Geld: Ein neues Evangelium? Eine neue Religion? Ein neuer Gott?

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Thomas Jakubowski 
Sachsenstr. 2, 67105 Schifferstadt

Ich habe den Eindruck, daß es in unserer Evangelischen Kirche der Pfalz ein neues Evangelium gibt. Diese neue Botschaft heißt Geld, Sparen und Kürzen. Der neue Gott ist Mammon. Alle reden von Finanzen und die frohe Botschaft von Jesus Christus her ist kaum noch zu vernehmen. Ist dieser Zustand einer Protestantischen Kirche würdig?

1.) Geld ist nicht alles: 

An der ständigen Diskussion über die Finanzierung sind weder Kirchenleitung noch Kirchenverwaltung schuld. Auch die Pfarrerinnen und Pfarrer in den Gemeinden und anderswo können dafür nicht zur Verantwortung gezogen werden. Es ist die Macht des Faktischen. Der Grund für diese ängstliche Einstellung und die mangelnde Zuversicht ist nicht hausgemacht. Es ist vielmehr der Umgang mit der gesellschaftlichen Entwicklung und die Unsicherheit über die zukünftige Kirchenfinanzierung. Es sind bekannte Tatsachen, die ich an dieser Stelle nicht wiederholen brauche. Aber ich möchte deutlich machen, daß es mehr gibt als nur über Schließung, Kürzen, Einsparen und Verteilungskämpfe zu streiten. Dies sind ja die Hauptthemen der letzten Monate! Ich hoffe, daß wir uns nicht mit der Schuldfrage beschäftigen, sondern versuchen gemeinsame Lösung der Probleme unserer christlichen Kirche pfälzisch-evangelischer Provenienz zu suchen. Nicht aus der Angst heraus, sondern aus der Kraft des Glaubens und der klaren Überzeugung, daß wir den Auftrag von Jesus her haben. Das Geld ist da nur der Anlaß sich Gedanken zu machen, denn wir dienen doch hoffentlich nicht dem Geld, sondern beten zu einer anderen Macht. Aus dem ständigen Lamento und der anhaltenden Klage aus allen Ecken und Enden der Ev. Kirche der Pfalz spüre ich kein Zutrauen und auch keine Hoffnung für die Zukunft, sondern eher Angst und Unsicherheit.

2.) Das Geld und die Angst: 

Aufgrund von zukünftigen Mindereinnahmen der Landeskirche wurde in der Landessynode 1998 eine Kürzung der Sonderzuwendung beschlossen. Diese Kürzung sollte nur bei einer schlechten Haushaltslage greifen. Diese Kürzung ist bislang noch nicht durchgeführt worden, aber sie steht im Raum und betrifft alle Pfarrerinnen und Pfarrer. Etwa 3,5 % wird eine Halbierung der Sonderzuwendung das Jahresgehalt der Betroffenen mindern. Die Zulagenreform liegt auf Eis und die Kürzung der Pfarrgehälter um durchschnittlich 7 % wurde in der Maisynode 1999 nicht diskutiert, aber vom Tisch ist diese Reform der Pfarrgehälter noch lange nicht. Und nun die größte Kürzung und diesmal nicht nur angekündigt, sondern tatsächlich erfolgt: Die Veränderung des Mietwertes der Pfarrwohnungen. Diese zusätzliche Besteuerung legt nicht der Arbeitgeber fest, denn es geht hier um eine staatliche Steuer, um den sogenannten geldwerten Vorteil. Die Kirche als Arbeitgeber muß die Einkommenssteuer legal nach Gesetzeslage abführen. Der Arbeitgeber arbeitet also für das Finanzamt, denn die Pfarrer und Pfarrerinnen sind keine Selbständigen oder freie Unternehmer. Das Finanzamt hat die Mietwertfestsetzungen überprüft und herausgefunden, daß der geldwerte Vorteil der Dienstwohnungen nach deren Auffassung bisher viel zu niedrig angesetzt war. Die Folge ist eine gravierende Gehaltseinbuße von bis zu 10 % des Gehalts für das ganze Jahr 1999 und dies sogar rückwirkend für die erste Jahreshälfte. Die Jahre 1994 bis 1998 wurden auch rückwirkend höher besteuert, aber dies übernimmt die Landeskirche. Doch das Jahr 1999 hat durch die anderen Diskussionen um das Pfarrgehalt eine entscheidende Bedeutung. Auch der Landeskirchenrat wurde nach meinem Wissen davon völlig überrascht. Die Erhöhung des geldwerten Vorteils hat sich zwar im Mai angedeutet, aber die Folgen und die Ausmaße wurden erst im Juni offenbar. Die Betroffenen ärgern und wehren sich, wo es nur geht. Weniger Gehalt, dies ist nicht schön, vor allem wenn man sich daran gewöhnt hat und wenn man seine Arbeit auch für dieses Geld als bisher richtig bezahlt einstuft. Die Folge sind Satiren, Klagen und bitterböse Kommentare. Vielleicht gibt es ja noch einen anderen Weg?

3.) Der andere Weg: 

Ich finde es ungeschickt, wenn die Pfarrer- und Pfarrerinnenhasser, die teilweise selbst diesem Berufsstand angehören, durch Selbstrechtfertigungen und öffentliches Lamentieren von Pfarrerinnen und Pfarrern noch mehr Angriffsfläche geboten bekommen. Es gibt nämlich im kirchlichen Dienst und im Pfarrdienst einige Zeitgenossen, die mittlerweile ganz unverhohlen und lauthals schreien:
– Die Pfarrer bekommen zuviel Geld für ihre Arbeit.
– Sie sind für ihre Arbeit völlig überbezahlt.
– Die Pfarrerinnen und Pfarrer haben den Beamtenstatus nicht verdient.
– Die Pfarrerinnen und Pfarrer sind nicht qualifiziert genug für ihr Gehalt.
Da heißt es außerdem aus der gleichen oder aus anderen Ecken, und dies ist für mich eine klare Kampfansage, wir müssen weg von einer pfarrerzentrierten Kirche: Und wohin, bitte schön? Gegen die Neider und schwarze Schafe in den eigenen Reihen möchte ich als Pfarrer hier keine Rechtfertigung und Klage erwidern, sondern vielmehr deutlich machen: Es muß etwas geschehen! Frohe Botschaft zu verkündigen wird mit einem leeren Bauch nur schwer möglich sein, dies sollte allen Neuhippies bewußt sein. Reich werden kann auch niemand im Pfarramt, dies ist schon vor den möglichen Gehaltskürzungen klar gewesen. Die Begründung für das entsprechende Gehalt hat allerdings auch etwas mit dem entsprechenden Vertrauensschutz zu tun und sollte weder in fetten Jahren unverhältnismäßig hoch oder in mageren Jahren sofort gesenkt werden. Dies wäre doch arg naiv und sehr kurz gedacht.
Natürlich ist es schlimm, eine große Familie mit immer weniger Geld durchzubekommen. Natürlich kann man sich über die wenigen Freiräume und die vielen Störungen in der Freizeit ärgern. Nur muß auch die Frage gestattet sein: War vor den Kürzungen das Gehalt ausreichend, um die Schmerzgrenze nicht zu überschreiten und die Belastungen im Gemeindepfarramt durch ein Art Schmerzensgeld ausgeglichen? Ist das Geld so zentral für die Verkündigung und den Auftrag? Die Diskussion um den geldwerten Vorteil wird ja nicht nur im Pfarrdienst geführt, sondern auch bei Dienstwagen, bei Jahreswagen, bei Dienstreisen mit angehängtem Urlaub, Gratifikationen und anderen Zuwendungen oder Geschenken. Wahr ist, daß das Pfarrhaus kein Geschenk ist. Aber recht haben vielleicht auch die Sozialneider in den anderen Berufsgruppen der Landeskirche, welche unermüdlich Jahr für Jahr die hohen Renovierungs- und Umzugskosten anmahnen und dagegen protestieren. Vielleicht wird dieser Protest ja gehört und die Residenzpflicht abgeschafft? Billiger wird dies bestimmt nicht werden, ganz im Gegenteil. Gemeindebüros mit ständiger und dann auch bezahlter Präsenz wären die sehr teuren Alternativen.
Ich hoffe, daß diese Diskussionen nicht nur leichtfertig geführt werden, sondern auch in aller Konsequenz bedacht werden. Ich hoffe, daß keine Angriffe, sondern konstruktive Vorschläge ins Feld geführt werden. Sich gegenseitig ins Lächerliche ziehen oder Grabenkämpfe zu beginnen, davon halte ich wenig. Und ich bin mir sicher, daß das Grundübel ganz woanders liegt. Der massive Ärger über die höhere Pfarrhausbesteuerung deckt eine sehr große Frustration der Pfarrerinnen und Pfarrer auf. Die Motivation und die Identifikation mit der Kirche läßt nach. Dies ist nicht die Folge von Unterbezahlung oder Überbezahlung der Dienerinnen und Diener des Wortes Gottes, sondern ganz klar die fehlende Unterstützung durch Kirchenleitung und Kirchenführung. Kirchenleitung auf allen Ebenen hat es nicht geschafft, die Kirche als organisches Ganzes den Pfarrerinnen und Pfarrern zu vermitteln. Dies ist ein Vorwurf, den sich der Landeskirchenrat mittlerweile selbst macht, indem die schlechte Kommunikationskultur zwischen Pfarrerinnen und Pfarrer und dem Landeskirchenrat sich selbst bescheinigt wird. Die Motivation kann sich nicht ständig in sich erneuern, irgendwann ist der Akku leer.
Auch umgekehrt hat sich die Front gebildet, die auch nicht schön ist, wenn immer nur von denen da in Speyer gesprochen wird, und gleichzeitig versucht wird, die da in Speyer auszutricksen wie und wo es nur geht. Es gibt eben nicht nur Pfarrerinnen und Pfarrer, die es dem Landeskirchrat schwer machen, und ebenso macht auch der Landeskirchenrat nicht alles falsch!

4.) Das Ziel eines neuen Weges: Ein Traum! 

Ich träume von einer fortschrittlichen Kirche und einer mutigen Dienstgemeinschaft. Keine Verteilungskämpfe mehr, sondern neue Konzepte mit Hilfe der bewährten Tradition. Ich hoffe auf Schritte in der Pfalz, und kein billiges Kopieren von Verschlimmbesserungen anderer Landeskirchen oder der Gleichschaltung durch die EKD. Ich will gerne und geliebt in dieser Kirche arbeiten, nicht nur gestützt von unserem eigentlichen Urgrund, sondern auch von der Landessynode und der kirchlicher Öffentlichkeitsarbeit. Interne Diskussion – besonders Kritik – ist eben intern und gehört in die entsprechenden Gremien. Von öffentlichem Interesse sind hingegen die Erfolge, die Schritte und die gelungenen Formen einer zukunftsfähigen Kirche voller Hoffnung und Zuversicht. Die Kirche in der Pfalz ist besser als ihr Ruf, und mir persönlich ist die Kirche mehr wert als mein Gehalt, und ich hoffe umgekehrt, daß Pfarrerinnen und Pfarrer dieser Kirche auch mehr wert sind als ihre Besoldung. Ich bete nicht das Geld an, aber das Gehalt ist für mich die weltliche Bedingung des kirchlichen Engagements in der Welt durch lebendige und überzeugende Menschen. Bei geringer werdenden Ressourcen muß nicht eingespart, sondern expandiert werden. In der Industrie heißt Expansion: aufkaufen. Unser Produkt ist die frohe Botschaft und damit ist die Expansion kein Aufkauf von Sekten und Konfessionen, sondern eine Ausweitung unseres eigentlichen Auftrages, den wir nicht weniger, sondern eigentlich immer mehr Menschen schuldig sind. Mit Jammern und Klagen erreichen wir niemanden und erregen höchstens Mitleid. Wir müssen die frohe Botschaft expandieren lassen, dafür werden wir doch bezahlt. Wer will aber einem Gejämmer freiwillig zuhören? Und auch noch dafür Geld bezahlen?
– Ich träume von einer kritischen und weltoffen Kirche, die nach innen ohne Scheu und Verteilungskämpfe sich reformiert und nach außen froh und hoffnungsvoll die Botschaft von unserem Herrn und Gott verkündet! 
– Ich träume von einer Kirche, in der die Pfarrerinnen und Pfarrer nicht gegen Speyer sind, sondern mit der Landessynode und mit dem Landeskirchenrat auf einer Linie um der Sache willen zusammenarbeiten (kritisch, aber nicht bösartig).
– Ich träume von dem Wunder, daß die Neider und Lobbyisten aufhören gegen das Pfarrgehalt zu wettern, sondern an wirklichen und gemeinsamen Lösungen interessiert sind! 
Und ich hoffe, daß viele meinen Traum teilen und verwirklichen wollen! Und ich hoffe, daß der Alptraum vergeht, daß in der Kirche alle nur noch vom Geld und nicht mehr von Gott reden!

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