Jörg Schreiner
Im Winkel 13, 67273 Weisenheim am Berg
Leserbrief
Zu Bernd Dietsche, Allahu akbar – oder haben wir alle den Verstand verloren?, PfPfrBl 12/2013, 474-476
Um es gleich zu betonen: Ich bin für mehr Toleranz gegenüber dem Islam, für mehr christlich-islamisch theologischen Dialog, für gemeinsame christlich-jüdische-islamische Gebete (wie z.B. in Assisi) und mehr gegenseitigen Respekt. (Auch für die Anstellung muslimischer MitarbeiterInnen in christlichen Einrichtungen habe ich mich engagiert und wurde dafür kritisiert). In vielen Vorträgen warb/werbe ich für mehr Kenntnisse, theologische Debatten über Gemeinsamkeiten und Unterschiede unserer Religionen, für Aufarbeitung des leidvollen Mit- und Gegeneinanders, für wirklich echte Dialoge statt vieler Vorurteile und Missverständnisse usw. Meine Bedenken habe ich jedoch, ob wirklich – wie in Bad Dürkheim (evtl. auch Speyer und Hambach?) im Konzert „Friedensmesse The Armed Man“ von Karl Jenkins – ein Imam in vollem Ornat und in Richtung Mekka in einer Kirche z.B. das Glaubensbekenntnis (aus einer Litanei) zitieren soll/darf.
In der Schloss-Kirche zitierte der Imam im Sprechgesang den „ Ruf zum Gebet“ („Adhaan“) mit folgender Formulierung: „ Allahu Akbar(4x); Ashadu An La Illa-Lah (2x); Ashadu Anna Muhammadan Rasulu-l-lah (2x)…“ und pries damit „Allah als einzigen Gott“. Ich begrüße den Aufruf zum Gebet um Frieden in einer „Friedensmesse“ („Eilt zum Gebet! Eilt zur Rettung! Das Gebet ist besser als der Schlaf!“), ebenso die dort geforderte Toleranz, ich habe Respekt vor dem Gebet und Bekenntnis der Muslime, wo auch immer. Aber muss dies in einer Kirche erklingen? Die Formulierungen möchte ich selbst herauslösen aus dem historischen und evtl. militanten Hintergrund, sehe sie nicht als evtl. historischen „Schlachtruf“ gegen uns Christen, sondern als Ehrung des Monotheismus. („Es gibt keinen fanatischen Islam, aber fanatische Muslime“!) Auch Christen waren manchmal/oft „im Namen Gottes“ aggressiv und militant und haben „Irrgläubige“ schikaniert und auch getötet! Alle Religionen haben sich im Namen ihrer Götter versündigt; wer darf da den „ersten Stein werfen“?
Allerdings provozierte mich persönlich der Gebetsaufruf in der Schloss-Kirche (zwar ein Konzert und kein Gottesdienst!) und ich lotete meine Toleranzgrenzen aus: Kein Gott außer Allah?! Ich habe dort nicht protestiert, empfinde jedoch Verständnis und Solidarität für die „Protestanten“. Hätte man nicht genauso gut dem Anliegen der „Friedensmesse“ entsprechen und das Bekenntnis eventuell weglassen können? Auch unsere Kirchenmusiker führen ja oft nicht alle Teile eines Oratoriums auf! Man hätte vielleicht noch mehr die Reaktionen empfindlicher, auch „engerer“ Zuhörer ahnen und bedenken können!
Die Imame hätte ich gerne gefragt, ob sie nun – nach so viel Toleranz und Respekt – sich auch einsetzen würden für Toleranz und Respekt gegenüber den Christen in muslimischen Ländern; ob sie sich einsetzen z.B. für die Anerkennung der Pfarrer und christlichen Gemeinden in der Türkei; ob sie ihr Wort erheben bei den militanten Glaubensbrüdern im Irak, Iran, Syrien und besonders in Ägypten, die Christen im Namen Allahs schikanieren und einige auch töteten. Dort haben die „Muslimbrüder“ am „Tag des Zorns“ (14. August 2013) 78 Kirchen angezündet und dutzende christliche Schulen und Institutionen verwüstet. Viele weitere Beispiele wären zu beklagen! Gerne würde ich die Imame nach ihrer Stellungnahme fragen, auch warum Christen z.B. der Zugang zu Moscheen im Ausland oft verweigert wird. Entgegen früheren Möglichkeiten wurde mir mehrfach der Zutritt zur El-Aqsa-Moschee und zum „Felsendom“ in Jerusalem verwehrt wie auch in Jordanien und im Yemen – keine Werbung für gegenseitige Toleranz, Anerkennung und Wertschätzung! Ich bin nun sehr gespannt auf die erbetenen Reaktionen unseres Kirchenpräsidenten und auch unserer Kollegenschaft und bitte um offene und sachliche Diskussionen.