Evangelisch-lutherisch

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Dr. Dirk Kutting
Hermann-Ehlers-Straße 10a, 44124 Mainz

Klaus Grünwaldt (Hg.), Konfession: Evangelisch-lutherisch. Die lutherischen Bekenntnisschriften für Laien erklärt, CMZ / Gütersloher Verlag 2004, 187 S.; 9,90 Euro

Es lohnt sich auch für Unionstheologen, die Veröffentlichungen der VELKD genau zur Kenntnis zu nehmen. Die Texte aus der VELKD haben mir für meine kirchliche Arbeit schon oft sehr wertvolle Informationen geliefert. Hierbei möchte ich besonders auf die Schrift „Ökumene nach evangelisch-lutherischem Verständnis” (Texte aus der VELKD 123/2004) hinweisen. Auf acht Seiten (!) wird in einem Positionspapier der Kirchenleitung der VELKD die ökumenische Theorie und Praxis nach lutherischem Verständnis entfaltet, die in ihrer inhaltlichen Tiefe und Geschlossenheit nichts zu wünschen offen läßt. (Also bestellen und lesen unter 0511/6261236!)

Ebenso lässt die Veröffentlichung von Klaus Grünwaldt, die die wichtigsten Topoi einer Dogmatik behandelt, nichts zu wünschen übrig. „Konfession: Evangelisch-lutherisch” macht mit der Einsicht ernst, dass wir es uns in der prinzipiell pluralistischen Gesellschaft nicht leisten können, auf so etwas wie „Konfessionsbranding” zu verzichten. Da dieses „Konfessionsbranding” nicht über das Anheften schöner Anstecknadeln oder den Entwurf ansprechender Briefköpfe herzustellen ist, müssen immer wieder die Inhalte zur Sprache gebracht werden, die für die „Reproduktion” christlicher Gewissheit die notwendige Bedingung darstellen. Dies tut die Veröffentlichung.

Ich habe das Buch in einem Oberstufenkurs im ev. Religionsunterricht bearbeitet und konnte in der Kursarbeit ein weitgehendes Erfassen wichtiger theologischer Sachverhalte feststellen. Zwar muss auch gesagt werden, dass die Schüler das Buch nicht sehr geliebt haben, da die Behandlung der Einzelthemen in ihrem systematischen Fortschreiten doch einiges von ihnen verlangte und natürlich die lebensweltliche Relevanz dogmatischen Denkens nicht unmittelbar auf der Hand liegt. Dennoch war festzustellen, dass mit dem Buch auch Themen wie „Der dreieinige Gott” (Ernstpeter Maurer), „Von Sünde und ihrer Vergebung” (Gunda Schneider-Flume); „Jesus der Christus” (Matthias Petzoldt); „Rechtfertigung und gute Werke” (Friederike Nüssel); „Begeisterte Gemeinschaft: Die Kirche” (Notger Slenczka); „Die Sakramente” (Dorothea Wendebourg); „Kirche und Staat” (Wilfried Härle) und „Ende gut – alles gut? Die letzten Dinge” (Johannes von Lüpke) von den Schülerinnen und Schülern verstanden und kritisch besprochen werden konnten. Jeder Artikel hat immer eine problemorientierende Fragestellung im Umfeld des kirchlichen Lebens, in jedem Artikel wird besonders auf das Augsburger Bekenntnis eingegangen. Neben weiteren Artikeln zum Kirchenlied und der Malerei finden sich Grundlagentexte zu „Bibel und Bekenntnis” (Klaus Grünwaldt) und den „lutherischen Bekenntnisschriften” (Athina Lexutt). Spannend ist z.B. der Sachverhalt, dass zwar die Bekenntnisse unter der Schrift stehen, dass jedoch das Bekenntnis hilft die Schrift aufzuschließen. Wenn klar wird, dass die Bibel kein Gesetzbuch ist und nämlich das Evangelium nicht der Text des NTs ist, sondern sich im NT kraft der befreienden Zusage Gottes finden lässt, dann wird für Schüler deutlich, wo die Grenze zum evangelikalen Fundamentalismus liegt.

Mir persönlich gefällt der Text „Der höchste Gottesdienst inwendig im Herzen” von Michael Meyer-Blanck am besten. Darin sind schöne, prägnante Sätze, die von dialektischer Durchdringung der Sache zeugen:

„Nicht die Kirche macht das Wort, sondern das Wort macht die Kirche.”

„Der Ort des Gottesdienstes ist das Herz, aber das Herz lebt aus Wort und Sakrament.” Meyer-Blanck entfaltet das kompliziertere lutherische Gottesdienstverständnis in Abgrenzung zum katholischen und spiritualistischen Denken: „Das lutherische Verständnis braucht immer einen Gedanken mehr.” Damit liegt er ganz im Duktus des gesamten Buchs, es zeigt: Es lässt sich konfessionell denken, ohne verbohrt zu werden. Ein solches Denken brauchen wir gerade auch deshalb, weil unser „Konfessionsbranding” durch Papst Benedikt XVI. herausgefordert ist und, wie gesagt, in mehr bestehen muss als in Anstecknadeln und Briefköpfen.

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