Oder: Gottes Gnade im Gericht
Ulrich Kronenberg
Am Anger 5, 67436 Speyer
1. Darf man heute noch vom Gericht Gottes reden?
Der Gedanke an das Gericht Gottes ist heute höchst unpopulär und theologisch-kirchlich oft vernachlässigt. Das will nicht recht ins moderne Gottesbild passen, welches sich eine Fraktion der kirchlichen Süßholzraspler zusammengezimmert hat. Ähnlich unpopulär wie der Gerichtsgedanke ist der Begriff der Sünde oder der Verlorenheit des Menschen. Nach einer langen Wohlstandsphase mag das niemand hören, da es uns doch so gut geht. Jedoch weist uns die biblische Botschaft darauf hin, dass das Gericht [1] immer am Hause Gottes beginnt [2]. Will man sich nicht den allgemein wohlklingenden Beschwichtigungsversuchen ergeben und befragt statt der Projektion der eigenen Wünsche die Schrift, die Gottes Wort und Willen bezeugt, kommt man schnell zu einem anderem Ergebnis als es dem kirchlich-theologischen Mainstream entspricht.
Es geht in den folgenden Gedanken nicht um theologisches Querulantentum oder Rabulistik, dass man ein „Haus des Widerspruches“ [3] eröffnen will, um die Debatte zu beflügeln, sondern einzig und allein um die Sorge der kirchlichen Marschroute gemäß dem göttlichen Marschbefehl und seiner vorgegebenen Route. Diese theologische Marschroute scheint mir, wenn ich die Entwicklung der vergangenen 50 Jahre betrachte, grundlegend falsch zu sein. Das Christentum in Deutschland hat seine Salzkraft verloren und verdummt in der Darbietung allgemeiner Weisheiten, welche – kirchlich garniert – wohlfeil in den Kirchen erklingen, in denen mittlerweile fast keine Gemeinde mehr sitzt. Wenn man den Mitgliederschwund über die Jahrzehnte analysiert, kann man kaum von einer Erfolgsgeschichte sprechen sondern muss einen kirchlichen Ausverkauf konstatieren, der unaufhaltsam fortschreitet. Weite Teile der kirchlichen Funktionäre ergeben sich der Vogel-Strauß-Taktik, sinken in die Resignation, verfallen dem Aktionismus selbsterwählter Werkgerechtigkeit oder hoffen einfach nur, dass das System ihre Altersversorgung noch sicher stellen wird. Es geht mir nicht um pauschale Kirchenschelte oder persönliche Angriffe: Es treibt mich die Sorge um den Weg der Kirche Christi und die Frage, wie man dem Auftrag des Herrn der Kirche gerecht werden kann, denn die derzeitige Situation kann man nur als theologische Verirrung bezeichnen. Man muss hier Sache und Person trennen, um nicht dem Vorwurf des „Mönchsgezänks“ zu entsprechen. Schon Paulus warnt vor falschen selbsterdichteten Eifer für Gott, der in die Irre geht (Rö 10,2): „Ich bezeuge ihnen, dass sie Eifer für Gott haben, aber ohne Einsicht.“
Um es mit Christus zu sagen: an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen [4]. Die derzeitige Frucht – nicht Erfolg!!! – ist nicht gut. Man kann die Frucht nicht am Kirchensteueraufkommen messen, aber im allmählichen Verschwinden der christlichen Kirche und der Auflösung ihrer genuinen Botschaft: „Warum schafft die Kirche sich selbst ab?“, fragte mich ein MdB. Und es stellt sich die Frage, ob es ein rein menschliches Werk ist, wenn man diese Entwicklungen beobachtet und nicht um die tiefere Ursache dieser Entwicklungen weiß bzw. diese falsch einschätzt. Man kann von einem Taumelbecher sprechen, der die Kirche Christi befallen hat. Die wohlstandstheologischen Fragen, die man heute in Pfarrkonventen und Synoden seit Jahren diskutiert, tragen wenig für den Kern des christlichen Glaubens aus: Fragen der Umwelt, der Menschenrechte, der Wirtschaft, der Klimagerechtigkeit und andere Sekundärthemen haben die genuine Botschaft von Kreuz und Auferstehung weithin verdrängt. Wer die Synodalprotokolle der letzten Jahre liest, findet wenig von Kreuz und Auferstehung, wenig von Gesetz und Evangelium, wenig von Sündenvergebung und Erlösung. Die Immanenz hat die Transzendenz verdrängt und die fromme kirchliche Nabelschau hat weithin eine narzisstische Selbstliebe und ihre entsprechenden Triebe hervorgebracht. Jedes Jahr verlassen zehntausende Gemeindeglieder „ihre Kirche“, mit welcher sie nichts mehr zu tun haben wollen. Die Lehre ist „lau“ [5] geworden, und es ist die Frage, wie man den „Geist der Betäubung“ wieder los werden wird.
2. Der Taumelbecher unserer Tage
Dies geschieht ja nicht ohne Ursache, wie Luther in der Auslegung des 65. Psalms herausgearbeitet hat: Luther spricht von Rottengeistern und Ketzern, „die die Lehre fälschen und verderben, die Sakramente nehmen oder verkehren und so Gott sein Reich zerstören. Darüber ist täglicher Krieg in der Christenheit, ist allezeit gewesen und wird bleiben bis an den jüngsten Tag. Denn der Teufel hört nie auf, dasselbe anzufechten, um es umzustürzen oder zu zerstören“ [6]. Hier liegt die immerwährende Gefahr für die christliche Kirche und gerade in der Frage der Lehre müssen wir den Geist der Betäubung erkennen und uns von dem Taumel befreien. Von diesem Taumelbecher, den man gemäß LXX Ps 60,5 [7] – zitiert in Rö 1,18 – auch als Geist der Betäubung bezeichnen kann, muss gesprochen werden bzw. er muss erst einmal als solcher erkannt werden. Es handelt sich beim Gebot der Stunde um eine kirchlich-theologische Ausnüchterung und eine Besinnung auf den Kernauftrag der christlichen Kirche. Man könnte auch von einer Entziehungskur im Anschluss an die Ausnüchterung sprechen. Alles andere endet im moralischen „Kater“, den jeder Zecher kennt.
In Zeiten der Krise ist es unbedingt notwendig, sich auf das Wesentliche zu besinnen und zu reduzieren. Man kann es mit dem Ludwigshafener Gasunglück im vergangenen Jahr vergleichen, als ein Stadtteil auf einmal evakuiert werden musste und zunächst erst einmal die menschlichen Grundbedürfnisse sichergestellt werden mussten: essen, trinken, warm haben. Lottoscheine oder die Psyche der Stubenfliege wurden schlagartig belanglos. So erlebe ich es auch im Erstaufnahmelager Speyer, wo viele Flüchtlinge ankommen. Sie haben oft alles verloren und müssen mit den elementarsten Notwendigkeiten des menschlichen Lebens ausgestattet werden. Deshalb ist es m.E. heute die Aufgabe, manche liebgewordene Spielart der Wohlstandstheologie über Bord zu werfen und wieder klar auf den Auftrag und die Lage zu sehen. Der sich auflösende Bestand unserer Kirche in Deutschland muss nach den tieferen Ursachen fragen lassen, warum dies geschieht. Es ist nichts anderes als die Frage nach dem Weg Gottes mit seiner Gemeinde und nach Kurskorrektur. Statt Klimagerechtigkeit und gerecht gehandelten Wollsocken hat die Kirche Christi einen bedeutenderen Auftrag: nämlich möglichst viele Menschen zum Vertrauen zu Jesus Christus zu rufen und ihn in dieser Welt durch Wort und Sakrament zu bezeugen. Dieser Ruf ist exklusiv und führt über die Ausgangstür dieser Welt hinaus. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass evangelische Kirche sich nicht nur ihrer Aufgabe unsicher geworden ist, sondern, dass sie sich des Wortes vom Kreuz als ihrer genuinen Botschaft schämt.
3. Was verkündigen wir?
Es ist ja nicht irgendeine beliebige Botschaft, sondern das Zeugnis von Jesus Christus als dem einzigen Weg zu Gott [8]. Der Bremer Predigtstreit [9] um Pastor Olaf Latzel hat in beschämender Weise gezeigt, dass klare Verkündigung dem politischen Zeitgeist geopfert wird. Es geht um nichts Geringeres als um die Frage nach dem Absolutheitsanspruch Gottes. Es handelt sich dabei nicht um theologische Beliebigkeiten, sondern um die Frage nach dem ersten Gebot. Es steht die Frage im Raum, ob und in welcher Weise der eifernde Gott in das Weltgeschehen eingreift und in welche Richtung er die Seinen damit führt. Es ist die Frage nach der Heimsuchung, nach dem göttlichen Gericht und damit zugleich nach dem göttlichen Erbarmen. Es ist die Antwort auf die Frage nach Gott, dem es nicht gleichgültig ist, an wen sich die Seinen halten und worauf sie vertrauen. Es geht im letzten Grunde um eines: um die Buße, zu der wir als Christen und Kirche gerufen sind. Nichts anders soll unser Leben als Christen sein, wie Luther in der ersten der 95 Thesen sagt.
Positiv besetzte Begriffe wie Freiheit und Frieden werden heute mutwillig missbraucht und in merkwürdiger Weise umgedeutet, wie Luther in seiner Zusammenfassung des 65. Psalms darlegt[10]. An dieser Tatsache hat sich nichts geändert. Hinter dem theologischen Freiheitsbegriff [11]versteckt sich die – biblisch gesehen – irrige Meinung, dass das Weltgeschehen und auch die Führung des einzelnen Menschen nichts mit dem Handeln Gottes zu tun habe. Ein direktes Eingreifen Gottes tritt zurück hinter allen möglichen und unmöglichen Erkenntnissen anderer wissenschaftlicher Disziplinen. Gerade die Auswüchse der sog. Friedensforschung zeugen davon, dass hier theologisch geirrt wird.
Helmut Thielicke hat überzeugend den christlichen Freiheitsbegriff dargelegt und auf die „Reichsunmittelbarkeit zu Gott“ [12] verwiesen, die allen Träumen von „Brüderlichkeit, Freiheit und Gleichheit“ vorgeschaltet ist: „Nächstenliebe entsteht also nicht aus einem moralischen Entschluss oder Aufschwung, sondern sie ist nur im Glauben an den zu haben, der uns zuerst geliebt hat (1 Joh 4,19) und dessen Liebe ich weitergebe.“ Deshalb muss in dem christlich gebundenen Freiheitsbegriff, wie ihn Luther entfaltet hat [13], das zuvorkommende, vergebende Handeln Gottes erfasst werden. Alles andere endet, wie der Schalksknecht zeigt, in Verirrung [14]. An vielen Stellen der Schrift ist von einem „anderen Tun Gottes“ die Rede: Die ganze Schrift zeugt einzig und allein vom Handeln Gottes mit den Menschen. Exemplarisch sei auf das Buch Jeremia verwiesen. Gerade in den bewegten Zeiten, in denen Gottes auserwähltes Volk in schwerste Katastrophen geführt wurde, verkündetet der Prophet ein klares Handeln Gottes an seinem ihm untreu gewordenen Volk. Diese harte Botschaft war und ist sperrig und wird theologisch gern ausgeblendet. Die Auseinandersetzung der sog. Heilspropheten mit den Propheten der Bibel ist hier wegweisend. Der vermeintlich autonome Mensch versucht zu aller Zeit, dieses Handeln Gottes zu leugnen oder in seinem Sinn zu interpretieren, was zur Ideologisierung oder Moralisierung führt. Der Streit kann nicht ausbleiben, wie der Prophet am eigenen Leib erfahren musste und was ihn zu Tode brachte, weil man diese harte Botschaft nicht hören wollte. Auch Jesu Worte waren eine harte Rede – kein Sirenengesang zum Wohlfühlen und Einlullen: „Das ist eine harte Rede, wer vermag sie zu hören?“ (Joh 6,60).
4. Wie handelt Gott?
Die Frage, wem der Arm des Herrn offenbar (Jes 53,1) ist, wird von Jesus sehr deutlich aufgenommen (Joh 12,38). In zwei Gleichnissen hat Jesus das deutlich gemacht: Mt 21,35.39; 22,6. Der Weg Gottes und seine Pläne sind für den Menschen sehr schwer bzw. gar nicht zu durchschauen. Die Freiheit Gottes, als Gott und Herr der Geschichte, bleibt bestehen und er handelt darin nicht nach unserem menschlich-rationalen Denken. Die Folge eines selbstverliebten Anthropozentrismus ist die völlige Verirrung in anthropologischer Sicht. Dieses theologische Kartenhaus, das man in Jahrzehnten mühsam zusammengezimmert hat, beginnt heute zusammenzubrechen: Es erinnert an das Verschwinden der Leben-Jesu-Forschung unter den Hammerschlägen der Wort-Gottes-Theologie nach den theologischen Wirren eines Kulturprotestantismus der durch die Ereignisse 1914ff ad absurdum geführt wurde. Gott lässt sich diesbezüglich nicht spotten (Gal 6,2; Jes 37,22). Die ernster werdende Lage ruft nach genau dieser Besinnung und ein neues Hören auf die Botschaft dieses Gottes, der eindringlich aber nicht aufdringlich zu uns spricht. In seinem klaren Wort ist er anders als die vielen aktuellen kirchlichen Töne, die den „Geist der Betäubung“ versprühen. Sie müssen als das erkannt werden, was sie sind: Irrtum und selbsterwählte Werkerei, die mit dem Wort des auferstandenen und wiederkommenden Gottes in Jesus Christus nichts zu tun haben.
Was ist zu tun? Der Exodus aus der Kirche der letzten Dekaden ist ein Ruf zur Buße und zur Besinnung: ich halte die Besinnung auf das „Feldzeichen Gottes“ – das Kreuz – für das Gebot der Stunde. Im Segen einer langen reichen Friedensperiode, in der unser Land und seine Nachbarn von Krieg und anderen Unbilden verschont waren, sind wir vom Segen Gottes abgefallen und haben seine Botschaft verfälscht und nach eigenem Gusto umgebaut. Stehen wir jetzt vor der Strafe dieser Entwicklung? Folgt dem Segen seit Menschengedenken nun der Fluch? Muss man die Islamisierung Deutschland als eine solche Wandelung interpretieren? Wenn man klares christliches Bekenntnis durch Tarnworte wie Dialog oder Paradigmenwechsel vernebelt wird, muss dann nicht unweigerlich die Strafe Gottes folgen, der das so mit sich nicht machen lässt? Man hört solche Gedanken in letzter Zeit häufiger. Es ist an der Zeit, sich zu besinnen und auf das Wesentliche zu sehen. Dieses Wesentliche ist m.E. das Feldzeichen Gottes: das Kreuz, das uns den Weg weist.
5. Das Feldzeichen Gottes
Das Feldzeichen Gottes macht die Menschen, die ihm vertrauen, sicher: Ps 60,6 spricht hier eine ganz deutliche Sprache. Der hebräische Terminus nes ist m.E. sehr wichtig. LXX gibt ihn mit semeiosis wieder. Die Vulgata übersetzt mit significatio. Dieser Begriff kommt im biblischen Sprachgebrauch nur noch in den Psalmen Salomos vor (4,2). Das Feldzeichen Gottes, von dem 21-mal in der BHS die Rede ist [15], hat eine entscheidende Bedeutung: Das Vertrauen der unter den Fahne stehenden Menschen. Das Feldzeichen sammelt die ihm zugehörigen Menschen. Feldzeichen sind seit dem Altertum bekannt und bedeuten die Identifikation der Zugehörigen. Seit dem 19. Jahrhundert ist der Gebrauch meist militärisch bis in unsere Tage hinein gegenwärtig: während man sich in Deutschland heute nach zwei verlorenen Kriegen damit schwer tut, haben andere Staaten diese Tradition bewahrt. In vielen englischen Kirchen hängen völlig selbstverständlich die oft jahrhundertealten Fahnen der zum Ort gehörigen Truppenteile. Niemand würde auf die Idee kommen, dies zu hinterfragen: Es gehört völlig selbstverständlich zur Identität der Menschen dazu. Es symbolisiert etwas unbedingt Wichtiges. Das Lied „Ragged Old Flag [16]“ von Johnny Cash ist eine der „heimlichen“ Nationalhymnen der USA, das eindrucksvoll dokumentiert, dass das Feldzeichen eine klare Botschaft trägt und an die kommenden Generationen vermittelt. Das Verbrennen amerikanischer Fahnen durch radikalisierte Muslime hat empörte Reaktionen wie etwa das Lied „Me and crippled soldiers“ [17] des bekannten amerikanischen Sängers Merle Haggard zur Folge. Beide Lieder sprechen eine deutliche Sprache, wie wichtig dies für die Identifikation der Bürger mit ihrem Land und seiner Flagge ist. Um wie viel mehr für den Christen, der auf das Feldzeichen Gottes sieht.
Die Bibel bedient sich häufig der militärischen Sprache. Das Kreuz Christi ist das Feldzeichen für das Volk Gottes – seine Kirche. Das Feldzeichen der Kirche Christi ist das Kreuz. Mit ihm steht und fällt die Kirche, denn das Kreuz ist das exklusive Zeichen Gottes, der die Maßstäbe dieser Welt und des menschlichen Denkens auf den Kopf gestellt hat durch die Offenbarung seines Sohnes. Der Apostel Paulus spricht diesbezüglich von einem Geheimnis Gottes, das nicht ohne Weiteres zu durchschauen ist, weil Gott in seiner Freiheit anders handelt, als die Menschen es erwarten, wenn sie ihn auf menschliche Stufe degradieren. Hier ist 1 Kor 2,1.7; 4,1; Eph 3,9; Kol 1,27; 2,2; 4,3 völlig eindeutig. Off 10,7 sagt, wann dieses Geheimnis Gottes in letzter Konsequenz zum Ende kommen wird [18]. Ohne dieses Feldzeichen „verkommt“ Gottes Sohn zu allem Möglichen aber er ist nicht mehr der einzige Heilsweg Gottes, das dem auf ihn vertrauenden Menschen die Rettung verheißt.
6. Das Gebot der Stunde.
Theologia crucis [19] ist immer dann wieder zur Sprache gekommen, wenn sich das Volk Gottes verlaufen hat und in den Sorgen dieser Welt zu ersticken drohte (Mt 13,22par). Mit Recht hat Ulrich Körtner darauf verwiesen, dass damit die christliche Erlösungslehre steht und fällt [20]. Luther hat dies zu seiner Zeit verdeutlicht und vor den fatalen Folgen der Theologia Gloriae gewarnt. Ich verweise auf die 21. der Heidelberger Thesen [21]. nur der Blick auf das Feldzeichen kann die Rettung bringen. Karl Heinz zur Mühlen hat dies sehr prägnant herausgearbeitet [22]. Dieses Zeichen, dass uns Gott aufgerichtet hat, ist das Sterben und das Auferstehen seines Sohnes: Das Zeichen seines Leibes (Joh 2,21) ist deutlicher als alles andere und das einzig Notwendige der christlichen Kirche. Dieses Feldzeichen wird nur vom Volk Gottes erkannt; den anderen ist es ein Ärgernis und eine Torheit (1 Kor 1,18.23). Deshalb entsteht an dieser Frage immer der Streit. Dass Jesus ein großer Lehrer, ein Religionsstifter oder Weltverbesserer war, das werden auch viele Nichtchristen zugeben; dass er der einzige Weg zum Heil ist, weil er eben das Feldzeichen Gottes aufgerichtet hat, das scheidet die Geister und dies wird auch so bleiben, weil es ja ein Zeichen ist, dem widersprochen werden wird: Lk 2,34. Dieses Zeichen ist gesetzt zum Fall: An diesem Eckstein stoßen sich viele (Ps 118,22; Jes 28,16; Mt 21,42par; Apg 4,11; Eph 2,20; 1 Petr 2,6f) [23]. Hier liegt der Unterscheidungspunkt zwischen wahrer und falscher Kirche: zwischen Theologia Gloriae und Theologia crucis. Das Feldzeichen Gottes sammelt nur die, die Gott wirklich fürchten. Psalm 60,6 sagt das ganz klar: „Du hast doch ein Zeichen gegeben denen, die dich fürchten“. Nur derjenige, der den Heilsweg in Christus erkennt und sich auf Gesetz und Evangelium verlässt, wird dazu gehören können. Dieses Feldzeichen Gottes macht Christen sicher und gewiss, weil er den Sieg [24] verbürgt (1 Joh 5,4). Ein Blick in die Kirchengeschichte genügt, um genau das festzustellen. Nur diese Theologie des Kreuzes hat den Weg des Glaubens gebahnt. Es ist schwer, den Weg Gottes zu verstehen und er kann zur Torheit werden. Aber der Gott Fürchtende weiß um diesen Herrn und seine – menschlich gesehen – oft völlig unverständliche Wege.
Die Geheimnisse und die Regierweise Gottes hat nichts mit dem menschlichen Weg gemeinsam, denn Gottes Gedanken sind nicht unsere Gedanken (Jes 55,8f). Der Vernunftglaube hat diesen Irrweg, auf dem wir uns heute weithin befinden, gebahnt und eine Entwicklung eingeleitet, die das Wesen des christlichen Glaubens im letzten Grunde ad absurdum führt. Die Tiefe der göttlichen Weisheit ist den Menschen, wenn sie sie nicht glaubend erfassen können und somit ihr Denken absolut setzen, ein Rätsel, da Gott für den Menschen nicht berechenbar ist. Diese Rechnung des Menschen wäre zu einfach und zu billig. Tiefsinnige Denker und Menschen des Glaubens haben es immer wieder erkannt, dass es nur durch diese Furcht Gottes zum Ziel führen kann. 30-mal wird in den Psalmen von der Furcht Gottes gesprochen. Die Kombination der Vokabeln Jahwe und jarah ist völlig eindeutig und findet sich in der BHS nach SESB 163-mal. Es ist kein Zufall, das Luther in den Katechismen genau das hervorhebt: Wir sollen Gott fürchten, lieben und vertrauen. Exemplarisch sei auf Ex 34,10 verwiesen: Furchterregend ist das Handeln Gottes für den Menschen. Nur der auf ihn Vertrauende kann darin seine Liebe und seine Zuwendung sehen, denn er handelt nicht menschlich rational. Der Gott fürchtende Mensch, der seine Wege nicht versteht, darf aber darauf vertrauen, dass der Führer des Feldzeichens weiß, was er tut und wie er zum Sieg führen wird. Deshalb sagt Gott immer wieder: Fürchte dich nicht. Das al tirah (Gen 15,1) im AT [25] entspricht dem neutestamentlichen me phobou (Mk 5,36). Dieser Forderung folgt die Zusage: mono pisteue – glaube nur. Das ist das einzig Notwendige: das Vertrauen – mit anderem Wort: der Glaube. So sagt es der Auferstandene den entsetzten Jüngern zu (Mt 28,10). Hier wandelt sich der Fluch in Segen (Neh 13,2); hier wandelt sich das menschliche Denken in die Weisheit Gottes. Luther bringt es in der Auslegung des 64. Psalms auf den Punkt: „Gottes Werke sind zum Verstehen bestimmt d.h. nur mit Verstand und Glauben zu fassen in Hoffnung, aber nicht in greifbarer Wirklichkeit („in re“ [26]). Denn wer nur seinen Sinnen folgt, muss sich notwendigerweise am Kreuz und Gottes Kirchenleitung ärgern, wenn er in diesem Leben nichts als Strafen und Entbehrungen in ihr sieht; dadurch aber wird ihm das Kreuz Christi zum Ärgernis. Wenn uns Gottes Weisheit nicht als Torheit erscheinen soll, ist Verstand vonnöten“ [27]. Hier scheiden sich als die Geister und hier wird der Ratio ihre Grenze aufgezeigt. Ohne das Kreuz Christi ist es nicht möglich den Gang der Geschichte zu verstehen.
Solange das Feldzeichen – man mag es auch mit Banner oder Signal wiedergeben – steht, ist dieSache nicht verloren. Diesbezüglich verweise ich auf Ex 17,5; Num 21,8f (eherne Schlange),26,10; Jes 5,26; 11,10.12; 13,2; 18,3; 30,17; 31,9; 33,23; 49,22; 62,10; Jer 4,6.21; 50,2; 51,12.27;Ez 27,7. Wankt das Feldzeichen, so sind die ihm Folgenden verloren. Verlassen sie dasFeldzeichen, sind sie Deserteure und Abtrünnige. Das neue Besinnen auf dieses FeldzeichenGottes besteht heute in der Besinnung auf das Evangelium und den klaren Blick auf das von Gottaufgerichtete Zeichen: das Kreuz und das Vertrauen zu Gott allein, der sich in seinem Sohn JesusChristus offenbart hat. Gott verlangt vom Menschen tiefes Vertrauen und sehr genaues Hinhören,um in der Geschichte – kosmisch wie individuell – die Spuren Gottes zu erkennen. Er verlangt dasHerz und die Treue des Menschen nichts anderes: Dann mutiert der Glauben von einem bloßenFürwahr halten zum Vertrauensverhältnis Vater-Kind. Unser verweichlichter moderner Glaube, wieer von gendergeschädigten Humanisten in die Kirche hinein posaunt wird, hat nichts mehr mitdem rechtfertigenden Glauben an Jesus Christus, der sich für die Sünden der Welt hingegebenhat, zu tun. Hier tut Besinnung Not, weil Gott durch die klare Botschaft unmissverständlich redet:Die oft zu Moralbewahranstalt oder Weltverbesserungsverein gewordene Kirche des Wortes hatin der gegenwärtigen Situation mehr als genug Grund, sich auf Wesen und Auftrag zu besinnen.Denn hier stehen wir vor dem Gott, dessen Liebe auch wieder in Zorn umschlagen kann unddessen Gerichte dann über die Welt ergehen. Das Gleichnis vom Schalksknecht ist eine mehr alsdeutliche Warnung (Mt 18,21-35) [28]. Segen kann sich in Fluch wandeln, wie auch umgekehrt derFluch in Segen (Neh 13,2). Die prophetische Verkündigung zeugt mehr als deutlich davon, und esist die Aufgabe der Stunde statt des soften Schmusegottes [29] wieder auf das Ärgernis erregendeKreuz zu sehen und diese hinrichtende und zugleich versöhnende Botschaft der Welt zuverkünden.
Die Gemeinde Christi hat sich verlaufen und wird auch immer wieder verführt, ihren Blick vomFeldzeichen abzuwenden und auf andere Dinge zu sehen. Der Taumelbecher ist immer wieder diegleiche Gefahr. Es ist dringend an der Zeit, hier ernste Worte zu sprechen und Buße – alsoUmkehr – zu tun. 1 Kor 1,18: gibt die Marschroute vor, dass der Blick zum Feldzeichen Gottes imNebel der Verwirrung wieder klar wird: „das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist’s eine Gotteskraft“. Nur das unbedingte Vertrauen aufdiese Kraft gibt die Chance des Sieges: „unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“.(1 Petr 5,4). Mit einem Wort: sola fide. In allem Auf und Ab der Geschichte. In allen Wellengängendes Lebens ist dies das einzig Fruchtbringende und die Aufgabe vor welcher die Kirche Christisteht. Dieser Glaube will erbeten sein und kann nicht aus eigenem Tun oder Wollen vollbrachtwerden, wie Luther im dritten Artikel lehrt: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft nochKraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der HeiligeGeist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glaubengeheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet,heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben; in welcher Christenheit er mirund allen Gläubigen täglich alle Sünden reichlich vergibt und am Jüngsten Tage mich und alleToten auferwecken wird und mir samt allen Gläubigen in Christus ein ewiges Leben geben wird.Das ist gewisslich wahr“.
7. Gott zürnt, wenn er nicht zürnt.
In der ersten Psalmenvorlesung sagt Luther über Psalm 59: „Gott zürnt dann viel mehr, wenn ergar nicht zürnt, sondern die Gottlosen nach ihren eigenen Wünschen leben, wachsen undvorankommen lässt, statt sie zu vertilgen“ [30]. Er verweist auf Hab 3,2: „Im Zorne denke anBarmherzigkeit!“ [31] In allem Handeln Gottes wird sein Zorn aber eben auch seine Gnadesichtbar. Im Fluch kann der Segen liegen (Neh 13,2) [32]. So hat es Eduard Steinwand deutlichherausgearbeitet: „Heimsuchung bedeutet Gericht, zugleich aber Berufung zur Gnade. Das ist derentscheidende Unterschied zwischen einem weltlichen und einem göttlichen Gericht. Dasweltliche Gericht steht im Zeichen der Vergeltung, Rache, Vernichtung, Strafe. Das göttlicheGericht steht im Zeichen der Gnade (…) Heimsuchung ist gleichzeitig Gericht und Berufung zurGnade, Anfechtung und Verheißung, Verwerfung und Hinwendung, Vernichtung und Errettung, oftein Töten und Erwecken“ [33]. Helmut Thielicke hat auf das totaliter aliter des menschlichen undgöttlichen Gerechtigkeitsverständnisses hingewiesen. Ein hochaktueller Hinweis angesichts desgegenwärtig so beliebten „Gerechtigkeitswahns“, der in der evangelischen Kirche tobt [34].
In dem gegenwärtigen Wiedererwachen einer Geschichtstheologie [35] ist dieser Gedanke eminent wichtig, denn es ist ja die Frage, ob und wie Gott in das Weltgeschehen eingreift und wie er mit den Seinen verfährt. Die Bibel ist ein beredtes Zeugnis davon, dass wir es nicht mit einem passiven oder gar gleichgültigem Gott zu tun haben, sondern mit einem sehr heiß liebenden und heftig handelnden Gott zu tun haben, der allerdings in seiner göttlichen Freiheit ganz anders tut, als es unserem menschlichen Denken entspricht und der eben der ganze Andere ist, der sich in seine Gottheit bewahrt und sich nicht zum „Kumpel“ degradieren lässt: die heute gern gebrauchten liturgischen Formulierungen „unser Freund und Bruder“ versuchen oft genau das. Auch die Tatsache, dass oft nur von „Gott“ liturgisch gesprochen wird zeigt an, das man den Namen, außer dem kein Heil ist, gar nicht nennt oder sich in liturgische Floskeln wie „guter Gott“ oder ähnliche Leerformeln flüchtet, weil man den Namen dieses Gottes gar nicht klar nennt. Der Gott, der sich in Jesus Christus bezeugt hat, ist ein Eifernder, wie er sich selbst bezeugt: ein Gott, der seine Ehre mit niemandem teilen will. Der große Vorwurf an das abtrünnige Volk Israel ist immer die Fremdgötterei: Dieser Gott verlangt Exklusivität [36].
Heute wird oft so getan, als ob das Weltgeschehen – im kleinen wie im großen – ohne Gottes Eingriffe verfährt. Die Bibel bezeugt uns ein anderes: Sie zeigt uns den Gott, der aktiv in die Geschichte eingreift und der sehr konkret handelt. Er sucht seinen Weg und bestimmt auch seine Werkzeuge: Er nennt zum Beispiel Nebukadnezar „meinen Knecht“ [37] oder Babel „meinen Hammer, meine Kriegswaffe“ (Jer 50,23; 51,20). Thielicke nennt es das „fremde Werk“ Gottes: „Gott ist immer – liebend und zürnend, vergebend und richtend, schaffend und zerstörend – im Gemenge mit dem Menschen, in Relation zu ihm, er lässt ihn immer sein Werkzeug (skeuos) sein und ist nie ohne dieses Werkzeug“ [38]. Besonders deutlich wird dieses Handeln Gottes in der Verkündigung und dem Leben des Propheten Jeremia [39]. Helmut Thielicke hat darauf verwiesen, dass es immer nur darauf ankommt, „wie wir in die laufende Geschichte Gottes mit uns eintreten und sie in seinem Sinne nachvollziehen“ [40]. Wir dürfen als Christen wissen, dass alle Dinge zum Besten dienen: Rö 8,28. Thielicke hat an der Josefsgeschichte [41] gezeigt, dass man teleologisch vom Ende her sehen muss: Josef konnte den Brüdern bei seiner „Enthüllung“ sagen (Gen 45,5; 50,20), dass Gott ihr schlechtes Tun in Segen gewandelt hat und ihm somit vom Ende her gesehen, Gutes widerfahren ist. In der Situation, als ihn die Brüder an die Sklavenhändler verkauften, hätte er das nicht sehen können. So muss also auch Geschichte vom Ende her gedacht werden und alles Wirken Gottes als zielführend angesehen werden. Das Gericht Gottes hat damit ein Doppelgesicht“. Thielicke hat darauf verwiesen, dass neben dem Krisis-Sinn immer der Soteria-Sinn stehen muss [42]. Dieser Grundsatz des Glaubens, dass alles zum Besten dienen wird, muss nach Thielicke unbedingt festgehalten werden: Fällt hier die Front, ist alles infrage gestellt, was das Vertrauen des Christen im letzten Grunde ausmacht.
Luthers Gedanke zu Ps 59 ist somit hochaktuell und die Bitte des Habakuk ebenfalls. Hier wird deutlich, dass Gott das Gericht an seinem Volk und auch an seiner Gemeinde vollzieht. Dies ist das Wissen um den lebendigen und handelnden Gott: gerade dann, wenn er nicht mehr führt und leitet, sondern den Menschen sich selbst überlässt. Dann geht der Mensch an sich und seiner Weisheit zugrunde. Die Folge ist dann immer eine Katastrophe für den Menschen. Man kann es sehr gut mit den Wünschen eines Kindes vergleichen, das trotzig seinen Kopf durchsetzt und eine Straße überquert, auf der reger Verkehr herrscht, den es nicht überschauen kann. Jeder Vater und jede Mutter weiß, dass man Kinder manchmal vor sich selber schützen muss und zu seinem Schutz Dinge tun muss, die dem Wollen des Kindes entgegenstehen. Wollte man es gewähren lassen, so würde es rasch zum Unglück kommen. Wenn Gott den Menschen sich selber überlässt nach dem Motto „dann mach mal, wenn es dein Willen ist“, endet dies immer katastrophal. Thielicke weist darauf hin, dass „sich auch im scheinbaren Unterbleiben des Gerichtes, in Gottes stummen Zusehen und Gewährenlassen, gerade das Gericht vollzieht“ [43]. Theologisch geht es dabei um das erste Gebot und seine Beachtung bzw. Missachtung.
8. Erbarmen im Zorn?
Die Frage ist also: Wird im Zorn Gottes sein Erbarmen erkannt? Es geht also im letzten Grund um den Punkt von Luthers reformatorischer Erkenntnis, dass der zürnende Gott gerade der liebende Gott ist, der vergebend entgegenkommt im Kreuz seines Sohnes, der alle Schulden bezahlt [44]. Wenn man das Handeln Gottes menschlich betrachtet, ist es die Frage, wie er im Zorn gnädig sein kann. Dann kann man Gott nur für meschugge halten. Dies widerspricht dem menschlichen Denken drastisch. Es handelt sich dabei um die Pädagogik Gottes, die unserer gegenwärtig weithin vertretenen Pädagogik diametral entgegensteht. Die Bibel bezeugt, dass Gottes Liebe sich gerade in der Erziehung ausdrückt: Hebr 12,6 hebt hervor, das gerade die göttliche Pädagogik anders verfährt, als es dem menschlichen Denken entspricht und dass diese sehr hart sein kann. Off 3,19 spricht hier ebenfalls für sich. Gerade weil Gott liebt, greift er hier zu harten Maßnahmen, um zur Besinnung und zur Räson zu rufen. Der Terminus der Erziehung (gr. Paideuo) scheint mir hier besser zu passen als die lutherische Übersetzung des Züchtigens. Das Motiv dieses göttlichen Handelns ist seine Eifersucht: Wir haben es nicht mit einem gefühlskalten oder emotionslosen Gott zu tun, sondern mit einem „eifernden“ Gott, der um die Liebe und das Vertrauen seiner Menschen wirbt und das Herz des Menschen will. Es ist der entscheidende Punkt: Der das Herz [45] suchende liebende Gott lenkt die Geschicke und die Geschichte. Nicht im Sinne Lessings, der den Weltlauf mit einem einmal aufgezogenen und dann ablaufenden Uhrwerk verglich, sondern nur dem Gott vertrauenden Menschen ist es möglich, das Handeln Gottes in der Geschichte nachzuvollziehen: Nicht weil er tiefere Einblicke hat als der Nichtglaubende, sondern weil er sich mit dem „Dennoch“ des 73. Psalms gegen den Augenschein trösten kann. Helmut Thielicke hat vom „Gleichnis Gottes“ gesprochen, auch wenn man das geschichtliche Geschehen nicht immer mit seinem Inaugurator zur Deckung bringen kann: „wir selber kennen den Zusammenhang nicht, auch nicht den zwischen Verheißung und Erfüllung, aber wir vertrauen dem, der ihn entwirft. Wir schließen nicht von der Geschichte auf Gott, sondern von Gott auf die Geschichte“ [46]. Thielicke hat dies sehr dezidiert in seiner Promotionsschrift [47] behandelt und zeitlebens an dieser Frage gearbeitet. Gerade der Generation, die die geschichtlichen deutschen Katastrophen des 20. Jahrhunderts miterlebt hat, brannte diese Frage auf den Nägeln, denn sie war virulent: Warum geschieht das mit uns? Bricht hier das göttliche Gericht über ein sündiges Volk herein? Straft Gott für bestimmte Vergehen oder Unterlassungen? Diese sehr naheliegenden Deutungsversuche hat es bis hin zu Augustins apologetischer Schrift „De civitate Dei“ immer gegeben. Augustin wollte dem Vorwurf entgegentreten, dass das Christentum als Staatsreligion den Untergang des römischen Imperiums zur Folge hatte, weil man den alten Göttern entsagt hatte.
Auch nach dem Zusammenbruch 1945 stellte man diese hochtheologische Frage. In der Pfalz verfasste der Speyerer Dekan Karl Wien die bis heute sehr lesenswerte Schrift „Warum haben wir den Krieg verloren?“ [48]. Nach allen geschichtlichen Katastrophen hat man diese Frage gestellt und eine theologische Deutung gesucht. Jedoch ist mit einem simplen Tun-Ergehen-Zusammenhang zu kurz gegriffen. Hier liegt m.E. ein wesentlicher Punkt im Auge bzw. Herzen des Betrachters: Von der Schönheit sagt man, dass sie im Auge des Betrachters liegt. Für den Deuter der Geschichte und der Gegenwart liegt er im Glauben, wie Helmut Thielicke trefflich gesagt hat. Hier ist die Wurzel allen Verstehens und auch allen Irrens: Denn nur der, der den Wirt dieser Welt in seine Rechnung mit einbezieht, wird richtig rechnen. Unterwirft man in menschlichem Hochmut Gott dem menschlichen Denken oder Berechnen, so muss man an der Frage irre werden, wie es Friedrich Nietzsche wurde. Das Handeln Gottes ist nicht rational oder berechenbar: Wer nicht Gott Gott sein lässt und sich unter sein Wort stellt und sich seinem Willen beugt, der muss an diesem Gott irre werden oder verzweifeln. Dass seine Gedanken und Wege nicht die unseren sind, ist eben der entscheidende Punkt. Wo der Mensch sich und seine Möglichkeiten zu hoch einschätzt und die Gottes damit geringsetzt, wo der Mensch sich den handzahmen Gott nach seinem Gusto bauen will, da scheitert er an sich selbst und wird zum Spott [49]. Dann wird aus dem allmächtigen Gott nichts anderes als ein „Apfelgott“, wie Luther gesagt hat, oder auch ein strohfressender Ochse [50]. Paulus greift dieses treffliche Bild des 106. Psalms [51] an zentraler Stelle im Römerbrief auf: verwandelten die Herrlichkeit ihres Gottes in das Bild eines Ochsen, der Gras frisst“ [52]. Dies lässt Gott nicht mit sich machen und er überlässt den Menschen sich selber: Er gibt ihn dahin. Damit ist man aktuell an einem sehr brisanten Punkt angekommen. In der Sprache des Neuen Testamentes kann man es m.E. am besten mit dem Begriff „dahingegeben“ [53] gr. paradidomi fassen. Dieses Wort, das der Gerichtssprache entnommen ist [54], bezeichnet den Vorgang der Übergabe des verurteilten Delinquenten an den Henker zum Vollzug der Strafe. Der so Überantwortete hat damit jedes weitere Recht verwirkt. Übertragen heißt dies nichts anderes, als dass Gott den Menschen sich selbst überlässt und ihn laufen lässt, bis er an sich selbst und seinen Wünschen zugrunde geht. Das werbende Lieben Gottes kommt hier an seine Grenze. Diese Grenze ist das harte Herz [55] des Menschen, der sich von Gott nicht mehr rufen lässt, weil er ihm nicht mehr vertraut, sondern eben bei seinen Möglichkeiten bleibt und an ihnen zugrunde geht.
9. Brauchen wir die Katastrophe?
Das einzige Gegenmittel ist das Hören auf das Wort dieses Gottes. Und dieses Hören ist dem verstockten und hörunwilligen Menschen scheinbar, wie so oft in der Geschichte, nur möglich, wenn er selbst merkt, dass er mit seinem Latein am Ende ist: „ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen“ (Lk 15,18). So ist dies übertragen die menschliche Situation, die sich immer wiederholt: Thielicke hat das mit dem Terminus „Dieselbigkeit“ bezeichnet, also besonders in und nach geschichtlichen Katastrophen. Der völlige Zusammenbruch 1945 war eine solche Stunde. Hier kam ein neues (im Grunde altes) Fragen, wie es so weit kommen konnte. Große Theologen haben versucht, dies in dieser schweren Zeit zu beantworten. Und sie kamen zu dem Schluss, dass es sich hier um die Hybris des Menschen handelt, der dem falschen Abgott nachgelaufen ist. Es ist der immer wiederkehrende Wunsch des Menschen, sich einen Namen machen zu wollen (Gen 11,4), der sich immer in anderer Form wiederholende Turmbau zu Babel.
Thielicke und viele andere Theologen [56] sahen bereits im Geschehen des Ersten Weltkrieges im deutschen Zusammenbruch 1918 die Ursache des damaligen Hochmutes: Ausgelöst durch die unglaubliche technischen Entwicklung und die Vergötterung des eigenen Könnens und Schaffens, war es der Generation dieser Tage gar nicht möglich, daran zu denken, dass man den Krieg verlieren könnte. Man hatte doch seine hochentwickelte Technik der Waffen und die genialste Kultur von allen und glaubte nicht, dass dies gerade der Grund für den Weg in den Abgrund sein könnte. Und so wurden sie in ihrer Weisheit zu Narren, die an diesem goldenen Kalb [57], diesem modernen Turmbau zu Babel zu Grunde gingen. Weil man nicht den lebendigen Gott verehrte, sondern das Werk der eigenen Hände bzw. grauen Gehirnzellen. Der hochmütige Mensch richtete sich im Grunde selber: nichts anderes als das Dahingeben an sich selbst. Und dem Hochmut folgte der Fall. Der nationalsozialistische Religionsersatz mit dem Ersatzmessias Adolf Hitler führte über die unfassbaren Erfolge des Dritten Reiches in den totalen Zusammenbruch. Und so brach 1945 bei vielen Menschen mehr zusammen als eine Weltanschauung oder ein Staatssystem: Hier brachen religiöse Anschauungen zusammen. Der Wahnsinn konnte – theologisch gesehen – gar nicht anders enden als in dem tiefen Fall, den Deutschland tat, weil es sich an das sichtbare goldene Kalb hängte, das man sich selbst zusammenbaute und anbetete. In der Stunde Null kam dies vielen sehr schmerzlich zu Bewusstsein. Wie das Erwachen aus einem bösen Traum. Und gerade darin liegt die Gnade in Gottes Gericht, dass er in solch schwerer Stunde zur Besinnung rief und dieser Ruf so eindringlich war, dass man sich ihm nicht mehr entziehen konnte. Wer hätte es leugnen können, dass man dem falschen Götzen nachgelaufen war, der so viele verführt hatte? Das Befriedigen vieler religiöser Bedürfnisse hat dazu geführt, dass viele Menschen geblendet und verführt wurden.
Edmund Schlink hat direkt nach dem Zusammenbruch 1945 die Lage theologisch analysiert und herausgearbeitet, dass es nur einen Weg gibt, die Gerichte Gottes zu verstehen und sich unter den Willen Gottes zu beugen: Es ist der Weg der Buße. In diesem Licht erscheint die Strafe nicht nur als reines Gericht sondern lässt zudem die Gnade am Horizont erkennen. Kirche hat nach Schlink da eine Vorreiterrolle gehabt: „Die Kirche wurde bereits in Not gestoßen, als die anderen noch die Fülle hatten. Haben wir es da nicht erfahren, dass alle Schläge der Menschen, die uns da trafen, göttliche Segnungen waren, dass alle Unsicherheit tiefste Geborgenheit und alle Leiden höchste Freuden wurden, wenn wir Gott recht gaben und uns als Sünder unter seine Gerichte beugten?“ In dieser Sichtweise bekommt das Gericht ein völlig neues Gesicht. Ähnlich wie das Kreuz: Aus dem Hinrichtungsgerät grausamster Art wird das Zeichen des Heils und der Rettung. In der Grausamkeit der brutalsten Hinrichtungsmethode wählt Gott einen Weg der Erlösung, den wohl kaum ein Mensch ersinnen kann.
10. Sola fide!
Der Weg Gottes und sein Wille ist aber nur im Glauben zu erfassen: Der Nichtglaubende kann hier nur den Kopf schütteln, weil es diametral gegen das Denken des Menschen geht. Nehmen wir das Kreuz als Zeichen, das in vielen christlichen Häusern in allen Formen und Varianten anzutreffen ist. Wollte ich es nur als Hinrichtungsgerät sehen, müsste man an der geistigen Gesundheit des Wohnungsinhabers zweifeln: Wer würde sich als Schmuck einen Galgen oder eine Guillotine ins Regal stellen oder an die Wand hängen? Man würde sicher etwas seltsam beäugt werden, wenn man diesen Zimmerschmuck wählen würde. Hier wird der Maßstab Gottes und der Maßstab des Menschen sichtbar: Diese waren und sind verschieden. Ohne den Glauben ist das nicht zu fassen. So auch im Weltlauf: Der Plan und die Handlungen Gottes sind nicht mit menschlichem Denken zur Deckung zu bringen. Die „Hure Vernunft“ versagt hier kläglich. Auch kann man nicht das Schema „Aktion – Reaktion“ erkennen. Es ist anders als bei rein menschlichem Handeln. Gott als der ganz andere handelt immer wieder gegen menschliche Maßstabe und gegen alle rationale Vernunft. Er sieht tiefer und weiter als wir, und unser Maßstab ist und wird nicht der Seine. Sehen wir es in der von Schlink aufgezeigten Weise, muss man sagen, dass Gott recht hat und wir es als „unnütze Knechte“ (Lk 17,10) verdient haben, wenn die Gerichte Gottes ergehen. Es handelt sich um die reformatorische Radikalität des gefallenen und erlösungsbedürftigen Menschen. Schlink konnte sagen: „der Zusammenbruch Deutschlands ist nicht nur Menschenwerk, sondern Gottes Werk, nicht nur göttliche Zulassung, sondern Gottes Tat. Er hat die hochfahrenden Pläne der Menschen zerschlagen“.
Es ist die Aufgabe, an diesem Punkt tiefer zu sehen und allein auf den Herrn der Geschichte zu sehen und ihn zu bitten, dass er die Seinen in der Zeit bewahre: Dies geschieht gegen alle menschliche Vernunft und Einsicht. Mit Wilhelm Busch muss man sagen: „wer in Glaubensdingen den Verstand befragt, bekommt unchristliche Antworten“. Deshalb ist es heute die Aufgabe, in allem Geschehen, den Herr zu bitten, dass er uns durch den Wellengang der Geschichte begleiten und behüten möchte. Alles menschliche Denken kann irren und jede zeitpolitische Einschätzung kann falsch sein: Es hat sich manches trojanische Pferd als Verhängnis erwiesen in der Geschichte. Deshalb ist gerade in Taumelzeiten der Blick auf das Fundament so wichtig. Der Felsengrund des göttlichen Wortes, das die Zusage an seine Kirche ist und auch bleiben wird, muss von allem zeitgeistlichen Treibsand gereinigt werden, der es zuzuwehen droht. Die Besinnung auf das unverrückbare Wort Gottes – gegen allen Augenschein und alle Täuschung – ist Not. Die über die deutsche Christenheit hereinbrechenden Gerichte, die man gar nicht so deutlich wahrnimmt – der Versucher kommt hier auf Filzpantoffeln geschlichen, nicht in genagelten Stiefeln, die man weithin hört! – müssen uns als Kirche munter machen: Der Zerfall des Glaubens und der Kirche (Kirche ist so gesehen nichts anderes als der gestaltgewordene Glaube!) dürfen uns nicht zum Blick auf das falsche Feldzeichen verführen. Sonst taumelt die Christenheit in Deutschland weiter dem Untergang entgegen, und es bedarf härterer Gangart, als wir das bislang erfahren haben im Wohlstandstraum unserer Tage.
Konkret: Wir müssen als Jünger und Kirche Christi umkehren: weg von den selbsterwählten Wegen und Werken zur Glückseligkeit! Schluss mit der immer abstruser werdenden neuheidnischen Weltseligkeit. Hin unter das Kreuz Christi! Umkehr vom Pilgerweg der Klimagerechtigkeit und des Genderwahns zu dem lebendigen Gott, der klare Befehle erteilt hat, die bis zum Ende der Zeit Geltung haben: „Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistesund lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe“. Nur wenn wir diesem Befehl gehorchen, gilt die Verheißung: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“, denn er sagt auch:„Ohne mich könnt ihr nichts tun!“ (Joh 15,5).Gar nichts außer kirchlichem Klimbim.
[1] Vom Gericht wird in der Lutherbibel 175-mal in 173 Versen gesprochen (nach SESB). Der Terminus hebr. schäfät findet sich in BHS 227-mal in 207 Versen. Der Terminus gr. Krisis wird im NTG 47-mal in 46 Versen verwendet, in der LXX 263-mal in 246 Versen. Es darf also von einer breiten exegetischen Textgrundlage ausgegangen werden.
[2] 1 Petr 4,7; Jer 25,29. Edmund Schlink hat das sehr dezidiert herausgearbeitet: Der Ertrag des Kirchenkampfes. Gütersloh2, 1947. S. 78ff. Thielicke verweist in seiner Ethik darauf, dass hier das erste Kriterium eines biblischen Gesamtrahmens ist, um die Botschaft der Kirche an die Welt theologisch sagen zu können. ThE II,1, 563 (§ 2107). Er bezieht sich genau auf diese Bibelstelle.
[3] Hes 3,27
[4] Mt 7,16.20.
[5] Off 3,16.
[6] Predigt Luther über Ps 65. WA 37, 425 – 450. Zit. nach Mülhaupt, Erwin: Luthers Psalmenauslegung, Bd. 2, Göttingen 1962, S. 286.
[7] Hebr. tarelah kommt neben Ps 60,5 noch bei Jes 51,17.22 vor. Vgl. zudem Ps 75, 9; Jer 25,15-26.
[8] Joh 14,6.
[9] Interessantes Resümee: Ein halbes Jahr danach: was ist aus dem Predigtstreit geworden? IDEA-Spektrum30/2015 S. 16-18.
[10] WA 38, 41, 28 – 42, 3.
[11] https://www.ekd.de/download/kirche-der-freiheit.pdf
[12] ThE III, 50.
[13] De libertate christiana. WA 7, 49,15 – 73,15.
[14] Thielicke interpretiert in diesem Sinne die Gleichnisse vom Schalksknecht und verlorenen Sohn: Das Bilderbuch Gottes, S. 225ff.
[15] Ex 17,15; Num 21,8f; 26,10; Ps 60,6; Jes 5,26; 11,10.12; 13,2; 18,3; 30,17; 31,9; 33,23; 49,22; 62,10; Jer 4,6.21; 50,2; 51,12.27; Ez 27,7.
[16] I walked through a county courthouse square
On a park bench an old man was sitting there
I said, “Your old courthouse is kinda run down”
He said, “No, it’ll do for our little town”
I said, “Your old flagpole has leaned a little bit
And that’s a Ragged Old Flag you got hanging on it”
He said, “Have a seat,” and I sat down
“Is this the first time you’ve been to our little town?”
I said, “I think it is” He said, “I don’t like to brag
But we’re kinda proud of that Ragged Old Flag
You see, we got a little hole in that flag there when
Washington took it across the Delaware
And it got powder-burned the night Francis Scott Key
Sat watching it, writing ‘Say Can You See’
And it got a bad rip in New Orleans
With Packingham and Jackson tuggin’ at its seams
And it almost fell at the Alamo
Beside the Texas flag, but she waved on though
She got cut with a sword at Chancellorsville
And she got cut again at Shiloh Hill
There was Robert E. Lee, Beauregard, and Bragg
And the south wind blew hard on that Ragged Old Flag
On Flanders Field in World War I
She got a big hole from a Bertha gun
She turned blood red in World War II
She hung limp and low by the time it was through
She was in Korea and Vietnam
She went where she was sent by her Uncle Sam
She waved from our ships upon the briny foam
And now they’ve about quit waving her back here at home
In her own good land here she’s been abused
She’s been burned, dishonored, denied, and refused
And the government for which she stands
Is scandalized throughout the land
And she’s getting threadbare and she’s wearing thin
But she’s in good shape for the shape she’s in
‘Cause she’s been through the fire before
And I believe she can take a whole lot more
So we raise her up every morning, we take her down every night
We don’t let her touch the ground and we fold her up right
On second thought, I do like to brag
‘Cause I’m mighty proud of the Ragged Old Flag
[17] “Me And Crippled Soldiers”
Now that it’s alright to burn the stars and stripes
Yes, nobody really needs old Uncle Sam
Might as well burn the bill of rights as well
And let our country go straight to hell
Only me and crippled soldiers give a damn
Should they throw away their purple hearts and hide their uniforms
And be proud to hear old glories on the ground
Somebody said, they’d take us without firing a shot
I don’t know if they will or not
But only me and crippled soldiers give a damn
Has the holocaust been so long? Is Hitler really gone
As we burn our only cause for Vietnam?
There’s the mom who lost her son
Is this the freedom that we won?
For only me and crippled soldiers give a damn
I’ve been known to wave the flag before
And saddened when we went to war
Fighting for the symbol of our land
For all the wars we fought and won to keep old glory waving
Today, they ruled to burn old glory down
And only me and crippled soldiers give a damn
[18] Vgl. auch Mk 4,11; Lk 8,10!
[19] Loewenich, Walther von: Luthers Theologia crucis, Bielefeld6, 1982.
[20] Körtner, Ulrich H.J.: Für uns gestorben? Die Heilsbedeutung des Todes Jesu als religiöse Provokation? In: Grünwaldt, Klaus/Hahn, Udo (Hrsg): Kreuzestheologie – kontrovers und erhellend, Hannover 2007, S. 203.
[21] WA 1, 362, 20-33. Sehr gute Übersetzung: LDSta 1, 52, 31 – 53,10.
[22] Zur Mühlen, Karl Heinz: Das Kreuz Jesu Christi und die Kreuzesnachfolge bei Martin Luther. In: Für uns gestorben? Die Heilsbedeutung des Todes Jesu als religiöse Provokation? In: Grünwaldt, Klaus/Hahn, Udo (Hrsg): Kreuzestheologie – kontrovers und erhellend, Hannover 2007, S. 121-126.
[23] Das NTG verwendet die zwei Begriffe gonia und akrogoniaios.
[24] Schon wieder ein militärischer Terminus: Das NTG verwendet die feminine Form nikee nur an dieser Stelle. Ansonsten das Neutrum gr. nikos Mt 12,20; 1 Kor 15,54f.57.
[25] Die Aufforderung sind nicht zu fürchten findet sich im AT 135-mal: vgl. exemplarisch Gen 21,17; 26,24: Gen 21,17 zeigt, dass genau diese Furcht Gottes das Entscheidende ist. Das völlige Vertrauen Abrahams gründet in seiner Gottesfurcht, weil er weiß, er allein weiß, was richtig ist.
[26] „Theologus crucis dicit, id quod res est“: der Theologe des Kreuzes sagt, was die Sache ist. 21. der HeidelbergerThesen. Zit nach LDStA I, 52, 32f bzw. 53,39f. WA I, 362, 21f.
[27] WA 3, 367, 34-39. Übersetzung nach Mülhaupt, Erwin: Luthers Psalmenauslegung, Bd 2, Göttingen 1962, S. 279.
[28] Helmut Thielicke verweist diesbezüglich auf das Gleichnis. ThE II,2, 298, Anm. 3.
[29] Ulrich Körtner warnt hiervor eindringlich: Für uns gestorben? Die Heilsbedeutung des Todes Jesu als religiöse Provokation? In: Grünwaldt, Klaus/Hahn, Udo (Hrsg): Kreuzestheologie – kontrovers und erhellend, Hannover 2007, S. 203.
[30] WA 3, 330, 4-32. Übersetzung nach Mülhaupt, Luthers Psalmenauslegung. Bd. 2, Göttingen 1962, S. 254f.
[31] cum iratus fueris misericordiae recordaberis.
[32] Der Zusammenhang von Segen und Fluch drückt sich exegetisch in der Kombination von hebr. beraka und kelallah aus: Gen 27,12; Dtn 11,26.29; 23,6; 30,1.19; Jos 8,34; Neh 13,2; Ps 109,17; Sach 8,13.
[33] Recht und Grenze der Gerichtpredigt. In: Steinwand, Eduard: Verkündigung, Seelsorge und gelebter Glaube, Göttingen 1964, S. 66.
[34] Ich verweise auf die Genderbestrebungen, die Sprachgerechtigkeit, die Klimagerechtigkeit usw. Dies hat mit der Gerechtigkeit von der wir theologisch reden so viel zu tun wie der Igel mit dem Staubwischen. Rö 1,17; 3,21.
[35] Meißner, Stefan: Gottes Handeln in der Geschichte. Plädoyer für eine neue Geschichtstheologie, DPB 115, 8/2015, S. 432-437.
[36] Ex 34,14. Vgl. Ex 20,5; Dtn 4,24; 5,9; 6,15. Das Stichwort ist: el-kanah.
[37] Jer 25, 9; 43, 10.
[38] ThE II, 2, 298. ThE II,1, 565 (§ 2118).
[39] Ich werde dies exegetisch in einer eigenen Abhandlung ausführen.
[40] ThE II,2, 298.
[41] ThE II,1, 254f.
[42] ThE II,1, 566 (§2120). In sehr interessanter Weise verweist er auf die doppelte Verwendung des Wortes gamal als Vergelten und Entwöhnen: aaO. Anm. 5.
[43] ThE II,1, 565 (§ 2115). Er weist auf Jes 59,1f; Rö 1,18.26f. hin.
[44] Lk 15,20 ist die Kernstelle für dieses Verhalten Gottes: der sich erbarmende Vater, dessen Herz sich im Leibe herumdreht, als er seinen verlumpten Sohn kommen sieht, läuft ihm entgegen und fällt ihm um den Hals und macht aus dem völlig Verkehrten sein geliebtes Kind in allen Ehren. Hier ist der Angelpunkt, um Gottes Handeln zu begreifen.
[45] Der Terminus des AT dazu: leb und bachan. Er findet sich im AT an folgenden Stellen, auf die auch Thielicke verweist. ThE II,1, 564, Anm. 9: Ps 7,10; 17,3; 26,2; Spr 17,3; Jer 11,20; 12,3; 17,10; 20,12. Zudem 1 Thess 2,4 und Off 2,23 im NT: hier: dokimazobzw. etazo und kardia.
[46] Thielicke, Helmut: Der Evangelische Glaube. Bd 3, Tübingen 1978. S. 577. So auch in der Ethik: ThE II,1, 886f.
[47] Geschichte und Existenz. Grundlegung einer evangelischen Geschichtstheologie, Gütersloh 1935.
[48] Speyer 1945.
[49] Ps 2,4; 59,9.
[50] Ps 106,20.
[51] Die Aussagen der sog. Geschichtspsalmen sind hier völlig eindeutig: vgl. bes. Ps 78.
[52] Rö 1,23.
[53] Die Vokabel wird 117 mal im NT verwendet. 238-mal findet sie sich in LXX. Rö 1,24.26-28 sind die unweigerlichen Folgen genannt und hier wird es für den Menschen kritisch.
[54] THWNT
[55] Sklerokardia Mt 19,8; Mk 10,5; 16,14 und Apistia Mt 13,58; Mk 6,6; 9,24; 16,14; Rö 3,3; 4,20; 11,20.23; 1 Tim 1,13; Hebr 3,12.19 sind hier exegetisch zu untersuchen: Das Ergebnis ist m.E eindeutig.
[56] Folgende Schriften dieser Zeit sind von Bedeutung: Thielicke, Helmut: Gericht und Heimsuchung, Tübingen 1948. Walther von Loewenich: Die Stunde der göttlichen Heimsuchung, Stuttgart 1946. Schlink, Edmund: Der Ertrag des Kirchenkampfes, Gütersloh, 1947. Ders.: Die Gnade in Gottes Gericht. Gütersloh 1946. Gollwitzer, Helmut: Und führen wohin du nicht willst. Barth, Karl: Die evangelische Kirche in Deutschland nach dem Zusammenbruch des Dritten reiches. Zürich 1945. Ders.: Eine Schweizer Stimme. 1938 – 1945; Zollikon-Zürich; 1945. Ders.: Ein Wort an die Deutschen. Stuttgart 1945.
[57] Ex 32,4.
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