Von fetten Pfründen und armen Kirchenmäusen

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Sabine Fritsch

Zum 100jährigen Bestehen des Pfälzischen Protestantischen Pfarrpfründestiftungsverbands

Die Vorgeschichte

„Ein jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert“, sagt bereits die Bibel (Lk. 10,7 und 1. Tim. 5,18). Dies gilt erst recht für die Entlohnung von Menschen, deren Hauptberuf die Verkündigung der Frohen Botschaft darstellt. Im Laufe ihrer Geschichte haben sich in der Kirche unterschiedliche Formen entwickelt, um die wirtschaftliche Existenz von hauptamtlich mit Verkündigung Betrauten sicher zu stellen. Anschaulich ist diesbezüglich die Dissertation von Wilhelm Gruber (Das Recht der Pfälzischen Pfarrpfründestiftung beider Konfessionen, München, Berlin und Leipzig 1913). In den protestantischen Kirchen spielte dabei eine wichtige Rolle, dass nicht nur die Pfarrpersonen zu versorgen waren, sondern – in der Regel – auch ihre Familien. Denn das protestantische Pfarrhaus war meist ein Familienunternehmen, in dem nahezu alle im Pfarrhaus Lebenden irgendwie mit in die (Verkündigungs-)Arbeit einbezogen waren.

Definition

Unter „Pfründe“ versteht man die besoldungsmäßigen Einkünfte der Pfarrerschaft. Im Mittelalter, als es noch keine Besoldung im heutigen Sinne gab, mussten die Pfarrer – seinerseits übten nur männliche Personen diesen Beruf aus – ihre Einkünfte aus den ihnen von den Landesfürsten zur Verfügung gestellten Grundstücken erzielen. Die klassische Pfründe bestand aus einem Pfarrhausgrundstück, einem Pfarrgarten, Ackerland bzw. Weinbergen, Grünland und – soweit vorhanden – Waldgrundstücken. Diese Grundstücke wurden vom Pfarrer selbst bewirtschaftet bzw. genutzt oder auch schon damals fremd verpachtet. Seinerseits sprach man von reichen und armen Pfründen. Die Einkünfte aus den Pfründen dienten und dienen bis heute – neben der staatlichen Besoldung – zur Versorgung der Geistlichen und ihrer Familien (Herrn Dieterich herzlichen Dank für seine Anregungen diesbezüglich). Manche Pfarreien, vor allem ältere und ländliche, waren mit umfangreichem Pfründevermögen gesegnet, andere, meist jüngere oder Stadtgemeinden, hatten überhaupt keines. Das führte zu einer unguten Ungleichbehandlung innerhalb der Pfarrerschaft. Hinzu kam, dass sich nicht jede Pfarrperson gerne um die Verwaltung und/oder Bewirtschaftung von Äckern, Wiesen, Wald und Weinbergen kümmerte oder auch das Talent dazu hatte. 

Grundsätzliche Veränderungen und Neuanfang

Die napoleonische Ära, der Wiener Kongress mit der Neuordnung Europas, der verlorene Erste Weltkrieg und die Weimarer Republik brachten zwangsläufig gewaltige Umwälzungen nicht nur auf politischem und gesellschaftlichem Gebiet, sondern auch auf kirchlichem. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden in der Protestantischen Kirche der Pfalz die Grundlagen geschaffen für die heutige Pfarrbesoldung. Aus der Pfarrerschaft heraus und für sie bauten Kollegen das Fundament dafür, indem sie zunächst den Pfarrerverein gründeten (1899 in Neustadt) mit der Maßgabe, die wirtschaftliche Lage der Kollegen und ihrer Familien zu verbessern durch Aufbesserung der Pfarrgehälter, der Ruhegehälter, der Versorgung der Pfarrwitwen, der Pfarrwaisen und der Pfarrtöchter. Weiterhin ging es um eine Feuer- und Lebensversicherung und eine Spar- und Vorschusskasse für Geistliche (siehe dazu: Heiner Kron, in: Arbeiten im Weinberg des Herrn. Festschrift zum 100jährigen Jubiläum des Vereins Pfälzischer Pfarrerinnen und Pfarrer, Speyer 1999, S. 32f.). Einrichtungen, die es fast alle heute noch gibt unter dem Dach der Pfarrvereins. Dies erforderte definitiv mehr als die bislang vorhandenen Finanzmittel, weswegen sich die Pfarrerschaft unter Leitung des Pfarrervereins auf vielen Ebenen einsetzte für die Einführung einer allgemeinen Kirchensteuer zur Besoldung der Geistlichen. Nach vielen Mühen und auch Rückschlägen wurde diese 1905/1906 eingeführt und finanziert inzwischen weitgehend die Arbeit der gesamten Kirche, was so ursprünglich nicht vorgesehen war.

Der Prot. Pfarrpfründestiftungsverband

Wenige Jahre später wurden unter Mitwirkung der Pfarrer und ihrer Standesvertretung die bis dahin bestehenden zahlreichen einzelnen Pfründestiftungen zusammengeführt (am 1. April 1922 für den pfälzischen Teil und am 1. April 1936 für den saarländischen Teil der Landeskirche). Das wurde in der pfälzischen Pfarrerschaft durchaus kontrovers diskutiert und führte sogar zu einer Eingabe an den Landeskirchenrat mit der Bitte, die zentrale Verwaltung der Pfründen wieder aufzuheben (vgl. Dokumentation: Eine Eingabe an den Landeskirchenrat betr. Aufhebung der Pfründeverwaltung, Zur Kuseler Eingabe und Nachwort der Schriftleitung). 

Am 18. November 1921 hatte die Generalsynode die Errichtung eines Pfründestiftungsverbands beschlossen, der im Frühjahr 1922 bzw. 1936 erfolgte. Aus heutiger Sicht ein mehr als kluges Unterfangen, aus damaliger jedoch auch Grund für Aufregung und Streit in der Pfarrerschaft, wie ein Blick in die fast 100 Jahre alten Ausgaben des Pfälzischen Pfarrerblattes zeigt, welche wir der geneigten Leserin, dem geneigten Leser nicht vorenthalten möchten.

Die rechtliche Grundlage für den Protestantischen Pfarrpfründestiftungsverband und die ihm angeschlossenen 225 Pfarrpfründestiftungen heute bildet das „Pfründestiftungsgesetz“ vom 23. November 2019, welches zum 1. Mai 2021 in Kraft trat.

In der Pfründeverwaltung werden neben dem Protestantischen Pfründestiftungsverband die angeschlossenen 225 Pfarrpfründestiftungen, die Protestantische Kirchenschaffnei Guttenberg mit Sitz in Kandel sowie die unbebauten Grundstücke der Landeskirche verwaltet.

Die Grundstücke der Pfarrpfründestiftungen erfüllen nach wie vor ihren ursprünglichen Zweck, die Besoldung und Versorgung der Pfarrerschaft zu unterstützen. Hierzu wird der erzielte Reinertrag jährlich zweckgebunden an die Landeskirche abgeführt. Für das Haushaltsjahr 2020 waren dies 1,5 Mio. Euro, bezogen auf die letzten 30 Jahre 38,2 Mio. Euro.

Erträge aus Verpachtungen, Erbbaurechte und Regenerativen Energien bilden die wesentlichen Säulen für die Einkünfte der Pfründestiftung (Näheres dazu im Beitrag von Renaldo Dieterich). 

Allgemeines zur Pfründeverwaltung

Die Pfründeverwaltung ist seit 1986 im Dienstgebäudes des Landekirchenrates, Roßmarkstraße 3a untergebracht. Nach dem aktuellen Stellenplan stehen ihr 5,25 Vollzeitstellen zur Verfügung. Die Arbeit wird erledigt von drei Vollzeitkräften und drei Teilzeitbeschäftigten. Für ihre Tätigkeit steht den Mitarbeitenden ein eigenes Grundstücksverwaltungsprogramm zur Verfügung, welches speziell für die Pfründeverwaltung entwickelt wurde.

Den Mitarbeitenden sei an dieser Stelle gedankt für ihren Dienst und Einsatz für die Versorgung der Pfälzischen Pfarrerschaft.

Vivat, crescat floreatque consortium nostrum, Pfründe dictum in multos annos  

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