Dr. Karlheinz Lipp
Friedrich-Wilhelm-Straße 42, 12103 Berlin
Walzer, Polkas und Märsche gehören zum unverwechselbaren Markenzeichen von Johann Strauss Vater (1804-1849), Johann Strauss Sohn (1825-1899), Josef Strauss (1827-1870) und Eduard Strauss (1835-1916) – und begründeten ihren Weltruhm. Weniger bekannt dürfte ihre Position zur Revolution von 1848 sein, die sie in ihrer Heimatstadt Wien als Zeitgenossen miterlebten und anhand von Kompositionen musikalisch reflektierten.
Wiener Kongress und Vormärz
Der Wiener Kongress (1815) machte die freiheitlichen Veränderungen seit der Französischen Revolution rückgängig und ordnete die Territorien nach den napoleonischen Kriegen neu. Der österreichische Kanzler Metternich schmiedete eine restaurative Koalition der europäischen Monarchien gegen Revolutionen. Diese Ordnung basierte ideologisch auf einem konservativen Verständnis des Christentums, der Heiligen Allianz. Das System Metternich bedingte bis 1848 in den deutschen Einzelstaaten eine systematische politische Unterdrückung, die sich konkret in Bespitzelungen, Überwachungen, einer Zensur der Presse und Verhaftungen zeigte. Ein weiteres wichtiges Kennzeichen des Vormärz stellte der Pauperismus, die zunehmende Verarmung großer Teile der Bevölkerung, dar.
Der Widerstand gegen diese politische und soziale Lage artikulierte sich auch musikalisch, so etwa in der Katzenmusik (oder Charivari) und dem Fuchslied. Die Katzenmusik war eine typische Protestform der kleinbürgerlichen und proletarischen Bevölkerung im Wiener Vormärz und richtete sich gegen Profiteure der Verarmung (Bäcker, Metzger, Wirte), Institutionen des Systems Metternich (Polizei, Beamte, Minister) und eine konservative Kirche. Laute Musik und Geräusche begleiteten politische Demonstrationen und Kundgebungen. Das studentische Fuchslied fokussierte mit humorvollen und satirischen Texten die Kritik an der Obrigkeit, so auch auf den Kaiser Ferdinand I.
Die kaiserliche Familie erwies sich als unwillig und unfähig zur Durchführung struktureller Veränderungen, um die Verarmung wirkungsvoll zu beenden. Bürgerliche Honoratioren der Stadt Wien versuchten durch sozial-karitative Maßnahmen zumindest ansatzweise der Armut zu begegnen. In diesem Zusammenhang wurde auch Johann Strauss Vater aktiv, indem er 1847 Benefiz-Konzerte gab, deren Erlös Armen zugute kam. Seine Komposition Wiener Kreuzer Polka op. 220 verweist auf die Kreuzer-Gesellschaft als eine solche karitative Organisation. Strauss Vater wurde im Jahr des Hambacher Festes, 1832, Kapellmeister. Zusammen mit Joseph Lanner (1801-1843) begründete er den Aufstieg des Wiener Walzers und bekam 1836 die Ehrenbürgerrechte Wiens verliehen.
1848: Revolution in Wien
Am 13. März begann die Revolution in Wien, getragen von Sozialrevolutionären, Studierenden und der Akademischen Legion. Noch am Abend trat Metternich zurück und flüchtete nach London. Der Kaiser versprach als Hinhaltetaktik in der Folgezeit liberale Grundrechte und eine Verfassung – jedoch ohne eine Volksvertretung. Daher kam es im Mai in einer zweiten Phase der Revolution zu erneuten Protesten, die kaiserliche Familie entzog sich dem revolutionären Druck durch eine Flucht nach Innsbruck.
Strauss Vater zeigte in der Anfangsphase eine gewisse Sympathie für die Revolution. So schrieb er den Marsch der Studenten-Legion op. 223 und den Freiheits-Marsch op. 226. Anlässlich des Zusammentritts der Paulskirchenversammlung in Frankfurt am Main am 18. Mai komponierte er den Marsch des Einigen Deutschlands op. 227.
Die revolutionären Tage in Wien erlebte Johann Strauss Sohn nicht. Bereits im Oktober 1847 brach er zu einer Konzertreise auf, die ihn nach Pest, Belgrad und Bukarest führte. Erst im Mai 1848 erfolgte seine Rückkehr. Schon bald zeigte Strauss Sohn seine Sympathie für die studentische Bewegung und die Revolution, die sich musikalisch in den Kompositionen Freiheits-Lieder (ursprünglicher Titel: Barrikaden-Lieder) op. 52, Revolutions-Marsch op. 54 und Studenten-Marsch op. 56 ausdrückte. Diese zeitweilig verbotenen Werke werden bis heute nur selten gespielt – und nie bei dem großen TV-Event, dem Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker.
Der Revolutions-Marsch op. 54 enthält Motive ungarischer Musik und erinnert daher an den in Ungarn volkstümlichen Rákóczi-Marsch, der sich gegen die Unterdrückung durch die Habsburger richtete. Vielleicht ist die Komposition von Strauss Sohn auch eine Sympathieerklärung für die ungarischen Revolutionäre von 1848 um Lajos Kossuth?
Mit der Scherz-Polka Liguorianer-Seufzer op. 57 verspottete Strauss Sohn den verhassten Priesterorden der Ligourianer (oder Redemptoristen), der wegen seiner wahrscheinlichen Spitzeldienste als ein Bestandteil des Systems Metternich fungierte. Deutlich vernehmbar sind in dieser Polka die Übernahme der Elemente der Katzenmusik und das Klirren der Fensterscheiben als Folge von Steinwürfen. Ein Sprechchor verhöhnt den Orden mit dem Wortspiel: „Ligouri ci gouri gouriani ani ani.“ Diese Komposition erregte in Wien großes Aufsehen. Strauss Sohn reiste mit seinem Orchester im August 1848 nach Brünn und unterstützte mit dem Brünner Nationalgarde-Marsch op. 58 die Nationalgardisten Wiens.
1848: Gegenrevolution im Vielvölkerstaat und in Wien
Revolutionäre Aufstände blieben im Reich der Habsburger nicht nur auf Wien beschränkt, sondern lassen sich u.a. ebenfalls in Prag, Ungarn, der Lombardei und Venetien nachweisen. Es drohte ein Zerfall des Vielvölkerstaates. Nun wurden massiv Truppen eingesetzt. Ein erster großer Erfolg gelang dem kaiserlichen Heer unter Windischgrätz am 16. Juni durch die Niederschlagung des Prager Pfingstaufstandes. Die Gegenrevolution marschierte weiter erfolgreich. Der greise Feldmarschall Radetzky besiegte in Custozza am 25. Juli italienische Truppen.
Ihm zu Ehren komponierte Strauss Vater den Radetzky-Marsch op. 228 und unterstützte dadurch musikalisch die Gegenrevolution. Die Uraufführung fand am 31. August auf dem Wasserglacis (Heute: Stadtpark) statt. Bereits am 4. August veranstaltete der Kapellmeister und Komponist ein Konzert, wobei ein Drittel der Einnahmen an die Armee Radetzkys in Italien floss.
Die dritte Phase der Revolution in Wien begann am 6. Oktober. Kaiserliche Truppen sollten den Aufstand in Ungarn beenden. Studierende, meuternde Truppen und Revolutionäre in Wien wollten dies verhindern. Es kam zu einer Eskalation der Gewalt. Der Kriegsminister Latour wurde gelyncht, die kaiserliche Familie entkam nach Olmütz. Am 26. Oktober begann die Umzingelung der Hauptstadt Wien durch die Truppen von Windischgrätz und Jellačić. Der Belagerungszustand endete am 31. Oktober siegreich für die Habsburger. Die Familie Strauss überlebte die Tage des Bombardements in einem Kloster in der Nähe ihres Wohnhauses.
Eduard Strauss war im Jahre 1848 gerade 13 Jahre alt. Jahrzehnte später, nämlich 1906, erschienen seine Lebenserinnerungen. Darin schreibt er über seinen revolutionären Bruder Josef: „Auch mein Bruder Josef fand sich am 6. October nachmittags am Sammlungsorte der academischen Legion, der er als Techniker angehörte, ein und marschirte mit dieser zum Tabor, wo er in der Feuerlinie des Regimentes Nassau zu stehen kam“ (Eduard Strauss, Lebenserinnerungen, S. 23; Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung folgen dem Original.). Josef Strauss studierte am Polytechnikum, um danach als Ingenieur zu arbeiten. Erst ab dem Herbst 1852 begann seine Karriere als Kapellmeister und Komponist.Strauss Vater setzte seine Sympathien für die siegreiche Konterrevolution musikalisch fort, so etwa durch den Jellačić-Marsch op. 244 und den Wiener Jubel-Marsch op. 245.
Die Akteure der Gegenrevolution installierten das System Metternich neu – nun ohne Metternich. Am 3. Dezember 1848, einen Tag nach der Inthronisation des neuen 18jährigen Kaisers Franz Josef I., spielte Johann Strauss Sohn bei einer musikalischen Veranstaltung in der Gaststätte Zum grünen Thor in der Josefstadt die Marseillaise – und wurde prompt von der reaktionären Zeitung „Die Geißel“ denunziert. Strauss Sohn musste sich deshalb vor der Polizei verantworten. Im amtlichen Polizeiprotokoll vom 6. Dezember verteidigte sich der Musiker sehr geschickt.
„Es ist allerdings wahr, daß ich während der am 3. dieses Monaths beim grünen Thore abgehaltenen musikalischen Abend-Unterhaltung die Marseillaise gespielt habe und sogar zweymal wiederholen mußte. Die Sache hat sich folgendermaßen zugetragen.
Wie sich von selbst versteht, ist es mir ganz gleichgültig in Beziehung auf politische oder National-Interessen, welche Stücke ich aufzuführen habe, weil bei mir jede Nummer am Repertoire ist und nur als Ausfallstück dient. Doch sagt mir mein politischer Takt, daß ich bei dieser schwer bewegten Zeit und besonders während des Belagerungs-Zustandes alle Piecen zu vermeiden habe, welche irgendeine politische Aufregung erregen oder Nationalsimpatien berühren. Aus diesem Grunde spiele ich aus eigenem Antriebe jetzt gar nie dergleichen Musikstücke.
Doch gibt es Orte, wo man gar nicht genug in dieser Beziehung ausweichen kann, und wollte man das Verlangen des Publikums nicht befriedigen, so steht zu befürchten, daß man vielleicht einen Exzeß provozirte, welcher viel bedeutender und angenehmer wäre, als wenn man dann und wann nothgedrungen dem Verlangen des Publikums nachgibt.
So geschah es auch bei der letzten Soiree am 3. d. beim grünen Thore. Zuerst verlangte ein Theil des Publikums das Lied ‚Das deutsche Vaterland’. Um auszuweichen, ließ ich die Volkshymne aufführen, und die Sache legte sich.
Später wurde die Marselaise [sic] verlangt, was ich wiederholt ablehnte. Da ich mich diesfalls immer mehr und heftiger gedrungen wurde, und ich anderweitiges unangenehmes Aufsehen oder einen Exzeß fürchtete, mußte ich nachgeben, und dieselbe sogar wiederholen. Sie wurde stark applaudirt, aber auch ausgezischt. Das Fuchslied ist gar nicht verlangt worden, und wurde auch nicht gespielt“ (Johann Strauss Sohn, Leben und Werk, S. 53f.).
Strauss Sohn revanchierte sich gegenüber der Zeitung „Die Geißel“ auf seine musikalische Art, in dem er die Polka Geißelhiebe op. 60 komponierte. Ansatzweise verknüpfte er dabei die Marseillaise, das Fuchslied und den deutlich vernehmbaren Lachchor aus Carl Maria von Webers Oper Der Freischütz, um die Zeitung zu verspotten. Direkte Folgen für Strauss Sohn blieben aus. Acht Jahre später, am 20. Mai 1856 schrieb der Polizeiminister Feldmarschall-Leutnant Johann Kempen in einem Bericht über Johann Strauss Sohn:
„Er war früher Kapellmeister eines Bürgerregiments, trat aber nach dessen Auflösung im Jahre 1848 in gleicher Eigenschaft bei der Nationalgarde ein, zu welcher Zeit er, beiläufig 22 Jahre alt, bei mehreren Gelegenheiten sich fortreißen ließ, mit seiner Musikbande revolutionäre Märsche zu produziren, so wie er auch während des Belagerungszustandes von Wien, an öffentlichen Orten ein Qoudlibet mit Remiscenzen an derlei Tonweisen aus dem Jahre 1848 vorgetragen haben soll.
Außerdem hat er auch wohl mit Mitgliedern der akademischen Legion zu jener Zeit verkehrt, und ist öfters in ihrer Gesellschaft gesehen worden, doch kann ihm eine anderweitige thätige Mitwirkung bei den damaligen revolutionären Bewegungen nicht zur Last gelegt werden, und er ist nie der Gegenstand einer polizeilichen oder gar gerichtlichen Untersuchung gewesen.
Er war, seitdem er Musikdirektor geworden, ein leichtsinniger, unsittlicher und verschwenderischer Mensch, und führt erst seit kürzerer Zeit eine mehr geregelte Lebensweise“ (Johann Strauss Sohn, Leben und Werk, S. 142f.).
Diese polizeiliche Beurteilung beeinflusste negativ die Bewerbung von Johann Strauss Sohn um die Stelle eines Hofballmusik-Direktors. Eine Stelle, die sein Vater eigens für sich geschaffen hatte.
Strauss Vater sah das Engagement seiner beiden ältesten Söhne in den revolutionären Tagen Wiens eher skeptisch. Sein Verhältnis zu seinem Sohn Johann, der ihm längst als Komponist und Kapellmeister ein musikalischer Rivale geworden war, blieb eher distanziert. Strauss Vater wollte jedoch den Lebensweg des nunmehr 21jährigen Josef deutlich beeinflussen – und bestimmte für ihn die militärische Karriere. Josef Strauss lehnte dieses Ansinnen seines Vaters in einem Brief vom 23. Dezember 1848 kategorisch ab.
„Ihr Wille ist es, mich der militärischen Laufbahn zu widmen und dabey mein Glük zu suchen. Eine bestimmte Erklärung und spezielle Wahl gab ich Ihnen noch nicht, aus dem Grunde, weil es erstens überhaupt eine Lebensfrage ist, aus dem bürgerlichen Leben so plötzlich in ein anderes versetzt zu werden; zweitens weil ich, bey diesen meinen jetzigen Studium auch jetzt auf Anstellung hoffen darf und wirklich, wenn ich nur 1 oder auch ½ Jahr mehr mich dieser Beschäftigung zu wende, so habe ich mein Ziel erreicht, und genieße dann eine unabhängige Stellung; ein Ziel um daß mich jeder Beamte, jeder Soldat etc beneiden muß.
Gewiß, ich könnte Ihrem Wunsche nachkommen, wäre mir der Ausweg bey allen Civilbeschäftigungen sey es Amt oder Profession, für meine Zukunft benommen, aber da dieß nicht der Fall ist, ja wie schon gesagt, nur noch kurze Zeit dahin ist, selbstständig zu seyn, so könnte ich, nie und nimmer mich diesem Stande widmen, um so mehr als ich dazu nicht tauge, keine Lust habe, und nie gefühlt habe, ja daß dieser Stand mir nie die Mittel bieten könne im Leben je glücklich zu werden. Sie sagten mir, daß dieß der einzige Weg ist, sich noch Anerkennung zu verschaffen Achtung zu gewinnen etc. Ich fürchte den Tod nicht, aber wer bürgt dagegen, daß ich das Unglück habe, ein Krüppel zu werden, (wo mir wirklich der Ausweg mich zu ernähren benommen ist) und so ein Leben, ohne Freude, ohne Zufriedenheit, voll Mißmuth dahinzuleben! Vater eine solche Zukunft können und wollen Sie mir nicht bieten. Besser gleich zu sterben als ein solches quälendes Bewußtseyn mit sich herumtragen.
Lassen Sie mich wo ich bin, und wer ich bin, entreissen Sie mich nicht einem Leben, daß mir mannigfaltige Freuden bieten kann, einem Leben voller Hoffnung stellen Sie mich nicht in jenes unstäte, rauhe, allen Sinn für das Menschliche zerstörende Treiben hinaus, zu dem ich nicht tauge, zu dem ich nicht geboren bin. Ich will nicht Menschen tödten lernen, will nicht durch Jagdmachen auf Menschenleben ausgezeichnet werden, einen hohen Rang erreichen, ich will den Menschen nützen als Mensch und dem Staate als Bürger“ (zitiert nach Brusatti/Sommer: Josef Strauß, S.31; Hervorh. im Original.).
Josef Strauss vertrat hier eine antimilitaristische Position – also genau das Gegenteil der Militärs Radetzky und Jellačić, die der Vater jeweils mit einem Marsch ehrte. Zu dem Themenkomplex Frieden und Krieg äußerte sich Josef Strauss nochmals im Jahre 1866. Nach dem verlorenen Krieg Österreich-Ungarns gegen Preußen in der Schlacht von Königsgrätz schlossen die beiden Mächte am 23. August des Jahres einen Friedensvertrag in Prag. Aus diesem Anlass komponierte Josef Strauss den Walzer Friedenspalmen op.207. In diesem Werk wird eine Militärmusik nur kurz angedeutet und lange von Walzerklängen zivil umrahmt.
Nach 1848
Johann Strauss Sohn schwenkte politisch und musikalisch langsam um, so etwa 1849 durch die Komposition Kaiser Franz-Josef-Marsch op. 67 anlässlich des Geburtstages des Kaisers. Der Walzer Einheits-Klänge op. 62 verweist auf die neue Verfassung vom 4. März – sie war keineswegs liberal. Die Nikolai-Quadrille op. 65 komponierte Strauss Sohn für den russischen Zaren, der am 13. August den ungarischen Aufstand endgültig niederschlagen ließ.
Reaktionen auf seine konservative Einstellung erfuhr Strauss Vater während seiner letzten Tournee. Am 6. März 1849 fuhr er von der noch völlig, aufgrund des Belagerungszustandes, desolaten Hauptstadt Wien nach London. Studierende verspotteten ihn auf der Reise durch Deutschland als „Schwarz-Gelben“, die Farben Habsburgs. Am 25. September 1849 starb überraschend Strauss Vater, sein Sohn Johann vereinigte beide Orchester.
Am 18. Februar 1853 verübte der ungarische Schneidergeselle János Libényi ein Attentat auf Franz Josef I., der Kaiser überlebte. Strauss Sohn komponierte daraufhin den Kaiser Franz Josef I. Rettungs-Jubel-Marsch op. 126 mit der Haydn-Hymne als fulminanten Schluss. Die erfolgreiche Uraufführung fand am 6. März statt. Die Distanz zwischen dem Haus Habsburg und Johann Strauss Sohn blieb jedoch zunächst immer noch bestehen. Erst zehn Jahre später, 1863, erfolgte die Ernennung zum k. k. Hofballmusik-Direktor.
Privat zeigte sich Strauss Sohn pragmatisch. Um ein drittes Mal heiraten zu können, konvertierten er und seine Braut Adele Deutsch zum Protestantismus und nahmen die Staatsbürgerschaft von Sachsen-Coburg-Gotha an. Die Hochzeit fand 1887 in Coburg statt.
Der musikalische Triumph des Walzerkönigs setzte sich mit weltberühmten Walzern (An der schönen blauen Donau op. 314, Kaiser-Walzer op. 437) und Operetten (Die Fledermaus, Eine Nacht in Venedig, Der Zigeunerbaron, Wiener Blut) weiter fort.
Gänzlich unpolitisch blieb Strauss Sohn im Alter nicht. Dies zeigt sein Beitritt zum Verein zur Abwehr des Antisemitismus (Gründer: Arthur Gundaccar von Suttner, der Ehemann Bertha von Suttners) im Jahre 1891. Gerade im Wien des christlich-sozialen und antisemitischen Bürgermeisters Karl Lueger setzte der Komponist damit ein Zeichen. Pläne des Walzerkönigs, einen Friedenswalzer zu komponieren, realisierten sich nicht.
Literatur
Boisits, Barbara (Hg.): Musik und Revolution. Die Produktion von Identität und Raum durch Musik in Zentraleuropa 1848/49. Wien 2013
Brusatti, Otto/Isabella Sommer: Josef Strauss 1827-1870. Delirien und Sphärenklänge. Wien 2003
Hamann, Brigitte: Bertha von Suttner. Ein Leben für den Frieden. München 1986
Kemp, Peter: Die Familie Strauss. Geschichte einer Musikerdynastie. München 1987
Knaus, Herwig/Wilhelm Sinkovicz: Wien 1848. Reportage einer Revolution. Wien 1998
Linke, Norbert: Johann Strauss (Sohn) mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek 6. Auflage 2003
Miller, Frank: Johann Strauss Vater. Der musikalische Magier des Wiener Biedermeier. Eisenburg 1999
Strauss, Eduard: Erinnerungen. Leipzig, Wien 1906
Strauss (Sohn), Johann: Leben und Werk in Briefen und Dokumenten. Band I: 1825-1863. Im Auftrag der Johann-Strauss-Gesellschaft Wien gesammelt und kommentiert von Franz Mailer. Tutzing 1983
Die angesprochenen musikalischen Werke können auf Youtube angehört werden.
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