird ausführlich geklärt,was das Wort „Evangelium – evangelisch“ beinhaltet. Die weiteren fünf Kapitel handeln vonden reformatorischen Grundüberzeugungen: allein die Schrift – sola scriptura; allein Christus– solus Chrisus; allein aus Gnade – sola gratia; allein durch Glauben – sola fide. Okko Herlyn legt deutlich und bis zum Ende des Buchs das größte Gewicht auf dasreformatorische „sola scriptura“. Evangelisch sein heißt zuerst und vor allem: sich orientierenam Wort Gottes. Aus ihm folgt alles weitere, es bestimmt und stützt alles andere.„‚Evangelisch’ kommt von ‚Evangelium’. Insofern kann man evangelisch grundsätzlich nur imHören der biblischen Botschaft sein. Deshalb steht in einem evangelischen Gottesdienstunbedingt die Predigt, d.h. die Auslegung eines biblischen Textes im Mittelpunkt. Äußerlichdrückt sich das so aus, dass wir in vielen evangelischen Kirchen als Blickfang nicht das Kreuzoder irgendeine künstlerische Darstellung vorfinden, sondern eine aufgeschlagene Bibelvorne auf dem Altar bzw. auf dem Abendmahlstisch. Sie erinnert an den reformatorischenGrundsatz ‚sola scriptura’. Allein die Schrift. Evangelisch sein geht nicht ohne dasAufschlagen der Bibel“ (S. 21). Okko Herlyn kommt immer wieder darauf zurück, sowohl alsGrundsatz, sozusagen als cantus firmus, als auch indem er die Klärung von Einzelfragen vombiblischen Befund her vornimmt. Er erwähnt, wenn es notwendig ist, Differenzen unter denprotestantischen Konfessionen, betont aber durchweg das reformatorisch Gemeinsame undVerbindende. Gelegentlich werden Abgrenzungen zur römisch-katholischen Lehrevorgenommen. Vorrangig aber ist für Okko Herlyn das „sola scriptura“. Von der reformatorischen Grunderkenntnis, dass der Mensch allein durch Gottes gnädigeZuwendung in Christus, sola gratia, gerechtfertigt werde, behaupte man heute oft – so OkkoHerlyn –, sie sage den Menschen der Gegenwart nichts mehr. Denn sie sei wohl dieerlösende Antwort auf Probleme der Menschen zur Zeit Luthers gewesen, aber das geltenicht mehr für uns heute. Okko Herlyn hält dagegen: „Aber Vorsicht! Nur weil uns einebestimmte Begrifflichkeit fremd geworden ist, muss die damit gemeinte Sache noch langenicht erledigt sein. In der Sache hat das ‚sola gratia’ eine erstaunliche Aktualität“ (S. 44). Luther war von Angst umgetrieben, dem fordernden Gott nicht zu genügen, die nach seinemVerständnis von Gott geforderten Werke nicht leisten zu können. Davon befreite ihn dieBotschaft des Evangeliums von Jesus Christus: Wenn du an Jesus Christus glaubst, bist du,so wie du bist, Gott recht. Du bist von Gott geliebt und angenommen, ohne dass dubestimmte Vorleistungen erfüllen musst, die dich total überfordern. Okko Herlyn verweist aufdie mancherlei „Götter“, die reichlich Opfer und zwanghafte Leistung von den Menschen derGegenwart fordern, ferner auf den Druck, den Ansprüche der Selbstinszenierung undSelbstoptimierung auf sie ausüben – und welche befreiende Wirkung von der Botschaftausgeht, angenommen zu sein, ohne etwas leisten und vorweisen zu müssen: „Es ist eintiefes, , befreiendes Aufatmen, das von dieser reformatorischen Erkenntnis über dieJahrhunderte hinweg noch  zu uns herüberweht … ‚Sola gratia – allein aus Gnade’ – was füreine wichtige, befreiende Botschaft, die da der christlichen Gemeinde anvertraut ist, geradeheute, in Zeiten, in denen die Parolen von einem auf Deubel-komm-raus ‚gelingenden Leben’,die Parolen von ‚Hauptsache Spaß’, ‚Hauptasche gesund’, ‚Hauptsache Erfolg’ inzwischen zuTyrannen geworden sind, unter denen Menschen zusehends leiden, auch wenn ihre Keep-smiling-Masken etwas anderes weismachen wollen“ (S. 44f). „Sola fide“, allein der Glaube „meint die vertrauensvolle Annahme des Evangeliums“ (S, 52).Daran schließen sich mancherlei Fragen an, etwa die nach „Glauben und Verstehen (KapitelVII), nach „nüchterner Frömmigkeit“ (Kapitel VIII), nach dem evangeliumsgemäßenVerständnis des Gebets (Kapitel IX) und dem Tun des Gerechten (Kapitel X). Spannend undlehrreich sind die drei Kapitel, die sich mit dem Gottesdienst (Kapitel XI), Taufe undAbendmahl (Kapitel XII) und der Kirchenmusik (Kapitel XIII) befassen. Drei weitere Kapitelloten aus, was „allgemeines Priestertum der Gläubigen“ (Kapitel XIV), „Kirche von unten“ – Gemeindeleitung von der Basis her (Kapitel XV) und „Kirche für andere“ (Kapitel XVI) inevangelischem Sinn ausmacht. Das Werk endet mit einer Zugabe – wie meist seine Auftritte als Kirchenkabarettist.„Evangelium und Humor“ (S. 183ff) ist ein Essay, der es in sich hat. Man erwartet aufgeräumtHeiteres, kriegt aber zunächst Saures. Und das ist auch verständlich. Denn wenn das gilt,was nach Okko Herlyn „eigentlich evangelisch“ ist und die kirchliche Wirklichkeit prägensollte, dann ergeben sich in Hinblick auf die real existierenden evangelischen Kirchen undGemeinden erhebliche Dissonanzen:…

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