Gemeinde / Gemeinschaft – Ehrenamtlichkeit

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Theodor Hofäcker
Im Brühl 7, 67125 Dannstadt-Schauernheim

1.Gemeinde / Gemeinschaft – wird schon in der Lebensbeschreibung der christlichen Urgemeinde festgehalten. Neben der »Lehre der Apostel« stehen die koinonia, und dann das »Brotbrechen« und das »Gebet« (Apg. 2, 42). So ist ihr Leben beschrieben. In ihrem alltäglichen Leben nimmt die junge Gemeinde der ersten Christen das auf, was schon vorher der irdische Jesus mit seinen Jüngern, Freunden und Freundinnen und vielen Bekannten lebte, die Gemeinschaft im Glauben.

In dieser Gemeinschaft miteinander unterwegs sein; Gespräche führen, Diskussionen durchstehen, Auseinandersetzungen ertragen, zu neuen Einsichten kommen, frei sein, miteinander beten und in froher Gesinnung leben.

Der Apostel Paulus nimmt die Zielvorstellung auf, in dem er die Gemeinschaft in der Kirche im Korintherbrief beschreibt im Bild des Leibes und seinem Zusammenwirken in seinen vielen Gliedern. Er schließt den Vergleich und faßt das für die Gemeinde so zusammen: »Ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Glied« (1.Kor.12, 27).

Ekklesia scheint eine veränderte Zielvorstellung anzusprechen. Die unterschiedliche Übersetzung von ekklesia im NT in der Lutherbibel definiert das Theologische Wörterbuch im Neuen Testament so, daß immer »das selbe Wort gebraucht ist, während wir üblicherweise bald von Kirche, bald von Gemeinde sprechen«. Wesensmäß-Gemeinde/Gemeinschaft-ig gibt der Begriff aber den angesprochenen Inhalt wieder.

Erst Jahrhunderte später werden besondere Teile der Christenheit dann als »Eremiten«, »Einsiedler« und Mönche beschrieben. Als besondere Qualität tritt da des Einzelnen »Heiligkeit im Glauben« nun in den Vordergrund. Von wenigen Ausnahmen abgesehen brauchten aber auch sie »Gemeinschaft«, um zum Leben der Kirche zu gehören. Im Miteinander-sein erfüllt sich christliches Leben.

2. In den »Perspektiven und Schwerpunkte kirchlicher Arbeit« aus Bayern wird heute der allgemeine kirchliche Auftrag als Zielvorgabe in vier Grunddimensionen so entfaltet:

* martyria
Zeugnis und Orientierung Glauben entdecken und für die Einsichten des Glaubens einstehen
* leiturgia
Gotteserfahrung und Selbstbesinnung – Zu Gott und sich selbst finden 
* koinonia
Gemeinschaft Einander begegnen und miteinander leben
* diakonia
Hilfe und Begleitung Zuwendung erfahren und Verantwortung übernehmen

In der Einzelbeschreibung im Handlungsfeld -gemeindeaufbau und gemeindeentwicklung–Gemeinde/Gemeinschaft- wird der besondere Bereich theologisch und soziologisch so entfaltet:
* Zum Glauben, zur Gemeinschaft und zur Mitarbeit einladen,
* Gemeinde in verschiedenen Lebensphasen, Gemeindeleben gestalten.

Es ist unsere Aufgabe, Menschen in ihrer von Gott gegebenen Individualität und Beziehungsfähigkeit zu stärken und zu gewinnen, sie im Glauben zu bestärken und für die Mitarbeit am Auftrag der Kirche zu motivieren.« Die vielfältigen Gaben der ehren-, neben- und hauptamtlichen Mitarbeitenden begreifen wir so als ein Geschenk. »Es trägt zu einem bereichernden Gemeindeleben bei, wenn unterschiedliche Gruppen und Aktivitäten miteinander vernetzt werden.

Die Gemeinschaft der Gläubigen braucht eine bewegliche und dynamische Kirche, in der neue Impulse und Visionen für das Zusammenleben entwickelt werden. ..(Sie) ist offen für unterschiedliches Teilnahmeverhalten: engagierte Mitarbeit, regelmäßiger Besuch von Veranstaltungen oder auch gelegentliche Teilnahme aus bestimmten Anlässen; ebenso für die Vielfalt und die verschiedenen Prägungen der Gemeinden« (a.a. O. S.10).

3. Unter den gängigen Gemeinschaftsformen in unseren Gemeinden sind besonders zu nennen:
* Krabbelgruppen, Kinder- und Jugendarbeit
* Altenarbeit in vielen Variationen,
* Frauenarbeit mit ihren zahlreichen Komponenten,
* Männerarbeit, wo sie noch gepflegt wird,
* andere Lebensformen in ihren vielen Gestalten: z.B. Single-Arbeit, Homo-Arbeit usw..
Diese Formen werden in der Beschreibung der »Zukunftsperspektiven« unserer Landeskirche (S. 19) unter dem Begriff »Ehrenamtlichkeit« angesprochen als »vielfältige Felder der Gemeinde«.
Diese einzelnen Handlungsbereiche werden weder in diesem Abschnitt noch sonstwo als direkte Aufträge an die Pfarrerinnen und Pfarrer eigens erwähnt (z.B. in einer »Dienstbeschreibung«). Sie sind auch nicht in der Verfassung unserer Kirche für Pfarrer und Pfarrerinnen (§ 17 KV) festgelegt. Sie werden aber wohl genannt in den Aufgaben des Presbyteriums (§ 13 Ziff. 2): »die Gemeindearbeit in allen Bereichen zu fördern«.

Eine Zwischenüberlegung:
Jede christliche Gemeinde / Gemeinschaft bedarf neben der Christuszentriertheit ihres Glaubens auch eine zeitorientierte Bestimmung in der Begegnung und in ihrer Lebensweise miteinander, eine hilfreiche Orientierung
in ihren Bedürfnissen und Wünschen,
in ihren Interessen und Absichten,
und in ihren subjektiven und ortsgebundenen Zielsetzungen.
Diese sind meist aus der kommunikativen Gemeinschaft vor Ort mit bestimmt. Im Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Absichten entstehen so verschiedene gemeindliche Vorstellungen für eine örtliche gemeinschaftliche christliche Existenz. Sie sind oft entstanden aus den je örtlich verschiedenen Wünschen und Zielvorstellungen. Neue, fremde Mitbewohner in der dörflichen/städtischen Gemeinschaft (zu der z.B. auch der nicht aus der gleichen Situation stammende Pfarrer gehört, der ja oft aus einer anderen Region kommt) können die örtlichen Anliegen oft nur einseitig programmieren oder lähmen oder auch unterdrücken. Nur die örtlich geäußerte Wünsche und Vorstellungen in der Gemeinde können zu den verschiedenen Gemeinschaftsformen entsprechende Anregungen bieten. Interessenten an neuen Gemeinschaften sollen Formen finden, in denen ihre Zielvorstellungen realisiert werden können. Forderungen an die Pfarrerinnen oder Pfarrer, dies zu verwirklichen, können von denen nur als -starthilfe- zum Beginn geleistet werden. Diese Pläne und Vorstellungen aufzunehmen und in eigener Verantwortung – in Absprache mit dem örtlichen Presbyterium – weiter zu pflegen, das soll die Aufgabe der Gemeinde und der Gemeinschaft im Glauben sein.
4. Das »Ehrenamt«, das diese einzelnen Gemeinschaften pflegt und trägt, ist gleichrangig mit den anderen Diensten und ist kirchliche Mitarbeit, wie die haupt- oder nebenamtlichen Dienste. Ehrenamt als »Priestertum aller Gläubigen« soll den anderen Diensten nicht unter- oder nebengeordnet werden. Sie alle sollen mit ihrer Vielfalt in der Gemeinde zur Geltung kommen. Auftrag und Umfang, wie die -gemeinschaften- leben, werden miteinander abgestimmt. Die Eigenständigkeit dieser jeweiligen Tätigkeit kann immer von Hauptamtlichen nur gefördert und beraten werden. An Entscheidungen in ihren Bereichen sind die ehrenamtlich Verantwortlichen selbstverständlich zu beteiligen.
In den -Rahmenrichtlinien für die Ehrenamtlichkeit in der Kirche- (ABl 1995, S.166) werden die nötigen Erfordernisse genannt; sie sind dort »stark geprägt vom Engagement ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern«. Die Verbindlichkeit auf Zeit ist zuzulassen. »Gemeinde auf Zeit.« Im Einzelnen wäre weiter nach den »Rahmenrichtlinien« unserer Landeskirche zu verfahren.

5. Gemeinde / Gemeinschaft (vgl. dazu »Zukunftsperspektiven« S.16 f) soll nach den ausgeführten Vorstellungen auch in der »Gemeindeleitung und Geschäftsführung« durch eine Entlastung im »Dienst der Hauptamtlichen effektiver gemacht werden«.

* Zunächst ist da die stärkere »Beteiligung der Presbyterien an der praktischen Gemeindearbeit« genannt. Die Mitwirkung an der gemeindlichen Zielvorgaben ist zu fördern.

* Weiter wird an eine »ehrenamtliche Betreuung einer Kirchengemeinde« gedacht, bis in die »Wahrnehmung des Gemeindepfarrdienstes«. Für kleinere Gemeinden werden auch Übernahme von »regelmäßigen Gottesdiensten« und »Zuständigkeiten für Amtshandlungen und Seelsorge« genannt.

* Die »Geschäftsführung« könne aus dem »Verantwortungsbereich des Gemeindepfarramtes herausgenommen« werden. Dazu wurden die einzelnen »Aufgaben der ehrenamtlichen Geschäftsführung« aufgelistet. – Eine wesentliche Forderung für eine mündig Gemeinde, die auf diese Weise Zeit und Energie für die Pfarrerinnen und Pfarrer für ihre Kernaufgaben als Theologinnen und Theologen einsparen läßt.

Daß die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer freiwilligen Aufgabe für die Gemeindearbeit von ihrer Pfarrerin oder ihrem Pfarrer angeleitet und begleitet werden, daß ihnen Hilfe von dieser Seite zuteil wird, das gehört zu den wesentlichen Dienstleistungen im Pfarramt. Fort- und Weiterbildung im Ehrenamt soll in der regionalen Zusammenarbeit erfolgen (vgl. Zukunftsperspektiven S. 22). Dazu sollen die Gesamtkirchlichen Dienste mitwirken.

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