Gestatten Sie, dass ich liegen bleibe – Eine Reise über die Friedhöfe von heute

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Thorsten Benkel, Matthias Meintzler, Gestatten Sie, dass ich liegen bleibe – Eine Reise über die Friedhöfe von heute, Taschenbuch im Kiwi-Verlag, 240 S., 8,99 Euro

Sabine Fritsch

Fachleute rund um Beerdigungen registrieren seit geraumer Zeit zunehmend Veränderungen in der Beerdigungskultur. Konnte man in der Vergangenheit durchaus Unterschiede bedingt durch die Konfessionen und auch in den Regionen feststellen, so wurden diese in jüngerer Zeit – mit kleineren Abweichungen – von einem gewissen Mainstream eingeebnet, hier sei beispielsweise nur „Das ewige Licht“ genannt, das sich plötzlich auch auf Gräbern von Protestanten fand. Nun aber gibt es deutlich sichtbar neue Ansätze. Zwei Soziologen, einer davon aus dem pfälzischen Kaiserslautern, der andere aus dem hessischen Groß-Umstadt haben mehr als 500 Friedhöfe im deutschsprachigen Raum besucht und dabei über 30.000 Fotos von Grabsteinen gemacht. Die eindrucksvollsten davon sind – mit entsprechenden, zum Teil überaus witzigen Kommentaren versehen – in diesem Taschenbuch gesammelt.

Der Spiegel schrieb „…über die Feldforschung der Autoren: „Der Friedhof von heute hat etwas von facebook; der Grabstein als letztes Profil, für Jahrzehnte in Stein gemeißelt“.

Nun muss man nicht unbedingt mit facebook vertraut sein, um zu staunen über „ergreifende, humorvolle, überraschende und rätselhafte Gräber und Inschriften“. Zeigen sie doch, wie Menschen heute umgehen mit Verlust, wie Beziehungsverhältnisse auf einem Grabstein öffentlich reflektiert werden, was Verstorbenen wichtig war, wie ihre Hobbys ihr Leben und dessen Ende prägten, welche Charakterzüge sie hatten und welche Verdienst ihnen zugeschrieben wurden. Etwas, was früher kaum denkbar gewesen war, nicht auf Friedhöfen, schon gar nicht auf kirchlichen Friedhöfen.

Auch die neuen Accessoires auf Gräbern mögen überraschen. Zwar gab es in der Vergangenheit manchmal auch einen besonderen Grab- oder Grabsteinschmuck, meist jedoch relativ schlicht und auch einheitlich im und zum Umfeld, so lassen sich heute auf Gräbern und/oder Grabsteinen Skier, Skateboards, Handys, Aschenbecher, Computermäuse oder Comicfiguren ausmachen. Was die beiden Autoren hier alles gefunden haben, ist oft erstaunlich, gelegentlich befremdlich, manchmal auch urkomisch. In jedem Fall aber mehrheitlich vergnüglich anzuschauen und zu lesen. Das Richtige, um die manchmal nötige Distanz zum Thema wieder zu finden.

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