Zur Kuseler Eingabe

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Der Landeskirchenrat hat eine Eingabe von 4 Geistlichen d.d. 14 Dezember 1923 in Abschrift an die Dekanate hinausgegeben und dazu bemerkt, daß diese Eingabe eingehend und seines Erachtens zutreffend die Verhältnisse darstelle. Der Pfarrverein hat nur auf dem Wege über das Dekanat von dieser Eingabe Kenntnis erlangt und sieht sich zu nachfolgenden Ausführungen veranlaßt. Tatsächliche Unrichtigkeiten der Eingabe sollen dabei nicht weiter in Betracht gezogen werden, wie die Behauptung, die Pfarrervereinsversammlung habe die jetzige Stellungnahme des Landeskirchenrates in Fragen des Pfründestiftungsverbandes sich nur aus einer gewissen Aengstlichkeit erklären zu können glaubt, oder es seien nur etwa 6 Geistliche aus der Nord- und Westpfalz zugegen gewesen, während es ausweislich Präsenzliste 10, ein volles Fünftel der Versammlung waren. Ebenso möge eine kurze Zurückweisung der Behauptung des Schlußsatzes genügen, daß andere dem Sinne der Eingabe widersprechende Bestrebungen der sachlichen Grundlagen entbehrten, desgleichen genüge der Hinweis um die Entstehung eines falschen Bildes zu verhüten, daß es sich bei der Zustimmung der Nichtpfründeinhaber des Dekanatsbezirks Kusel nach Lage der Sache nur um einen einzigen gehandelt haben kann, den von Dennweiler-Frohnbach. Daß ein Unterzeichner der Eingabe dem Beschluß des Pfarrvereins am 5. Dezember zugestimmt hat, sei nur nebenbei festgestellt. Es wird eine Regelung der Pfründeangelegenheit erstrebt, deren Vorteile für den Dekanatsbezirk Kusel nicht bestritten werden können, die aber in ihren Auswirkungen auf den Bereich der ganzen Landeskirche noch zu prüfen ist.

Die Eingabe geht von der Voraussetzung aus, daß die Verhältnisse in absehbarer Zeit gleich oder ähnlich unsicher sein werden wie im Jahre 1923. Gibt man dies als richtig zu, wiewohl die Erfahrungen der letzten Wochen die Möglichkeit einer Consolidierung nicht ausgeschlossen sein lassen, so muß man die gleiche Voraussetzung der Unsicherheit auch gelten lassen für die Mittel, die durch Auflösung des Pfründestiftungsverbandes in erhöhtem Maße für die pfründelosen Pfarrer frei werden sollen. Die Erfahrung zeigt, daß die Hauptquelle, die Kirchensteuer, in Zeiten rapiden Währungsverfalls eine völlig unsichere ist. Die andere Möglichkeit, die sogenannten gehobenen Stellen zu übertragen, kommt nach unserer Schätzung in etwa 25 Fällen in Betracht, wenn mit der betreffenden Pfarrstelle eine Pfründe von mindestens 300 Ar verbunden ist. Wir hätten dann die Lösung, daß ein volles Fünftel der Pfarrstellen auf die unsicheren Erträgnisse der Kirchensteuer verwiesen werden muß. Daß dies vermieden werden muß, so lange ein anderer Ausweg besteht, ist klar. Der Umstand, daß seit Bestehen des Pfründestiftungsverbandes eine Reihe von Stellenveränderungen erfolgte, die beim Wegfall dieser Voraussetzung nicht erstrebt worden wäre, mag eine untergeordnete Rolle spielen.

Zu klarer Beurteilung der Frage: Empfiehlt sich die Aufhebung des Pfründestiftungsverbandes? ist unbedingt nötig, scharf zu scheiden zwischen Gründen, die gegen eine zentrale Verwaltung der Pfründen überhaupt sprechen und Gründen, die es unter den gegenwärtigen Verhältnissen für notwendig erscheinen lassen, den Pfründestiftungsverband, wenn auch nur für Zeit, aufzuheben. 

Das für und wider Pfründestiftungsverband ist reichlich erwogen worden von der Kirchenbehörde, von General- und Landessynoden, von den Geistlichen bei privaten Zusammenkünften und von der Standesvertretung der Pfarrer. All diesen Erörterungen wurde ein Ende gemacht durch den Beschluß der Landessynode vom 18. November 1921: Errichtung eines Pfründestiftungsverbandes. Es hieße die fast 25jährige Geschichte des Pfarrervereins verleugnen, wollte man aus allgemeinen Gründen den Pfründestiftungsverband nach zweijähriger Dauer wieder aufgeben. Es erübrigt sich darum auch, auf die Begründung der Eingabe unter Nr. 1, 5 und 6 näher einzugehen, da diese Gründe gegen den Pfründestiftungsverband überhaupt sprechen würden.

Unzweifelhaft steht dagegen fest, daß die ursprünglich gewählte Form der Verwaltung des Pfründestiftungsverbandes unter den heutigen Verhältnissen nicht haltbar ist. Sie arbeitet bei aller Gewissenhaftigkeit und Pünktlichkeit zu langsam, zu teuer und kann sich den verschiedenen örtlichen und zeitlichen Verhältnissen nicht rasch genug anpassen. Gibt es nun einen Weg, die Vorteile des Verbandes zu erhalten und seine offenkundigen Nachteile auszuschalten? Nach der Meinung des Pfarrervereins ist dieser Weg gewiesen durch die dankenswerte Anweisung des Landeskirchenrates für die Verteilung der Pfründeerträgnisse des letzten Jahres. Gewiß haften diesem Versuch bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und bei den denkbar ungünstigsten Währungsverhältnissen jener Wochen noch mancherlei Mängel an. Aber der Grundgedanke ist zweifellos richtig, daß der Pfarrer zur Verwaltung der örtlichen Pfründe, solange die gegenwärtigen Verhältnisse dauern, in anderem Maße herangezogen werden muß, als ursprünglich beabsichtigt war. Die selbstverständliche Voraussetzung, daß der Pfarrer mit gleicher Gewissenhaftigkeit und Treue die Verwaltung führt, ob es er nun für eigenen Nutzen tut, oder auch zum Vorteil seiner Kollegen, sollte nicht erst ausgesprochen werden müssen. Wenn der Satz der Kuseler Eingabe: Der Pfarrer wird seinem Gute Vorteile zukommen lassen, die es von einem treuen Hausvater und persönlichen Anteil nehmenden, gewissenhaften Verwalter und Nutznießer erwarten darf, nur gelten sollte für die Bewirtschaftung der Güter ausschließlich zu eigenem Nutzen, so würden sich nicht allzuviele mit diesem Satze identifizieren. Wenn übrigens der mit diesem Satze gerühmte des Pfründebesitzers wirklich bei der Selbstbewirtschaftung ausgelöst wird, so gibt es schon längst keine versauerten Wiesen und nassen Stellen in Aeckern mehr, denn die sind doch bei der jahrzehnte-, ja jahrhundertlangen Selbstverwaltung längst verschwunden. Der Pfarrerverein möchte auf dem vom Landeskirchenrat vorgezeichneten an einer befriedigenden Lösung der Frage mitarbeiten. Er schlägt daher, um Ungeschicklichkeiten und Fehlgriffe bei der Pfründeverwaltung vorzubeugen, die Zuziehung eines sachverständigen Geistlichen vor, insbesondere für Verpachtungen und Pachteinigungen. Soll nach der Kuseler Eingabe sogar jeder Pfründebesitzer einen vorbildlichen, kulturfördernden landwirtschaftlichen Betrieb führen, so dürfte es doch wenigstens möglich sein, die genügende Anzahl sachverständiger Berater zu finden. Bei dieser Art der Verwaltung ließen sich die Kosten auf ein geringes Maß herabdrücken. Ebenso wäre die nötige Elastizität für Verpachtungen gewonnen, um Ertragsverbesserungen zu erreichen. Durch kleinere Aenderungen ließen sich ebenfalls Verbesserungen erzielen. So hat sich für die Landauer Gegend der Mannheimer Börsenpreis als ungünstig erwiesen und anstandslos wurde von den Pächtern der Landauer Lagerhauspreis bewilligt, der nur in Franken notierte. Auch die Spannung zwischen Septemberpreis und Martinizahlung wurde hier in allen Fällen ohne Weiteres beseitigt. So ließen sich wohl die Erfahrungen dieses Jahres dazu verwerten für nächstes Jahr einen leichteren Vollzug zu sichern. Denn die Behauptung der Kuseler Eingabe, daß von dem Teile der für Nichtpfründebesitzer zur Ablieferung gelangten Pachtzinsen so wenig übrig blieb, daß von einer nennenswerten Unterstützung oder gar Zufriedenstellung der Pfarrer ohne Pfründe auch nicht im entferntesten die Rede sein könne, ist für die hiesige Gegend durchaus unzutreffend. Abgesehen von einem einzigen Falle, in dem eine wenig glückliche Vereinbarung getroffen wurde, herrscht hier volle Zufriedenheit. Nur über das Maß der Zuweisung blieben bei einzelnen kleineren Pfründebesitzern noch Wünsche offen. Dies alles bestimmt den Pfarrerverein zu der Bitte, man möge an die vorläufige Aufhebung des Pfründestiftungsverbandes nicht herantreten, bevor nicht der Versuch eines Ausbaues des diesjährigen Verfahrens gemacht ist. Auch der vielfach gewünschten Selbstbewirtschaftung stünde dies nicht im Wege. Daß freilich bei Auflösung des Pfründestiftungsverbandes bestehende Verträge kündbar werden, ist uns bekannt und scheint uns unzweifelhaft. Zum mindesten ist es sittlich so wenig einwandfrei, daß die Kirche diesen Weg nicht beschreiten dürfte.

Eine ganz andersartige Erwägung könnte zu dem Gedanken an die Auflösung des Pfründestiftungsverbandes führen. Als man sich für die zentrale Verwaltung der Pfründen zu erwärmen begann, herrschte noch das reine Fassionsanschlagssystem. Als der Pfründestiftungsverband geschaffen wurde, galt die Einkommensermittlung für ein Jahrfünft. Dermalen wird das tatsächliche Einkommen des Vorjahres festgestellt und Pfarrpfründestiftung und Geistliche sind, wie die Hauptverwaltung des prot. Kirchenvermögens der Pfalz schreibt, bei der Verwaltung des Pfründevermögens nur noch Vollzugsorgane des Staates. Dadurch wird das Interesse an der gemeinschaftlichen Verwaltung des Pfründevermögens wesentlich gemindert. Denn Mehrerträgnisse kommen bei stabilen Verhältnissen alsbald der Staatskasse zu gut. Es dürfte dann zu prüfen sein, ob sich der ganze Apparat der zentralen Verwaltung noch lohnt. Es könnte leicht der Fall eintreten, daß Geistliche dann dem Vollzug des Art. 1 Abs. 2 des Seelsorgereinkommensergänzungsgesetzes Schwierigkeiten entgegensetzen und umgekehrt in einem Mißjahre die Hilfe der Landeskirchenkasse von denjenigen angerufen wird, die jetzt für die Auflösung des Pfründestiftungsverbandes sich einsetzen. Ob nicht auch unter diesem Gesichtspunkte die Aufrechterhaltung des Pfründestiftungsverbandes zu prüfen ist, möge nur angedeutet werden.

Queichheim, den 07. Januar 1924

Pfälz. Pfarrerverein, Stichter

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