Die Leser werden vielleicht darüber erstaunt sein, daß das Für und Wider den Pfründeverband in drei Artikeln in solcher Breite behandelt wird. Allein die Angelegenheit, die zur Diskussion steht, schien mir doch wichtig genug eingehend dargelegt zu werden. Mein Artikel war bereits geschrieben, als die beiden anderen in meine Hände gelangten. Ich habe die Kuseler Eingabe, welche die Unterzeichner weder dem Vorstand noch der Schriftleitung zugehen ließen, unverkürzt wiedergegeben, damit alle Kollegen in der Lage sind, den Standpunkt der Gegner des Pfründeverbandes kennen zu lernen, obwohl die Verfasser anscheinend mehr Wert darauf legten, auf den Landeskirchenrat einzuwirken als ihren Standpunkt vor ihren Kollegen zu rechtfertigen. Nachdem auch der Landeskirchenrat für eine Verbreitung der Denkschrift gesorgt und überdies ihren Inhalt gut zensiert hat, können sich die Unterzeichner gewiß beklagen, daß ihre Meinung unterdrückt oder totgeschwiegen worden sei.
Leider kann ich die Denkschrift nicht veröffentlichen ohne ein Wort der Mißbilligung auszusprechen über die Art und Weise, wie die Kollegen aus der Kuseler Gegend vorgegangen sind. Es ist zweifelsohne das unveräußerliche Recht jedweder Minderheit in einer Organisation, für ihren Standpunkt zu kämpfen. Die Gegner des Pfründeverbandes, die eine Minderheit in unserer Organisation darstellen, haben das in Neustadt getan. Sie sind unterlegen. Sie brauchten deshalb nicht zu schweigen. Sie konnten weiterhin für ihre Gedanken durch Wort und Schrift werben. Sie durften auch eine Denkschrift ausarbeiten und sie dem Landeskirchenrat übersenden. Aber sie mußten die Vorstandschaft davon verständigen. Sie mußten vor allem vielleicht durch eine Veröffentlichung im Pfarrerblatt versuchen die Mehrheit des Pfarrvereins für die eigene Anschauung zu gewinnen, um den Neustadter Beschluß umwerfen zu können. Sie haben das nicht getan. Sie haben den Pfarrverein geflissentlich übergangen und den Landeskirchenrat gebeten, den Pfründeverband gegen den Willen der Pfarrer aufzulösen, indem sie gleichzeitig die Verdächtigung aussprachen, die Stellungnahme des Pfarrvereins entbehre der sachlichen Motivierung. Das durften sie nicht tun. Sie sind der eigenen Organisation in den Rücken gefallen. Unter den Verfassern sind zwei Vertrauensmänner des Vereins. Vertrauensmänner sind vor allem dazu da mitzuhelfen, daß Vertrauen zu dem Verein bei den Mitgliedern wie bei der Behörde vorhanden ist. Ihr Vorgehen war geeignet, das Gegenteil zu erreichen. Die beiden Vertrauensmänner wußten im vergangenen Sommer die Vorstandschaft zu finden, als es galt, diese aufzumuntern, die Wünsche und Forderungen der Vereinsmitglieder in der Gehaltsfrage in Speyer zu vertreten. Die nämlichen Kollegen suchten jetzt die Durchsetzung der Forderungen des Pfarrvereins unmöglich zu machen. Das kann nicht gebilligt werden. Ich kenne die beiden Kollegen als eifrige Mitglieder des Pfarrvereins und will gerne glauben, daß sie sich der Konsequenzen ihres Vorgehens nicht bewußt gewesen sind. Im übrigen mögen auf Grund der 3 Artikel die Leser selbst beurteilen, wo die „sachliche Grundlagen entbehrenden Behauptungen“ zu suchen sind.
Unser Vorstand hat, sobald er auf Umwegen von der Denkschrift Kenntnis erhalten hatte, erkannt, daß hier Minen gegen die Arbeit des Pfarrvereins gelegt worden waren und daß es sich um eine Existenzfrage des Pfarrvereins sowohl dem Landeskirchenrat als den eigenen Mitgliedern gegenüber handle. Er hat darum sofort eine Gegenschrift ausgearbeitet in der Absicht sie dem Landeskirchenrat zu überreichen. Sodann begaben sich die Kollegen Stichter, Metzger, und Krück nach Speyer um beim Landeskirchenrat vorstellig zu werden. Sie wurden von dem Kirchenpräsidenten und von Oberkirchenrat Tillmann empfangen und sprachen ihr Befremden darüber aus, daß der Pfarrverein in der fraglichen Angelegenheit ganz übergangen worden sei. Es wurde ihnen versichert, daß das von Seiten des Landeskirchenrates nicht beabsichtigt gewesen sei. Es wurde ihnen ferner in entgegenkommender Weise erklärt, daß angesichts der Unsicherheit in der fraglichen Angelegenheit nicht getan werden solle. Die unsere Vertretung empfangenen Herrn standen auch dem Vorschlag, es im Jahre 1924 noch einmal mit dem Pfründestiftungsverband zu versuchen, nicht ablehnend gegenüber. Angesichts dieser erfreulichen Erklärung erwies sich eine Überreichnung der Gegenschrift als nicht mehr erforderlich. Die Leser finden sie in unserem Blatte nunmehr abgedruckt. Inzwischen hat die Kirchenregierung getagt und sich mit der gleichen Angelegenheit befaßt. Die Kirchenregierung hat den Standpunkt des Pfarrvereins eingenommen: Beibehaltung des Pfründeverbandes bei weitgehender Dezentralisation der Verwaltung. Der Pfarrverein kann mit diesem Ergebnis zufrieden sein.
Richard Bergmann
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