Zur Vorgeschichte der Pfarrpfründe

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Friedhelm Hans

Portugieserweg 2, 76887 Bad Bergzabern

Zusammenfassung von Wilhelm Gruber, Das Recht der Pfälzischen Pfarrpründestiftung beider Konfessionen

Zuerst stelle ich einige wichtige Feststellungen Wilhelm Grubers zusammen. Anschließend folgt ein ausführlicher Gesamtüberblick.

Wilhelm Gruber ist nicht zu verwechseln mit seinem Namensvettern und pfälzischen Pfarrer Wilhelm Gruber (1903-1964). Wer der Jurist Wilhelm Gruber war, ist derzeit nicht zu beantworten. Aus seiner Arbeit geht nur hervor, dass er ein Schüler des renommierten Rechtsgelehrten Prof. Dr.  Christian Meurer aus Würzburg gewesen ist.

Was überrascht: Gruber betrachtet die Pfründestiftung beider Kirche, der Katholiken und der Protestanten, in einem Zuge. Dies deutet darauf hin, dass die Pfarrpfründen ihren Ursprung in einer staatlich verwalteten Donation hatten. Gruber stützt sich u.a. auf Vorarbeiten zum Besoldungssystem von Johann Heinrich Wand, Die ev. Prot. Kirche der Pfalz, Speyer 1851 (Handbuch), vgl. meine Ausführungen in der Seebacher Ortsgeschichte.

Vorbemerkung 

Vor dem Ersten Weltkrieg waren die kirchlichen Vermögensverhältnisse ein hochaktuelles Thema; seit Bismarcks Kulturkampf wurde sowohl von der Politik als auch von der Kirche samt der Pfarrerschaft die Trennung der kirchlichen von den staatlichen Bereichen vorangetrieben. Merkmale hierfür sind u.a. die Einführung der Kirchensteuer, um ein unabhängiges Finanzierungssystem der Pfarrbesoldung zu erreichen, bis zur Ablösung der Geistlichen Schulaufsicht nach dem Ende der Staatskirche. Die Landeskirche erhielt ihre erste Verfassung und regelte ihre Angelegenheiten selbst. Ein Staatskirchenvertrag regelte weitere Vermögensbelange und garantierte Feiertage und Religionsunterricht, eine Entwicklung die in nicht weniger als zwei Generationen abgeschlossen wurde und noch heute die Grundlage für die staatskirchenrechtlichen Verhältnisse sind.

Die Rückfrage nach den Grundlagen der Kirchenfinanzen und vor allem der Pfarrbesoldung war zeitgenössisch überaus aktuell und sinnvoll. Die Pfarrbesoldung ist völlig unabhängig von der Verwaltung der Landeskirche zu sehen; die Besoldung der höheren Kirchenbeamten war noch im Staatskirchenvertrag mit Bayern von 1925 wie im 19. Jahrhundert Sache des Staates. 

Gruber greift in einem historischen Teil weit bis ins Mittelalter zurück. Sachlich unterscheidet er zwei „selbständige Vermögenssubjekte“, die Kirchenstiftung und die Pfründestiftung. Erstere betrifft das mit dem Kirchenwesen verbundene Vermögen (Gebäude und deren Unterhalt, Kirchenverwaltung, wobei dies eine staatsrechtliche oder kommunalrechtliche Angelegenheit war). Die zweite betrifft die Pfarrbesoldung.

Wichtigste Thesen Grubers

1. Die Reformation verzeichnet nur wenige Verluste durch Säkularisation. Diese waren in der Franzosenzeit sehr viel einschneidender, auch wenn die Organischen Artikel Napoleons wieder zu einer rechtlichen Neuordnung und teilweisen Kompensation geführt haben. Verluste in der Reformation gingen an das Schulwesen und die Armen- und Krankenfürsorge (Gruber, 9ff.).

2. Um die Pfründen vor Verlusten abzusichern, bildete Herzog Wolfgang Kirchenschaffneien.

3. Nach dem Frieden von Luneville 1801 konnten die prot. Kirchen im Osten Frankreichs, damals auch die Pfalz, ihr Vermögen retten (Gruber, 23ff.).

4. Der Reichsdeputationshauptschluss vom 25.2.1803 bestätigte die Säkularisation kirchlichen Besitzes und stellte die Schaffneien unter Sequester. Bei der Übernahme linksrheinischer Gebiete knüpfte man in Bayern an die napoleonischen Bestimmungen an: Die von Napoleon eingeführten Staatsgehälter für Geistliche nach einem gestaffelten System wurde modifiziert, sodass je nach Gemeindegröße ein Mindestmaß an Geldleistungen zu erfolgen hatte (Gruber 26-30,) also 1000 bzw. 800 fl. pro Jahr in der Pfalz. Mit zunehmendem Dienstalter sollte das Gehalt wachsen.

5. Das pfälzische Pfarrgehalt setzte sich aus (1.) Staatszuschüssen und (2.) Pfründeeinkommen zusammen, letztere aus Substantialvermögen (aus der Vermögensmasse) und Akzidentialvermögen (aus Dienstleistungen wie Kasualien; Gruber 30).

6. Somit setzte sich ein Pfarrgehalt aus dem ständigen Gehalt, dem Ertrag der Realitäten und dem Ertrag der Reichnisse (Abgaben) zusammen (Gruber 31).

7. Die Staatszuschüsse sind laut den Friedensverträgen eine Kompensation für das Sequester von Kirchengut. 1908 war klar, dass die weitere Gehaltsaufbesserung aus der Kirchensteuer zu bestreiten war.

8. Am 17.3.1913 beschloss die Generalsynode die Umstellung auf das Geldbesoldungssystem. 

9. Kirchengemeindeordnung von 1912: In der Pfalz kommt dem Pfründevermögen eine selbständige Rechtspersönlichkeit zu. Sein Kontrollorgan ist das Presbyterium (Gruber, 46-50).

10. Vermögensbestandteile der Pfarrpfründestiftung sind (1.) das Pfarrhaus (auch Kirchengemeinden), (2.) das Pfarrgut, mindestens ein halber Morgen lt. Dekret v. 25.12.1799), und (3.) die Pfarrkapitalien; ihre Erträge gehen an die Pfarrpfründe.

11. Bezugsrechte: a) Anspruch auf Gehalt – nicht zu verwechseln mit den Zuschüssen des Staates, b) Ansprüche aus sonstigen Rechten (Gruber, 51f.).

12. Regel der Perpetuität, dass nichts aufgegeben werden darf ohne Kompensation.

13. Nutznießung und Verwaltung der pfälz. Pfarrpfründestiftung; Gruber betont den öffentlich-rechtlichen Charakter. Die Entscheidungen sind öffentlich zu treffen. Bezugsberechtigte sind ausschließlich Pfarrer (Gruber, 74).

14. Die Verpachtung von Weinbergen war ausdrücklich untersagt, was dazu führte, dass sich die Pfarrerschaft im Pfarrerverein organisiert hat.

Detaillierte Zusammenfassung der Arbeit von Gruber

Pfründe hieß ursprünglich lat. beneficium, das Wort geht auf das spätlat. praebenda zurück. Es bezeichnet die Lieferung von Naturalien zum Unterhalt einer Person. Unterschieden wurde Bischofs-, Domkapitels, Prediger- und eben Pfarrpfründen (7f.).

Im folgenden Kapitel 2. „Geschichte des pfälzischen Kirchenvermögens“ streift Gruber das vorreformatorische Mönchtum und das Schenkungswesen. Die Reformation verzeichnet nur wenige Verluste durch Säkularisation. Diese waren in der Franzosenzeit sehr viel einschneidender, auch wenn die Organischen Artikel Napoleons wieder zu einer rechtlichen Neuordnung und teilweisen Kompensation geführt haben. Verluste in der Reformation gingen an das Schulwesen und die Armen- und Krankenfürsorge (9ff.).

Um die Pfründen vor Verlusten abzusichern, bildete Herzog Wolfgang Kirchenschaffneien. Vater des Gedankens war Martin Bucer, der Kirchenorganisator von Straßburg, ausgeführt ferner von Johannes Marbach, exemplifiziert auch in der Grafschaft Hanau-Lichtenberg, allesamt Institutionen unter weltlicher Aufsicht. Sie verhinderten, dass sich die Amtsstelleninhaber um die Eintreibung des Zehnten selber kümmern mussten, was im 18. Jahrhundert in einigen kurpfälzischen Orten zu kleinlichsten Streitereien geführt hat (12f.).

Im revolutionären Frankreich wurden per Gesetz vom 17.8.1789 alle Zehnten aufgehoben – gegen Ausgleich der geistlichen Ansprüche. Ein Gesetz vom 25.8.1790 sicherte den Gebrauch von Pfarrhaus samt Garten. Am 15.5.1791 wurden die Pfarrhäuser nationalisiert, aber den Pfarrern blieb der Nießnutz überlassen. Ab 19.8.1791 standen alle Kirchengüter zum Verkauf, der katholische öffentliche Gottesdienst wurde verboten, Staatsgehälter wurden gestrichen. Ab 1.1.1793 hieß es: Die Gläubigen kommen für die Belange ihrer Konfession selbst auf. Ein Dekret vom 29.9.1795 fasste alle Restriktionen noch einmal zusammen und verschärfte sie. Alle diese Bestimmungen betrafen fast ausschließlich die katholische Kirche; die innerfranzösischen Protestanten hatten keine überlieferten Besitztümer mehr. (NB FH: Napoleon war sich später der historischen Schuld Frankreichs gegenüber den Protestanten bewusst und wies in jedem Departement eine große Kirche wenigstens den Reformierten zu, ein Modell, das die Republik Krakau übrigens übernommen hat und dort eine ehem. Klosterkirche den Lutheranern übertrug).

Nach dem Frieden von Luneville 1801 wurde das katholische Kirchenvermögen eingezogen, die protestantischen Kirchenschaffneien im Osten konnten hingegen ihr Vermögen retten (Gruber 23ff.).

In den für Katholiken und Protestanten von Napoleon 1802 verordneten Organischen Artikeln verblieben die noch nicht veräußerten katholischen Kirchengebäude bei den Katholiken; die verkauften aber wurden nicht zurückgegeben. Der Reichsdeputationshauptschluss vom 25.2.1803 bestätigte die Säkularisation kirchlichen Besitzes und stellte die Schaffneien unter Sequester. Die Übernahme linksrheinischer Gebiete führte in Bayern dazu, dass man an die napoleonischen Bestimmungen anknüpfte. Die von Napoleon bereits eingeführten Staatsgehälter für Geistliche nach einem gestaffelten System wurde dahingehend ergänzt, dass je nach Gemeindegröße ein Mindestmaß an Geldleistungen zu erfolgen hatte (26-30, also 1000 bzw. 800 fl. pro Jahr in der Pfalz). Mit zunehmendem Dienstalter sollte das Gehalt wachsen (Priesterjahre); Vakanzen waren von diesen Steigerungen ausgenommen, ein Teil fiel dem Vakanzvertreter zu).

Das pfälzische Pfarrgehalt setzte sich aus a) Staatszuschüssen und b) Pfründeeinkommen zusammen, letztere aus Substantialvermögen (aus der Vermögensmasse) und Akzidentialvermögen (aus Dienstleistungen wie Kasualien; 30).

Somit setzte sich ein Pfarrgehalt aus dem ständigen Gehalt, dem Ertrag der Realitäten und dem Ertrag der Reichnisse (Abgaben) zusammen (31).

Die Staatszuschüsse sind laut den Friedensverträgen eine Kompensation für das Sequester von Kirchengut. 1908 war klar, dass die weitere Gehaltsaufbesserung aus der Kirchensteuer zu bestreiten war (Die Kirchensteuer wurde übrigens ausdrücklich für die Sicherung der Pfarrgehälter eingeführt; FH).

Am 17.3.1913 beschloss die Generalsynode die Umstellung auf das Geldbesoldungssystem. Vorausgegangen war in Preußen am 26.5.1909 ein entsprechendes Pfarrbesoldungsgesetz (35).

Abschnitt: Ausführung. Die pfälzische Pfarrpfründestiftung

Nach bayerischem Gesetz vom 26.5.1818 steht das Kirchenvermögen unter königlichem Schutz; der Staat regelt alle weltlichen Kirchenbelange (36). Nach 1871 lässt das Reich die landesgesetzlichen Bestimmungen weiter gelten, u.a. die Organischen Artikel vom 8. April 1802 mit dem Gleichheitsprinzip der Konfessionen. Mit Erscheinen des BGB kann sich das Pfarrpfründewesen nicht mehr auf den Code Civil berufen (43).

Nach der Kirchengemeindeordnung vom 24.9.1912 (1913) treten die Kirchenverwaltungen in die Rechte ein, die Presbyterien nach der alten Tradition hatten. Im rechtsrheinischen Bayern steht neben der Pfründestiftung eine Kirchenstiftung. In der Pfalz kommt dem Pfründevermögen eine selbständige Rechtspersönlichkeit zu. Sein Kontrollorgan ist das Presbyterium (46-50).

§ 6. Vermögensbestandteile der Pfarrpfründestiftung

1) Das Pfarrhaus (auch Kirchengemeinden)

2) Das Pfarrgut, mindestens ein halber Morgen lt. Dekret v. 25.12.1799)

3) Die Pfarrkapitalien; ihre Erträge gehen an die Pfarrpfründe

Bezugsrechte

– Anspruch auf Gehalt – nicht zu verwechseln mit den Zuschüssen des Staates

– Ansprüche aus sonstigen Rechten (51f.)

Im folgenden geht Gruber auf die Rechtsentwicklung und Einzelheiten des Stiftungsgeschäfts ein, z.B. die Regel der Perpetuität, dass nichts aufgegeben werden darf ohne Kompensation. Die Schaffneien bzw. Pfründeverwaltungen waren und sind dazu da, darauf zu achten, dass nichts verloren geht (52-72).

In einem 2. Teil über Nutznießung und Verwaltung der pfälz. Pfarrpfründestiftung betont Gruber eingangs deren öffentlich-rechtlichen Charakter. Daraus folgt, dass die Entscheidungen öffentlich zu treffen sind. Bezugsberechtigte sind ausschließlich Pfarrer (74).

Verwaltungsorgane sind die Presbyterien, vertretungsberechtigt allein die Pfarrer (78-96). Es folgen Einzelheiten zum Fassionsrecht (106ff.) und zum Nießbrauch mit Zuführungen in Vakanzen an die Pensionskasse (119). Die Sache der Kultusumlagen (etwa für Kirchenbauten) fällt nicht in den Untersuchungsbereich (125).

Die Pfarrgüter konnten wahlweise im Selbstbau oder in Verpachtung genutzt werden (131). Abgang von Weinbergen oder Baumfällungen waren damals zu genehmigen, wenn etwas Obstbäume als Brennholz genutzt werden sollten. Zuständig waren die Bezirksämter (133f.). Die Verpachtung von Weinbergen war ausdrücklich untersagt (was dazu führte, dass die Pfarrerschaft in ihrer Not sich im Pfarrerverein organisiert hat, vgl. die Pfarrweinprobe von Dürkheim im Jahre 1900 mit der Verlegenheit von Existenzbedarf und mit der Amtswürde zu verbindende Scham, Anm. FH; Gruber 140).

Abschließende Betrachtungen betreffen die Pfarrkapitalien (147), die Pfründelasten, neu hier die Besteuerung (171) und das Interkalarrecht für die Zeit, in der eine Pfründe nicht besetzt ist (177).

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