Die faktische Macht der Bilder

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Eine Nachlese zum ökumenischen Kirchentag und ein Wunsch für den Nächsten

Elke Wedler-Krüger
Kirchstraße 11, 67482 Freimersheim

Es war wie ein großes Klassentreffen der hauptamtlich und ehrenamtlich engagierten Männer und Frauen auf dem ökumenischen Kirchentag in Speyer. Lange hat es gedauert, bis wieder so ein Ereignis auf die Beine gestellt wurde. Nachwuchskräfte beider Konfessionen mischten sich unter das Volk und bekamen viel Aufmerksamkeit. Jugendliche waren da und feierten gemeinsam. Die Kirche in ihrer Vielfalt konnte erlebt werden. Es war ein bisschen mehr als die viel beschworene Selbstvergewisserung: „Hallo Welt, hier sind wir und so schön bunt.“ Gemeinsam war der Tenor: „Wir können uns als Kirche diese konfessionellen Grenzen nicht mehr leisten, die Gleichgültigkeit in der Gesellschaft gegenüber der christlichen Botschaft zwingt uns zu einem gemeinsamen Auftreten.“

Damit wir uns auf dem ökumenischen Parkett zurechtfinden, wurde der ökumenische Leitfaden verteilt. Beim Durchblättern kann man sehr schnell feststellen, dass dies eine Beschreibung der ökumenischen Wirklichkeit in unseren Gemeinden darstellt. Es ist ein Leitfaden, von dem man gespannt sein kann, wie er das ökumenische Miteinander beeinflussen wird. Manche Gemeinden und Menschen sind in Sachen Ökumene schon sehr viel weiter als es in diesem Leitfaden beschrieben steht.

Eines ist jedoch aufgefallen, wenigstens mir. In den bunten Gottesdiensten, besonders beim Schlussgottesdienst, war die eine Hälfte der Menschheit wenig präsent. Gemeint sind die, die im Wesentlichen kirchliche Arbeit tragen und auf der Gemeindeebene mit verantworten und immerhin etwas mehr als ein Drittel der Pfarrerschaft in der Evangelischen Kirche der Pfalz darstellen: Wir Frauen.

Bilder bilden die Wirklichkeit ab, könnte man da meinen. Da sei Gott vor. So soll die Ökumene nicht aussehen, nicht auf Kosten der Frauen.

Die Frauenordination bleibt ein strittiges Thema, das auch mit dem Abendmahl und der Eucharistiefeier zusammenhängt und im Leitfaden ziemlich (bewusst) ausgeklammert ist. 2018 feiern wir auch, neben der Kirchenunion, 60 Jahre Frauenordination [1] und Gleichstellung von Pfarrerinnen und Pfarrern in der Pfalz. Das sind mehrere Gründe, sich an diese Daten zu erinnern, wenn bedacht wird, welche Kämpfe und persönliche Opfer die Pionierinnen im Pfarramt der ersten Jahre bringen mussten. Heute ist es so selbstverständlich bei uns, dass Frauen die gleichen Ordinationsrechte haben und dazu eine Familie gründen können und heiraten. Auf diese Gleichstellung sind wir als evangelische Kirche besonders stolz. Es ist eines unserer sichtbaren Kennzeichen in der Öffentlichkeit, dass wir die Gemeinschaft von Frauen und Männern unter dem Kreuz gleichberechtigt teilen und versuchen zu leben.

Gleichzeitig muss heute immer noch zur Kenntnis genommen werden, dass nur ein kleiner Teil von Kirchen die Frauenordination überhaupt eingeführt hat (weltweit 15%) [2]. Der Fall der evangelisch-lutherischen Kirche in Lettland, wo zurzeit ein Moratorium zur Frauenordination besteht, nachdem sie einmal eingeführt wurde, dürfte hinlänglich bekannt sein. Da die weltweite katholische Kirche ihre ökumenischen Fühler zurzeit in erster Linie in Richtung Orthodoxie ausstreckt, wird sich wenig bewegen in Sachen Gleichstellung von Männern und Frauen im Priesteramt.

Dazu kommt noch: Ein Kennzeichen fundamentalistischer Kreise, gleich in welcher Religion, ist die Herabsetzung von Frauen und die Nicht-Anerkennung der Gleichberechtigung.

Wenn weiter bedacht wird, dass die Frauenrechte auf dieser Welt mit Füßen getreten werden, ganze Länder unter den Einfluss der IS Frauen und Mädchen versklaven und ihnen jedes Menschenrecht rauben, dann ist es notwendig, dass wir als Kirchen Zeichen setzen und damit bekunden: In diese Schöpfung hinein gehören Männer und Frauen und sie sind gleichberechtigt.

Bilder sind solche Zeichen. Auch Bilder von Kirchentagen.

Aus diesem Grunde wünsche ich mir beim nächsten ökumenischen Kirchentag in der Pfalz mehr Pfarrerinnen bei den Gottesdiensten als in diesem Jahr, am Anfang und am Schluss und Mittendrin als wirklich sichtbare Gemeinschaft von Männern und Frauen in unseren Kirchen. Das wäre ein wahrhaftes Zeichen gelebter Ökumene in ihrer Verschiedenheit.

[1] Irmgard Gauer 1958

[2] Zahlen aus Wikipedia: Frauenordination

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