Die „Protokolle der Weisen von Zion“ und der Mythos der jüdischen Weltverschwörung[1]

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Prof. Dr. Michael Tilly
Evangelisch-theologische Fakultät, Liebermeisterstraße 12, 72076 Tübingen

Mit seinem historischen Kriminalroman „Der Name der Rose“ landete der italienische Schriftsteller Umberto Eco vor drei Jahrzehnten einen Welterfolg. Auch sein aktuelles Buch „Der Friedhof von Prag“[2] ist wieder ein historischer Roman. Im Mittelpunkt steht eine Verschwörung um den Meisterfälscher und Spion Simone Simonini als Urheber der sogenannten „Protokolle der Weisen von Zion“. Während Simonini als erfundener Charakter der Phantasie Umberto Ecos entsprungen ist, sind die „Protokolle“ ein tatsächlich vorhandener Text, der noch heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, wahrgenommen und von viel zu vielen Menschen für wahr genommen wird. 

Der Inhalt dieses Vortrags besteht in der Darstellung des Charakters, der Entstehung und der Wirkungsgeschichte dieses berüchtigten Textes, der bis auf den heutigen Tag entscheidend zur Herausbildung antisemitischer Stereotypen beigetragen hat. Die immer wieder anzutreffenden Behauptun­gen von der Existenz einer subversiven jüdischen oder jüdisch-freimaurerischen oder jüdisch-freimaurerisch-jesuitischen Weltverschwörung haben hier ihren eigentlichen Ursprung. Die Propagandalüge von der vermeintlichen Macht und vom Reichtum der Juden und ihrem Zusammenhalt über alle Staatsgrenzen hinweg, von einer angeblichen „jüdischen Unterwanderung der Presse“, vom „internationalen jüdischen Kapital“ und „multinationalen jüdischen Konzernen“, einer „hebräischen Finanzplutokratie“; all diese Behauptungen sind auch heute, am Anfang des dritten Jahrtausends, noch virulent.[3]

Die sogenannten „Protokolle der Weisen von Zion“, eine Schrift im Umfang von ca. 21.000 Wörtern, kommen einher als Aufzeichnungen der Versammlung einer allmächtigen jüdischen Geheimregierung mit dem erklärten Ziel der Ver­nichtung aller christlichen Staaten und mit praktischen Vorschlägen zur Erlan­gung der absolutistischen Weltherrschaft durch das Judentum. Ihre 24 Reden entwerfen dabei ein totalitäres Utopia und beschreiben alle zu dessen Herbeiführung notwendigen gesellschaftlichen, politischen und sozialen Schritte. Zwar genügt bereits ein flüchtiger Blick auf den Wortlaut der Protokolle, um sie als ein absurdes Produkt des zählebigen internationalen Antisemitismus zu entlarven. Aber seine verhängnisvolle Wirkungsgeschichte macht es auch heute noch notwendig, sich mit diesem schlecht geschriebenen, widersprüchlichen und un­logischen, tatsächlich ermüdend zu lesenden Text ohne jede erkennbare lo­gische Struktur zu beschäftigen. 

Der Einfluss der „Protokolle“ auf die rassistische Propaganda des nationalsozialistischen Regimes war immens. So findet man in Adolf Hitlers programmatischer Schrift „Mein Kampf“ die folgenden Sätze: „Wie sehr das ganze Dasein dieses Volkes auf einer fortlaufenden Lüge beruht, wird in unvergleichlicher Art in den von den Juden so unendlich gehassten Protokollen der Weisen von Zion gezeigt. Sie sollen auf einer Fälschung beruhen, stöhnt immer wieder die Frankfurter Zeitung in die Welt hinaus; der beste Beweis dafür, dass sie echt sind. (…) Wer die geschichtliche Entwicklung der letzten hundert Jahre von den Gesichtspunkten dieses Bu­ches aus überprüft, dem wird auch das Geschrei der jüdischen Presse sofort verständlich werden.“[4]

Dass diese absurde und wirklichkeitsfremde antisemitische Verschwörungsthese auch heute noch bestimmten Gruppen als Beweis für die Existenz einer mächtigen „jüdischen Weltverschwörung“ und als Erklärung für alle gesellschaftlichen Missverhältnisse dient, zeigen Internetseiten von Rassisten und Holocaustleugnern. Bei dem „Wahrheits-, Gerechtigkeits- und Friedenskämpfer“ Thyl Steinemann, der den kompletten Text der „Protokolle“ bietet, heißt es in der Einleitung: „Die als Protokolle der Weisen von Zion bekannte Schrift wird seit ihrem Bekanntwerden von freimaurerischen und zionistischen Kreisen hartnäckig als Fälschung bezeichnet. Die Bezeichnung ‚Protokolle’ ist irreführend, weil es sich dabei um einen gesellschafts­politischen Plan handelt, der in seiner Diabolik und Hinterhältigkeit seinesgleichen sucht. Sensibel oder seelisch labile Menschen seien daher gewarnt! Das Lesen dieser Schrift hat bereits des öfteren psychische Krisen ausgelöst und schon so manchen in den Suizid getrieben! Falls der Leser dieses satanische Werk bis zum Schluss durchhält, möge er den darin kundgetanen Plan mit der politischen, wirtschaftlichen, finanztechnischen und ge­sellschaftlichen Realität der heutigen Zeit vergleichen und danach selbst urteilen, ob eine Fälschung vorliegt.“[5]

Ich möchte im Folgenden zunächst die Entstehung der „Protokolle“ beleuchten. Hierbei ist ein Prozess zu beobachten, bei dem unterschiedliche literarische Versatzstücke kombiniert und in einer Weise tradiert werden, die dazu führt, dass das „Endprodukt“ der Entwicklung nicht etwa literarische, sondern historische Geltung beansprucht. Der zweite Teil dieses Vortrags befasst sich mit der Wirkungs­geschichte der „Protokolle“ in den U.S.A. und in Deutschland. Im dritten, abschließenden Teil ist der Frage nachzugehen, ob sich Gründe benennen lassen, warum die antisemitische Propaganda trotz der Evidenz ihres menschenverachtenden Charakters und ihrer verhängnisvollen Zielsetzung immer noch und immer wieder auf Resonanz stößt, und dies eben nicht nur bei verschrobenen Sektierern oder bei den sogenannten „ungebildeten“ und „einfältigen“ Zeitgenossen.

I

Es ist hier zunächst zu zeigen, dass die „Protokolle“ eine verfremdende Collage unterschiedlicher literarischer Stoffe und Motive aus romanhaften Quellen sind. Diese sind im Einzelnen: 

1. Die Behauptung der Existenz einer weltumspannenden jüdischen Geheimgesellschaft, die unerkannt im Verborgenen die Geschicke der Völker beeinflusst. 

2. Das Motiv der verschwörerischen Versammlung der Führer dieser Geheimgesellschaft, die jeweils einen bestimmten Teil des überall im Verborgenen wirkenden Ganzen repräsentieren. 

3. Die Zuordnung der einzelnen Verschwörer zu unterschiedlichen Teilbereiche des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen, ideologischen und religiösen Lebens. 

4. Die grundlegende Bezugnahme auf eine Vulgärform des Machiavel­lismus im Sinne der Rechtfertigung einer von allen sittlichen Normen losgelösten, egoistischen Machtpolitik. 

Die literarische Quelle des ersten Motivs ist „Coningsby“, ein Roman des britischen Politikers und Schriftstellers Benjamin Disraeli, Earl of Beaconsfield (1804-1881), erschienen in London im Jahre 1844. Disraeli, der bereits 1818 im Alter von 13 Jahren vom Judentum zur Church of England übergetreten war, gab in seinem literarischen Werk der Überzeugung breiten Raum, das Judentum in Geschichte und Gegenwart sei als Vorbild und Orientierungspunkt für die von ihm propagierte Politik in England anzusehen. In dem populären Roman „Coningsby“, im 15. Kapitel des dritten Bandes, hält der Jude Sidonia, Disraelis literarisches Sprachrohr für viele seiner eigenen Ansichten über Juden und Judentum, die folgende Rede:

„Meinst du etwa, dass die polternde Verfolgung von einigen prominenten Juden denjenigen schaden könnte, die nacheinander die Pharaonen, Nebukadnezzar, Rom und alle Feudalherrn in Erstaunen versetzt haben? Tatsache ist, du kannst eine solche reine Rasse kaukasischer Prägung nicht vernichten. Es ist ein physiologisches Faktum, ein einfaches Naturgesetz, das ägyptischen und assyrischen Königen, römischen Cäsaren und christ­lichen Inquisitoren stets ein unlösbares Rätsel blieb. Keine Todesstrafe, keine Folterqual kann bewirken, dass diese höhere Rasse in einer niederen absorbiert oder gar von dieser zerstört wird. Die Mischrassen der Verfolger verschwinden, die reine Rasse der Verfolgten aber bleibt. Und in diesem Moment, trotz vieler Jahrhunderte von Erniedrigung und Unterdrückung, übt der jüdische Geist einen gewaltigen Einfluss auf alle Angelegenheiten Europas aus. (…) Du wirst keine intellektuelle Bewegung in Europa finden, an der Juden nicht teilhaben. (…) Nun siehst du, mein lieber Freund, dass die Welt von ganz anderen Leuten beherrscht wird, als man sich das gemeinhin vorstellt, wenn man nicht hinter die Kulissen schaut.“[6]

Zwei wesentliche Punkte fallen in dieser Rede Sidonias ins Auge: Zunächst die Bezeichnung des Judentums als „pure, superior race“, weiterhin die Annahme, eine jüdische Weltverschwörung agiere insgeheim hinter den Kulissen der Weltpolitik. Disraeli behauptet die Existenz einer jüdischen „Rasse“ als einer biologischen Abstammungsgemeinschaft, deren „Reinheit“ zugleich ihre Stärke sei. Diese gegen Mitte des 19. Jahrhunderts nicht nur von notorischen Antisemiten wie dem Grafen von Gobineau und Huston Steward Chamberlain propagierte sozialdarwinistische rassistische Vorstellung dient dem Autor von „Coningsby“ zur Begründung der Widerstandsfähigkeit des Judentums trotz aller widrigen äußeren Umstände. Von weitaus größerer Relevanz ist jedoch, dass in diesem literarischen Werk zu allererst die in den „Protokollen“ ausgeführte Vorstellung fassbar wird, Juden würden die Fäden ziehen, an denen die Vertreter der Regierungen und Parteien aller Länder sich bewegen. 

Das Motiv der Versammlung der Führer einer geheimen Gesellschaft von Verschwörern entstammt dem im Jahre 1849 in Paris erschienenen historischen Abenteuerroman „Joseph Balsamo“ von Alexandre Dumas père (1802-1870), der hier im 2. Kapitel ein Treffen zwischen Giuseppe Balsamo, genannt Alessandro Graf von Cagliostro, und den „unbekannten Oberen“ beschreibt, die gemeinsam die sog. „Halsbandaffäre“ planen, einen provozierten Skandal, der gegen Ende des 18. Jahrhunderts das Ancien régime und das Ansehen des Königtums in Frankreich erschütterte: 

„Der Reisende schaute auf. Sieben Stühle waren vor die erste Stufe gestellt; auf diesen Stühlen saßen sechs Gespenster, welche Häupter zu sein schienen, während der siebente Stuhl leer war. Derjenige, welcher auf dem Stuhl in der Mitte saß, stand auf und sprach, indem er sich gegen die Versammlung wandte: ‚Wieviele sind wir hier, meine Brüder?’ – ‚Dreihundert!’ antworteten die Gespenster mit einer Stimme, welche im Saale donnerte und sich beinahe in demselben Augenblick an dem Leichenbehänge der Wände brach. ‚Dreihundert, von denen jeder zehntausend Verbündete vertritt’, sagte der Präsident, ‚dreihundert Schwerter, welche soviel wert sind als drei Millionen Dolche. (…) Hütet euch vor der Versuchung, irgend etwas von dem, was ihr hören oder sehen werdet, zu enthüllen, denn der Blitz trifft nicht rascher, als euch, wo ihr auch immer sein möget, das unsichtbare und unvermeidliche Messer erreichen wird.’“[7]

Das düstere, gespenstische Ambiente, in dem die Versammlung des Geheimbundes stattfindet, dessen Mitglieder sich im weiteren Verlauf der Handlung als verbrecherische Angehörige der mächtigsten Staaten Europas zu erkennen geben, bildet den erzählerischen Rahmen für die Darstellung eines geheimen internationalen Netzwerks, dessen tödliche Hand den Verräter ereilen wird, wo auch immer er sich zu verbergen sucht. Auffällig ist die Ähnlichkeit dieser Szene mit dem behaupteten Rahmen der „Protokolle“. Jedoch ist an keiner Stelle in Dumas´ Abenteuerroman von Juden und Judentum, sondern allein von dem italienischen Abenteurer Cagliostro und einer Gruppe von spiritistisch-politischen Verschwörern die Rede. 

Im Jahre 1868 erscheint in der „Neuen Preußischen Kreuzzeitung“ ein spannender Fortsetzungsroman aus der Feder von „Sir John Retcliffe“, das Pseudonym eines gewissen Hermann Goedsche (1815-1878), eines ehemaligen preußischen Postbeamten und recht erfolgreichen Autors von reißerischer Trivialliteratur. In diesem Roman mit dem Titel „Biarritz“ erzählt der mit lebhafter Phantasie begabte Autor von einem Zusammentreffen von Abgesandten der zwölf Stämme Israels auf dem Judenfriedhof von Prag, die sich einmal in jedem Jahrhundert zur Zeit des Laubhüttenfests (15. – 23. Tischri[September/Oktober]) an diesem schaurigen Ort versammeln, um eine okkult-kabbalistische Zeremonie durchzuführen und um zu beraten, wie es um die Verwirklichung ihres Ziels steht, alles Gold der Welt in ihre Hände zu bekommen. Nacheinander erheben die Stammesvertreter ihre Stimmen:

„’Brüder’, sagte die Stimme des Leviten, ‚es ist Zeit, dass wir nach der Satzung unseres Stifters, ein jeder nach den Erfahrungen der hundert Jahre, die Wege sagen, auf denen Israel zu leiten ist, damit es zu seinem Ziel komme. Wir, die Wissenden, sind die Führer, welche die Menge, die blind ist, leiten. Wir sind die Baumeister, welche die toten Steine des Turmes zusammensetzen, dass er aufrage in den Himmel. (…) Beginne denn dein Wort, Stamm Ruben! Wie gewinnt Israel die Macht und die Herrschaft über alle Völker der Erde, die ihm gebührt?’ Eine helle, scharfe Stimme, die etwas Schneidendes hatte, sprach folgendes: (…) ‚Indem wir die Börse beherrschen, beherrschen wir das Vermögen der Staaten.’ (…) ‚Stamm Simeon!’ – ‚Der Grundbesitz muss also in die Hand Israels übergehen.’ – ‚Stamm Juda!’ – ‚Der Handwerkerstand, jene Israel im Wege stehende Kraft des Bürgertums, muss ruiniert werden.’ ‚Stamm Aaron!’ – ‚Der natürliche Gegner Israels ist die christliche Kirche. Deshalb gilt es sie zu untergraben. Ihre Spaltungen erleichtern dies.’ (…) ‚Stamm Dan!’ – ‚Aller Handel, wobei ist Spekulation und Verdienst, muss sein in unserer Hand.’ ‚Stamm Asser, die Reihe ist an dir!’ – ‚Wir müssen verlangen freie Ehe zwischen Juden und Christen. Israel kann dabei nur profitieren, wenn es auch verunreinigt sein Blut.’ ‚Der Stamm Manasse möge sprechen!’ – ‚Wenn das Gold die erste Macht der Welt ist, so ist die Presse die zweite. Nur wenn wir haben die Presse in unserer Hand, werden wir kommen zum Ziel.’“[8]

Augenfällig sind die Ähnlichkeiten dieses Textes sowohl mit der Rede des Juden Sidonia in DisraelisRoman als auch mit der Beschreibung der geheimen Zusammenkunft der „geheimen Oberen“ in Alexandre Dumas´ „Cagliostro“. Den erzählerischen Rahmen der Reden der zwölf Stämmevertreter(vgl. Gen 35,22-26; für Goedsche war es unerheblich, dass nach dem Untergang des Nordreichs Israel auch die zehn Stämme des Nordens nicht mehr existierten) bildet auch hier eine bewusst schauerlich gestaltete Szene, die nächtliche Zusammenkunft eines Geheimbunds. Jedoch nehmen bei Goedschedie Vertreter der zwölf Stämme den Platz ein, den Dumas den „geheimen Oberen“ zugewiesen hatte. Sie sind nun die Exponenten des jüdischen Einflusses auf alle Bereiche des nationalen und internationalen Lebens. Der aufmerksame Leser erkennt die Bezugnahme auf Disraeli, ebenso die Wiederaufnahme des Motivs der „Reinheit des jüdischen Blutes“. Zwei Aspekte jedoch sind neu. So bezieht Goedsche den verderblichen Plan der jüdischen Verschwörer auf fassbare Teilbereiche und Institutionen der Gesellschaft, die den Leser seines Romans umgibt: Börse, Grundbesitz, Handwerk, Kirche, Handel, Ehestand und Presse. Weiterhin benutzt der Autor den literarischen Kunstgriff des bewussten Gebrauchs eines Soziolekts, das dessen Sprecher als Fremden ausweist: „Aller Handel, wobei ist Spekulation und Verdienst, muss sein in unserer Hand.“

Wir könnten Goedsches Roman als reißerisches Plagiat, als unoriginelle Bearbeitung fremder literarischer Werke dem Vergessen anheimstellen, hätte nicht die in Teilen zitierte Friedhofszene ein Eigenleben entwickelt, das maßgeblich zur Genese der „Protokolle“ beitrug. Im Jahre 1872, sechs Jahre nach Erscheinen des Fortsetzungsromans, tauchen im zaristischen Russland in St. Petersburg Flugblätter auf, die den aus „Biarritz“ entnommenen Text der Reden der zwölf Stämmevertreter, nun umgearbeitet als „Rede eines Rabbiners“, enthalten. Wenige Jahre darauf erscheint die „Rede des Rabbiners“ auch in der französischen Zeitung „Le Contemporain“ als angebliches Dokument unter dem Hinweis, sie aus sicherer Quelle von dem englischen Diplomaten Sir John Readcliff zu haben. Weitere Flugblätter werden vor allem in Frankreich in Umlauf gebracht; einige geben vor, dass besagte Rede dem „Großrabbiner John Readclif“ zuzuschreiben sei, andere behaupten, Sir John Retcliffe, ein heldenhafter und verdienstvoller englischer Antisemit, habe sie den jüdischen Verschwörern entrissen und sei deshalb später von Juden heimtückisch ermordet worden. Die „Rede des Rabbiners“ wurde bald auch ins Deutsche übersetzt. Sie fand Eingang in Theodor Fritschs „Antisemiten-Catechismus“ (Leipzig 1887). Mit dessen Neuauflage von 1933, dem „Handbuch der Judenfrage“, erlangte sie Geltung als obligatorisches Lehrmaterial für den Schulunterricht im Deutschen Reich. Der Text der „Rede des Rabbiners“ auf dem Flugblatt lässt sich unschwer als ver­fremdete Abschrift aus GoedschesTrivialroman erkennen:

„Seit achtzehn Jahrhunderten liegt Israel im Kriege mit jener Macht, die zuerst Abraham verheißen war, die ihm dann aber vom Kreuz geraubt wurde. (…) Seit achtzehn Jahrhunderten kämpfen unsere Weisen tapfer und mit unermüdlicher Ausdauer gegen das Kreuz. Nach und nach erhebt sich unser Volk, und seine Macht nimmt Tag für Tag zu. ( …. ) An dem Tag, an dem wir uns zu den alleinigen Besitzern alles Goldes in der Welt gemacht haben werden, wird die wirkliche Macht in unseren Händen sein, und alsdann werden sich die Verheißungen erfüllen, die Abraham gegeben wurden. (…) Die Börse notiert und reguliert die Schulden Europas, und wir sind meistenteils Herren dieser Börsen überall. (…) Wir müssen in den Herzen der christlichen Gläubigen freisinnige Ideen, Zweifel säen, Zwietracht und Religionsstreitigkeiten hervorrufen. (…) Alle öffentlichen Ämter müssen den Juden zugänglich gemacht werden. (…) Übrigens ist unser Plan in dieser Richtung der vollständigen Realisation nahe, denn der Fortschritt hat uns beinahe überall anerkannt und uns dieselben Bürgerrechte wie den Christen zugesprochen. (…) Ist das Gold die Hauptmacht auf Erden, so wird die zweite Stelle gewiss von der Presse eingenommen. Es erscheint unumgänglich notwendig, dass sich die Leitung der Zeitschriften in den Händen unserer Leute befinde. Der Reichtum und die Gewandtheit, die Mittel zu wählen, um sich die käuflichen Großen geneigt zu machen, werden uns zu Herren der öffentlichen Mei­nung machen und die Massen in unsere Macht ausliefern.“[9]

Eigentümlich und neu ist hier zunächst das rhetorische Stilmittel der polarisierenden Betonung von „uns“ und „ihnen“, was den Leser des Flugblatts zu einer Parteinahme zwingt. Ebenso auffällig ist der Vorwurf, der religiöse Erwählungsgedanke im Judentum sei die eigentliche Begründung eines angestrebten totalitären Herrschaftsanspruchs. Wichtig ist auch der Hinweis auf die partiell vollzogene Judenemanzipation zur Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die in vielen Bereichen bereits realisierte Integration der jüdischen Minderheit und die Verbreitung einer Interpretation des Judentums als Konfession innerhalb eines grundsätzlich säkularen Staatswesens, als „deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens“. Indem diese von vielen Menschen tatsächlich wahrnehmbare Entwicklung nun als Beleg für die nahe Verwirklichung des geheimen Plans einer jüdischen Weltverschwörung dargestellt wird, ist der literarische Prozess, dessen Ausgangspunkte die Werke Benjamin Disraelisund Alexandre Dumas´ sind, an einen Punkt gelangt, an dem für eine literarische Fiktion der Anspruch erhoben wird, sie sei ein „echtes“ historisches Dokument. 

Die Zeitumstände erleichterten eine solche Entwicklung. Die industrielle Revolution und die rasche internationale finanzielle Verflechtung in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, aber auch die mit der Gründerkrise bald folgende weltweite wirtschaftliche Depression hatten besonders in den großen europäischen Staaten zu nationalen und kulturellen Identitätskrisen geführt. Für den Einzelnen stellte sich diese Entwicklung zur Konkurrenzgesellschaft in vielen Fällen als undurchschaubare Bedrohung der eigenen Lebenssituation dar. Die „Rede des Rabbiners“ ermöglichte die Identifikation von Judentum und wirtschaftlichem Liberalismus. Als Verdachtsmoment für die Schuld der jüdischen Weltverschwörung bzw. einer fassbaren Gruppe an der eigenen Misere bot sich das vermeintliche Wissen um die führende Position einiger jüdischer Bankiers in der Volkswirtschaft, die Leitung einigerZeitungen durch jüdische Herausgeber an.

Nach dem, was wir heute wissen, ist die „Rede des Rabbiners“ die Quelle, die Form und Funktion der „Protokolle der Weisen von Zion“ maßgeblich bestimmte. Es gilt als sicher, dass die „Protokolle“ als Fortschreibung dieser anti­semitischen Flugschrift in Frankreich in den 1890er Jahren entstanden sind. Während der französische „Urtext“ der „Protokolle“ verschollen ist, lassen sich anhand der zu Beginn des 20. Jahrhunderts erscheinenden russischen Ausgaben Ursprung und Absicht dieser Übersetzung rekonstruieren. Vieles deutet daraufhin, dass russische Agenten an ihrer Entstehung beteiligt waren. So scheinen Pjotr Iwanowitsch Ratschkowski, der in Paris lebende Auslandschef der gefürchteten zaristischen Geheimpolizei „Ochrana“ und der undurchsichtige politische Aktivist Sergej Nilus (1862-1929) die Veröffentlichung der „Protokolle“ in Russland zum Zweck der Diskreditierung der modernen Reformpolitik des russischen Finanzministers Sergej Juljewitsch Witte und zur Durchsetzung einer offen judenfeindlichen Politik betrieben zu haben.[10] In einer Petersburger Zeitung erschienen die „Protokolle“ 1903 als Artikelserie; zwei Jahre später finden sie sich als Anhang zur zweiten Auflage von Nilus´ millenaristischer Schrift „Velikoe v malom“ („Das Große im Kleinen“). Die Modernisierungsbestrebungen in Russland wurden hier auf diese Weise als „jüdisch-freimaurerischer Komplott“ dargestellt, die „Protokolle“ selbst als Abschrift einer Rede bezeichnet, die Theodor Herzl auf dem 1. Zionistischen Kongress in Basel (29. bis 31. August 1897) vor einer ausgewählten Zuhörerschaft vorgetragen habe.

Es muss an dieser Stelle zum einen darauf hingewiesen werden, dass das zeitgenössische Freimaurertum, das in seiner Geschichte nie internationale Geschlossenheit erreichte, sich als Vereinigung des Bildungs- und Besitzbürgertums und des liberalen Adels gerade in Deutschland hinsichtlich der Aufnahme von Juden recht ambivalent verhielt. Juden, die die Aufnahme in eine freimaurerische Loge anstrebten, taten dies zumeist nicht zwecks Stärkung des jüdischen Elements in der Gesellschaft, sondern als Ausdruck ihres Bestrebens nach Emanzipation durch Assimilation.[11]Zum anderen ist zu betonen, dass die national­jüdische Idee des Zionismus im deutschen Judentum zu keiner Zeit auf große Resonanz stieß. Herzls Behauptung des Judentums nicht als Religion, sondern als Volk mit dem Anspruch auf nationale Einheit und Territorium, im „Basler Programm“ formuliert als angestrebte „Schaffung einer öffentlich-rechtlichen gesicherten Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“, entsprach nicht dem Denken und Wollen der großen Mehrheit seiner jüdischen Zeitgenossen in Mittel- und Westeuropa. 

Tatsächlich existierte keine politische Gemeinschaft zwischen deutschen und ausländischen Juden. Deutsche Juden fühlten sich als Deutsche, französische Juden als Franzosen. Herzls zionistische Gefolgschaft repräsentierte zunächst nur ein dünnes gesellschaftliches Stratum junger Akademiker aus Deutschland und Österreich und Proletarier aus dem Ostjuden­tum, die allesamt noch keine Wurzeln in der bürgerlichen Gesellschaft schlagen konnten. Die allermeisten jüdischen Deutschen fühlten sich mit ihrem Heimat­land Deutschland durch Sprache, Recht, Kultur und Geschichte verbunden.

Die „Protokolle“ hingegen behaupten die weltweite Vernetzung des Judentums. Es folgt als Beispiel ein Abschnitt der „Protokolle“, der sich mit der In­strumentalisierung der Presse befasst:

„Welche Aufgabe erfüllt jetzt die Presse? Sie dient dazu, die Volksleidenschaften in dem von uns gewünschten Sinne zu entflammen oder selbstsüchtige Parteizwecke zu fördern. Sie ist hohl, ungerecht und verlogen. Die meisten Menschen wissen gar nicht, wem die Presse eigentlich dient. Wir Juden haben sie unseren Zwecken dienstbar gemacht; wir werden sie, wenn wir erst zur Herrschaft gelangt sind, vollständig in Fesseln schlagen und jeden Angriff auf uns unnachsichtig bestrafen. Unsere Zeitungen werden den verschiedensten Richtungen angehören. Sie werden, wie der indische Götze Wischnu, hundert Hände haben, von denen jede den Pulsschlag irgendeiner Geistesrichtung fühlen wird. (…) Schon jetzt besteht etwa in der Art der französischen Tagesschriftstellerei ein enger Zusammenschluss des Freimaurertums. Er gipfelt in der Losung, alle Glieder der Presse sind gegen­seitig zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verpflichtet. (…) In dem Zeitabschnitt der neuen Herrschaft, der unserer Krönung voran geht, werden wir verhindern müssen, dass die Presse die Ehrlosigkeit im öffentlichen Dienste brandmarkt. Es soll vielmehr der Glaube erweckt werden, die neue Herrschaft hätte alle derart befriedigt, dass keine Veranlassung zu neuen Verbrechen vorläge. Wo Verbrechen hervortreten, da sollen sie nur den Opfern und zufälligen Zeugen bekannt werden, sonst niemand.“[12]

Bis auf den heutigen Tag wehren sich Apologeten der „Protokolle“, die ihre Echtheit beweisen wollen, gegen den Nachweis ihres wirklichen fiktiven Charakters vor allem mit dem Hinweis auf die sicher unoriginelle, an Vorbilder angelehnte Form, die allerdings die Wahrheit und Wirklichkeit des eigentlichen Inhalts angeblich nicht berühre. Es ist zu zeigen, dass auch der Inhalt der „Protokolle“ nichts anderes ist als eine grobe Kompilation von literarischem Material, das – zum Teil in wörtlicher Entsprechung – aus anderen Texten anderen Inhalts und anderer Zielsetzung entnommen wurde. Von besonderer Bedeutung ist dabei ein zur literarischen Gattung der Totengespräche gehörendes Werk, Maurice Jolys (1821-1879) „Dialogue aux enfers entre Machiavel et Montes­quieu ou la politique de Machiavel au XIXe siècle, par un contemporain“, erschienen in Brüssel bereits im Jahre 1864. In dieser liberal inspirierten satirischen Schrift kritisiert der Rechtsanwalt Joly in persiflierender Weise den autoritären Regierungsstil des französischen Kaisers Napoleon III. 

In dem Totengespräch stehen sich in den beiden (verschiedenen Epochen entstammenden) Schriftstellern und Staatsphilosophen der aufgeklärte Liberalismus und der zynische Despotismus gegenüber. Die Gesprächsbeiträge Machiavellis stehen für die amoralische Machtpolitik Napoleons III.,die Argumentation Montesquieus hingegen steht für die humanistisch-demokratische Tradition der französischen Revolution. Die in kleiner Auflage erschienene Satire bringt ihrem Autor am 25. April 1865 eine fünfzehnmonatige Gefängnisstrafe ein; die folgen­den Nachstellungen und persönlichen Angriffe treiben Joly schließlich in den Selbstmord. Es folgt ein Abschnitt aus diesem Jahrzehnte vor den „Protokollen“ erschienenen Werk:

„Ich eröffne nun die Möglichkeit, die Presse durch die Presse niederzuhalten. (…) Wie der Gott Wischnu wird meine Presse hundert Arme haben und diese Arme werden über das ganze Land hin ihre Hände den Vertretern aller politischen Richtungen reichen. Man wird für mich Partei ergreifen, ohne es zu wissen. Wer da glaubt, seine eigene Sprache zu sprechen, spricht doch nur die meine. Wer da meint, in seinem eigenen Interesse zu agieren, betreibt nur das meine. Alle, die unter ihrer eigenen Fahne zu marschieren glauben, marschieren unter der meinen. (…) Sie müssen bedenken, dass die Journalisten so etwas wie einen Freimaurerorden bilden. Die Leute, die vom Journalismus leben, sind alle mehr oder weniger aneinander durch die Bindungen des Berufsgeheimnisses gefesselt. (…) Ich möchte nicht, dass das Volk gestört wird durch die Gerüchte, die sich im Innern gebildet haben, auch nicht durch einfache Nachrichten aus dem Privatleben. Wenn ein außergewöhnlicher Selbstmord passiert, ein allzu anrüchiges Geldgeschäft, bei dem es sich um große Summen handelt, ein Fehltritt eines im öffentlichen Dienste stehenden Beamten, werde ich den Zeitungen verbieten lassen, darüber zu berichten. In dem Schweigen über solche Dinge liegt mehr Achtung vor der Anständigkeit des Volkes als in dem Gerede darüber.“[13]

Man erkennt die wörtliche Übereinstimmung ganzer Textpassagen. Ein Vergleich des vollständigen Textes beider Werke ergibt über 160 solcher Kongruenzen; diese erstrecken sich über fast 40 % des Umfangs der „Protokolle“. Völlig neu ist jedoch der Kontext, in dem die übereinstimmenden Textpassagen nun stehen. Ging es Joly allein um das Idealbild der Absichten und Ziele eines amoralischen Despoten, so beziehen sich die „Protokolle“ explizit auf eine jüdische Urheberschaft der bedrohlichen Pläne. Im Zusammenhang mit der aus der „Rede des Rabbiners“, d.h. aus den fiktionalen Werken Disraelis und Dumas´ konstruierten Kennzeichnung der „Protokolle“ als Plan einer geheimen jüdischen Weltverschwörung erlangen sie eine neue, eine antisemitische Funktion.

Ein weiteres Beispiel für die inhaltliche Abhängigkeit der „Protokolle“ von älteren Texten ohne jeden judenfeindlichen Impetus ist auch ihre „Präambel“, die den Grundsatz „Der Zweck heiligt die Mittel“ – neben dem zentralisierten Aufbau und der weltweiten Aktivität übrigens auch ein Bindeglied zu der Behauptung einer jesuitischen Beteiligung an der jüdischen Weltverschwörung, förderten die Missionare der Societas Jesu doch oft die Verbindung autochthoner kultureller und religiöser Traditionen mit liturgische Ausdrucksformen des christlichen Glaubens zum Zweck seiner Verbreitung – als in der menschlichen Konstitution angelegt versteht. Dieser massive anthropologische Pessimismus und die daraus folgende Legitimation der Amoral im Rahmen der Staatsnotwendigkeit berufen sich auf ein Verdikt Niccolo Machiavellis (1469-1527), staatspolitisches Handeln vollziehe sich in einem eigenen moralischen System. Gleich die ersten Zeilen der „Protokolle“ lauten:

„Welche Naturtriebe beherrschen die Raubtiere, die sich vom Blute der Menschen nähren? Was ist ihr Tun und Wollen allzeit gewesen? Als die menschliche Gesellschaft ent­stand, rissen die Raubtiere in Menschengestalt die rohe und blinde Gewalt an sich. Hieraus ziehe ich den Schluss, dass die Gewalt allein maßgeblich ist, sei sie auch noch so verschleiert und bemäntelt. Somit folgt: das Grundgesetz des Daseins beruht völlig auf dem Gedanken: Das Recht gründet sich auf Gewalt, auf Stärke.“ [14]

Ohne weiteren Kommentar sei diesen Zeilen ein Abschnitt aus Machiavellis „Il principe“, geschrieben um das Jahr 1513, gegenübergestellt:

„Wie rühmlich es für einen Fürsten ist, die Treue zu halten und redlich, ohne Falsch, zu leben, sieht jeder. Nichtsdestoweniger lehrt die Erfahrung, dass gerade in unseren Tagen die Fürsten Großesausgerichtet haben, die es mit der Treue nicht genau nahmen und die es verstanden, durch List die Menschen zu umgarnen; und schließlich haben sie die Oberhand gewonnen über die, welche es mit der Rechtlichkeit hielten. Man muss nämlich wis­sen, dass es zweierlei Waffen gibt: die des Rechtes und die der Gewalt. Jene sind dem Menschen eigentümlich, diese den Tieren. Aber da die ersten oft nicht ausreichen, muss man gelegentlich zu den andern greifen. Deshalb muss ein Fürst verstehen, gleicherweise die Rolle des Tieres und des Menschen durchzuführen.“[15]

Deutlich zu erkennen ist auch hier die Abhängigkeit der „Protokolle“ von einem älteren Text, dem sie Gedanken und Inhalte entnehmen und diese im einen judenfeindlichen Kontext neu ordnen. 

Vor dem Hintergrund der hier nachgezeichneten Entstehungsgeschichte der „Protokolle der Weisen von Zion“ lässt sich als Zwischenergebnis festhalten, dass sie eine Fiktion auf der Basis verschiedener literarischer Versatzstücke sind, die in ihrer Kombination ein unpräzises Deutungsmuster für viele unerklärliche, undurchdringbare und als Bedrohung empfundene Erscheinungen der Moderne liefern. Liberalismus, Atheismus, Materialismus, Demokratismus, Kapitalismus, Sozialismus, Rationalismus, Modernismus, Säkularisation und Globalisierung – alle hinter diesen Schlagwörtern stehenden gesellschaftlichen Vorgänge und Entwicklungen können durch ihren Bezug auf die Annahme einer jüdischen Weltverschwörung erfasst und erklärt werden.

II

Die „Protokolle der Weisen von Zion“ wurden in fast alle modernen Kultursprachen und bald auch ins Deutsche übersetzt, herausgegeben und verbreitet von dem 1912 gegründeten „Verband gegen die Überhebung des Judentums“ (Berlin 1919). Bis 1933 hat das Werk in Deutschland 33 Auflagen erlebt.

Politische Instabilität und materielle Not nach dem verlorenen Weltkrieg führten gerade in Deutschland zu einem Aufflammen judenfeindlicher Propaganda. Wieder wurde der Antisemitismus zum Ventil für kollektive Unzufriedenheit und Aggression. Wieder sah man Verdachtsmomente für die Existenz einer jüdischen Weltverschwörung. Seit 1918 strömten sichtlich fremde jüdische Flüchtlinge aus dem Osten nach Deutschland. Internationale jüdische Hilfsorganisationen versuchten auch in Deutschland Leid von Juden und Nichtjuden zu lindern. Deutsche Juden waren bereits während der Kriegsjahre auf Posten der öffentlichen Verwaltung berufen worden – dies allerdings wohl weniger aus emanzipatorischen Motiven als wegen der Notwendigkeit nationaler Einheit aller Bürger des in seiner Existenz bedrohten Kaiserreichs.

Die Wirkungsgeschichte der „Protokolle“ bekam ihren stärksten Impuls jedoch zunächst nicht in Deutschland, Österreich, Frankreich, England oder Russland, sondern in den U.S.A. Zwischen dem 22. Mai und dem 2. Oktober 1920 erschien in der amerikanischen Wochenzeitung „The Dearborn Independent“ eine Artikelserie unter der Überschrift „The International Jew“, worin der ausführlich kommentierte Text der „Protokolle“ als Warnung vor einem Überhandnehmen des jüdischen Einflusses in der amerikanischen Gesellschaft, vor allem aber in der Presse, diente. Die grob antisemitische Artikelserie wurde bald in Buchform mit dem erweiterten Titel „The International Jew – The World´sForemost Pro­blem“[16] veröffentlicht und erwies sich als „Bestseller“. Bald waren über 500.000 Exemplare der Volksausgabe verkauft. Übersetzungen in 16 Sprachen, im Jahre 1921 auch ins Deutsche, folgten. Besonders unter der amerikanischen Landbevölkerung, die die Umwälzungen in der modernen Industriegesellschaft mit Verunsicherung verfolgte, hatte „The International Jew“ einen enormen Erfolg. Als Verfasser des Buches zeichnete kein anderer verantwortlich als Henry Ford (1863-1947), der berühmte Autokönig und Verleger. Aus seiner Perspektive stellte sich der Plan der jüdischen Weltverschwörung, sich der freien Presse zu bemächtigen, wie folgt dar:

„Die jüdische Rasse hat stets einen klaren Begriff von dem Vorteil gehabt, der sich aus Neuigkeiten gewinnen lässt. Die Erde wurde in ihrem Interesse ausspioniert, so wie beispielsweise unser ganzer Planet unter den wachsamen Blicken jüdischer Agenten – meist Nicht-Juden – bezüglich des Bekanntwerdens neuer Goldvorkommen steht. (…) Da aber nun die Presse da ist und zum größten Teil eine anglo-sächsische Schöpfung ist, so ist sie eine nicht leicht zu nehmende Macht, und hier liegt der Punkt, warum sich das Welt-Programm und das jüdische Herrschaftsstreben mit ihr befassen. Der Journalist, der Unruhe stiftet, dessen literarischer Ehrgeiz es ist, in seinen Lesern einen Zustand gärender Erregung zu erhalten, dessen Witz schmierig und dessen Weltanschauung verneinender Art ist – ebenso wie der jüdische Roman- und Novellenschreiber, der sein eigenes Volk in den Himmel hebt, während er zugleich in das soziale und wirtschaftliche Leben der Nichtjuden heimlich den Samen der Zersetzung sät: sie alle müssen zu den Agenten des Welt-Programms gezählt werden, welche die menschliche Gesellschaft mit Hilfe von ‚Ideen’ zum Zusammenbruch bringen sollen und wollen.“[17]

In diesen von Henry Ford verantworteten, in Wirklichkeit von seinen Redakteuren Rumely und Müller verfassten Text erkennt man neben einem erstaunlich antimodernistischen Impetus, der ganz im Gegensatz zu Fords Wirken als beispielhafter moderner Industrieunternehmer steht, vor allem das aggressive Bestreben eines machthungrigen Zeitungsverlegers, alle diejenigen Zeitungen, die ihm als unzuverlässig und tendenziös gelten – und das sind alle, die nicht ihm selbst gehören – in Bausch und Bogen zu diskreditieren.[18] Fords Behauptungen sind immun gegen jede vernünftige Argumentation. Indem hier nämlich behauptet wird, dass auch jeder kritische nichtjüdische Journalist – wissentlich oder gar unwissentlich – am Zusammenbruch der bestehenden gesellschaftlichen Ordnungen und Werte mitarbeitet, ist es überhaupt nicht mehr notwendig, den Beweis der Religions­zugehörigkeit eines Autors zu erbringen, um ihn eines Verbrechens zu überführen. Was jüdisch ist, ist destruktiv, und wenn etwas als destruktiv angesehen wird, kann das nur daran liegen, dass es jüdisch ist – der Zirkelschluss ist perfekt. 

Der Widerstand gegen Fords antisemitische Propaganda blieb nicht aus. Es kam bald zu Boykottaufrufen amerikanischer jüdischer Organisationen wie der 1913 gegründeten „Anti-Defamation-League“. Dem englischen Journalist Philip Graves gelang in einer am 16., 17. und 18. August 1921 in der Londoner „Times“ erscheinenden Artikelserie der schlüssige Nachweis, dass die „Protokolle“ ein verfremdetes Plagiat sind. Die publizistischen Auseinandersetzungen mündeten 1927 in einen zweijährigen Gerichtsprozess, an dessen Ende Ford sich in einem ausführlichen öffentlichen Schreiben für die von ihm verantworteten Äußerungen entschuldigte und seine judenfeindlichen Publikationen offiziell zurücknahm. Jedoch konnte dieses Gerichtsurteil die verhängnisvolle weltweite Popularisierung der „Protokolle“ nicht mehr ungeschehen machen. Man geht kaum fehl in der Annahme, dass erst die diffuse Protestideologie Henry Fords, dessen Kampf gegen die Juden in Wirklichkeit missliebige Entwicklungstendenzen und Kräfte der modernen Gesellschaft zu treffen versuchte, die Existenz dieses antisemitischen Textes ins Bewusstsein der Weltbevölkerung gerückt hat. 

Durch die massenhafte Verbreitung des „Internationalen Juden“ auch in Deutschland wird der Boden bereitet für die Veröffentlichung der Werke anti­semitischer Agitatoren, deutschnationaler Aktivisten und nationalistischer Esoteriker, die für die Planung und Begründung des nationalsozialistischen Terrors von unmittelbarer Bedeutung waren. Die Rede ist von Ludwig Müller, Arthur Trebitsch, Julius Streicher und vor allem von Alfred Rosenberg und seiner Schrift „Die Protokolle der Weisen von Zion und die jüdischen Weltpolitik“, erschienen in München im Jahre 1923. Der 1893 in Reval geborene Rosenberg, der bereits zuvor in Flugblättern gegen eine vermeintliche jüdisch-freimaurerische Weltverschwörung polemisiert hatte, verband in seinem umfangreichen Werk die Behauptung einer jüdischen Weltverschwörung mit einer völkisch-rassischen Ideologie. So schreibt der am 16. Oktober 1946 als Kriegsverbrecher hingerichtete Rosenberg in seinem Kommentar zu den „Protokollen“:

„Instinkt, uralter Wüsteninstinkt wirkte hier mit, rassische Inzucht und eine Jahrtausende alte Erziehung, einen Plan durchzuführen, welcher in den Protokollen der Weisen von Zion 1897 zu Basel niedergelegt wurde. Ihr Erscheinen hat Millionen von Europäern die Schleier von den Augen gerissen. (…) Als die Protokolle Ende 1919 in deutscher Sprache erschienen, erregten sie sofort ungeheures Aufsehen. Millionen fanden in ihnen plötzlich die Deutung vieler sonst unerklärlicher Erscheinungen der Gegenwart, die in ihren wichtigsten Anzeichen plötzlich nicht mehr als Zufälligkeiten wirkten. (…) Es ist selbstverständlich, dass gegen diese Tatsache sich die heftigsten Angriffe der gesamten jüdischen Weltpresse richteten. (…) Eine Meldung (…) machte die Runde durch alle jüdischen und von Juden beeinflussten Zeitungen aller Staaten (und das sind 9/10 aller wichtigen Blätter), wonach dies eine glatte Erfindung sei. So (…) seien die Protokolle zum großen Teil aus dem Roman ‚Biarritz’ abgeschrieben. Der ‚Deutsch-völkische Schutz- und Trutzbund’ setzte einen großen Preis auf das Gelingen des Nachweises obiger Behauptung. Der Preis steht heute noch aus. Nicht anders war es mit der aus dem Pariser Getto kommenden Behauptung, russische Antisemiten hätten die ‚Gespräche’ des Monsieur Joly geplündert. 

Es stellte sich nämlich heraus, dass dieser Joly selbst ein Hebräer (Moses Joël) und einer der Führer der Kommune gewesen sei. (…) Die Politik der Gegenwart entspricht bis ins einzelne genau den Absichten und Plänen, wie sie vor über 25 Jahren besprochen und niedergelegt wurden. (…) Der Staat Adolf Hitlers hat einen Kampf aufgenommen, der sich nicht nur die Befreiung des deutschen Menschen von zersetzenden jüdi­schen Einflüssen zum Ziel gesetzt hat, sondern der darüber hinaus ein Vorbild schaffen will, wie die unselige Verquickung der Völker mit dem Judentum einer reinen Scheidung entgegengeführt werden kann.“[19]

In ähnlicher Weise wie Henry Ford argumentiert Rosenberg mit der Behauptung, jede Aussage eines Juden müsse per se falsch, hinterhältig, verbrecherisch und böse sein. Man mache sich bewusst: Selbst wenn Maurice Joly – der überhaupt nicht dem Judentum entstammte – jüdisch gewesen wäre wie Abraham, hätte das nichts an der Tatsache geändert, dass Juden und Judentum in dem „Dialogueaux enfers…“ an keiner Stelle vorkommen. Ebenso bedeutet die undeutliche pauschalierende Formulierung „alle von Juden beeinflussten Zeitungen aller Staaten“, dass jede Kritik an der nationalsozialistischen Ideologie, ganz gleich, ob sie von einem Protestanten, Katholiken, Atheisten oder von wem auch immer stammt, automatisch auf einen jüdischen Urheber zurückgeführt werden kann.

Die „Protokolle“ dienten dem nationalsozialistischen Regime in Deutschland zunächst als Vehikel der antisemitischen Integrationsideologie, seit 1933 als Instrument totaler Herrschaft über Juden wie Nichtjuden. In Rosenbergs Rede von einer „reinen Scheidung der Völker vom Judentum“, geschrieben bereits im Jahre 1923, kommt ein malignes Gedankengut zum Vorschein, dessen Durchsetzung bald zur Entrechtung; Verschleppung und Ermordung von Millionen Juden in Deutschland und in den von Deutschland okkupierten Ländern führte.

III

Die Bedeutung der „Protokolle der Weisen von Zion“ als verbrecherischer Plan zur Durchführung einer jüdischen Weltverschwörung ist eine Fiktion. Diese Tatsache lässt sich innerhalb kurzer Zeit mit wenigen Argumenten deutlich belegen. Und dennoch existierte (und existiert immer noch) mancherorts eine Geisteshaltung die einer Alfred Rosenberg zugeschriebenen Sentenz entspricht, welche besagt: „Auch wenn die Protokolle nicht echt sind, so sind sie dennoch wahr.“ Nach den Ursprüngen dieser Geisteshaltung muss gefragt werden. Es ist zu beachten, dass dergestalt antisemitische Fiktionen, Lügen und Stereotypen und dass vor allem der zählebige „Mythos der jüdischen Weltverschwörung“ von niemandem allein aus einer „Pietät des Bösen“ tradiert und verbreitet werden, sondern vor allem deshalb, weil diese Lüge immer noch einen Beitrag zur subjektiven Existenzsicherung und vor allem zur individuellen Weltdeutung zu leisten vermag. Eine verbreitete religions­wissenschaftliche Definition bezeichnet den „Mythos“ als eine tradierte fiktive Erzählung, die grundlegende Orientierungsprozesse auslöst, die also die typisch menschlichen Irritationen durch die Erfahrung von Kontingenz, von Chaos und von Vieldeutigkeit auffängt, sie mit Sinn besetzt und so der Kommunikation erschließt. 

Vor diesem Hintergrund ist es völlig ohne Belang, dass die „Protokolle“ tatsächlich von A bis Z ein übles Gebräu aus Plagiat und Fiktion sind. Aus der Perspektive des betroffenen Individuums erschienen und erscheinen die gewaltigen Umwälzungen, die mit der Entwicklung der modernen bzw. nachmodernen Gesellschaft einhergehen, nicht selten als undurchschaubar, verunsichernd und bedrohlich – umso mehr bei all denen, die ihren sozialen Status und ihre ökonomische Basis durch diese Entwicklung bedroht sehen. Die „Protokolle“ bieten auch heute noch die Identifikation des Judentums mit den – personal gedachten – Urhebern dieser wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Entwicklungen an. Die alte Behauptung des jüdischen odium humanigeneris, der von Grund auf misanthropen Absichten „des“ Judentums als abgegrenzter und identifizierbarer – weil als Stereotype wahrgenommener – Gruppe, diente und dient somit als ein erschreckend einleuchtender Deutungsschlüssel und als eine Projektionsfläche für das individuelle Bedürfnis nach Weltdeutung und Welterklärung – gerade dort, wo eine Sehnsucht nach vermeintlich einfachen und klaren Antworten besteht.

Umberto Eco beschreibt in einem Aufsatz zu den „Protokollen die bedrohliche Faszination, die von derartigen Fiktionen und Illusionen ausgeht, die unser menschliches Grundbedürfnis nach Weltdeutung und Orientierung zu befriedigen scheinen.[20] Dieser „Einbruch der Fiktion ins Leben“, wie Eco es nennt, bestimmt auch die Wirkungsgeschichte der „Protokolle der Weisen von Zion“. Der sinnstiftende und plausible Charakter einer Lüge kann demnach unter bestimmten Voraussetzungen eine stärkere Anziehungskraft besitzen als die Ambiguität und Komplexität der Wahrheit. Die hieraus folgerndeErkenntnis, dass auch das verhängnisvolle Lügengebäude des Antisemitismus nie funktionslos war und nie funktionslos sein wird, könnte dazu beitragen, dass wir seine gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und seine psychologischen Strukturen besser durchschauen. In diesem Sinne entbindet auch der Hinweis auf die eigene aufgeklärte und liberale Einstellung oder gar der Rekurs auf den historischen Abstand der eigenen Biographie von der Zeit des Nationalsozialismus nicht von der notwendigen bleibenden Verantwortung in Kirche und Gesellschaft.

Der aus der Pfälzischen Landeskirche stammende Theologe Michael Tilly ist seit dem 1. April 2012 Professor für Neues Testament und Antikes Judentum an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen.

[1]       Für den Druck überarbeitete und ergänzte Version eines Vortrags, gehalten auf der Sitzung des Arbeitskreises Kirche und Judentum der Evangelischen Kirche der Pfalz am 31. Januar 2012 in Speyer. Der Vortragsstil wurde beibehalten. 

[2]       Umberto Eco, Der Friedhof von Prag, München 2011. 

[3]       Vgl. Janusz Tazbir, Protokoly medrców Syjonu. Autentyk czy falsyfikat, Warschau 1992; Göran Larsson, Fakten oder Fälschung? – Die Protokolle der Weisen von Zion, Jerusalem u.a. 1995; Hadassa Ben-Itto, „Die Protokolle der Weisen von Zion“ – Anatomie einer Fälschung, Berlin 1998; Norman Cohn, „Die Protokolle der Weisen von Zion“. Der Mythos der jüdischen Weltverschwörung, Baden-Baden, Zürich, 2. Aufl. 1998; Jeffrey L. Sammons, Die Protokolle der Weisen von Zion. Die Grundlage des modernen Antisemitismus – Eine Fälschung. Text und Kommentar, Göttingen 1998; Wolfgang Benz, Die Protokolle der Weisen von Zion, München 2007. 

[4]       Adolf Hitler, Mein Kampf, München 1936, 337. 

[5]       http://www.7stern.info/protokolle.htm.

[6]       Benjamin Disraeli, Coningsby, Bd. 3, London 1844, 250-252 (Übersetzung: M. T.). 

[7]       Alexandre Dumas, Der Ratschluss des Magiers, Berlin 1988, 10ff.

[8]       J.L. Sammons, Protokolle, 121-127.

[9]       N. Cohn, Protokolle, 293-298.

[10]     Vgl. Michael Hagemeister, Wer war Sergej Nilus? Versuch einer bio-bibliographischen Skizze, in: Ostkirchliche Studien 40 (1991), 49-63; Id., Sergej Nilus und die „Die Protokolle der Weisen von Zion“. Überlegungen zur Forschungslage, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 5 (1996), 127-147.

[11]     Vgl. José A. Ferrer Benimeli, El Contubernio Judeo-Masónico-Comunista, Madrid 1982, insb. 135-210.

[12]     J.L. Sammons, Protokolle, 67-72.

[13]     Maurice Joly, Ein Streit in der Hölle, Frankfurt/Main 1990, 153-163.

[14]     J.L. Sammons, Protokolle, 29.

[15]     Niccolo Machiavelli, Der Fürst und kleinere Schriften (Klassiker der Politik 8), Berlin 1923, 99.

[16]     Henry Ford, The International Jew – The World´s Foremost Problem. Being a Reprint of a Series of Articles Appearing in The Dearborn Independent from Mai 22 to October 2, 1920, Dearborn, Mich. 1920. 

[17]     Henry Ford, Der internationale Jude, Bd. 1, Leipzig, 19. Aufl. 1922, 162ff.

[18]     Vgl. Robert Singerman, The American Career of the „Protocols of the Elders of Zion“, in: American Jewish History 71 (1981/82), 48-78. 

[19]     Alfred Rosenberg, Die Protokolle der Weisen von Zion und die jüdische Weltpolitik, München, 4. Aufl. 1933, 3ff.

[20]     Umberto Eco, Eine Fiktion, die zum Albtraum wird, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 151 vom 2. Juli 1994 (Bilder und Zeiten), 2; vgl. Id., Fiktive Protokolle, in: Id., Im Wald der Fiktionen. Sechs Streifzüge durch die Literatur, München 1994, 155-184.

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