Serie: NTJE
Prof. Dr. Bernd Schröder
Theologische Fakultät, Platz der Göttinger Sieben 2, 37073 Göttingen
Das „Neues Testament – jüdisch erklärt“ (NTJE) ist ein wissenschaftsbasiertes historisch-theologisches Sachbuch, das vorderhand ohne didaktische Ausrichtung publiziert wurde. Zugleich bietet das Buch nicht nur eine Fülle an Lernchancen zum Nachdenken über das Verhältnis von Christen und Juden – es ist eine Einladung neue Sichtweisen kennenzulernen: eine Einladung an Christ:innen, antijüdische Denkmuster, die zu nicht geringem Teil durch neutestamentliche Texte grundgelegt oder angeregt wurden, zu überwinden, und eine Einladung an Jüd:innen, das Neue Testament als Sammlung von Texten jüdischer Autor:innen zu entdecken. Zu einem Buch, das so viele Denkanstöße und Lernimpulse birgt, lassen sich mancherlei religionspädagogische Bezüge herstellen – drei von ihnen sollen hier zur Sprache kommen.
1. NTJE und Bibeldidaktik
Ein elementarer Sachverhalt ist voranzustellen: Auch wenn die Laufrichtung bibeldidaktischer Ideen und Konzepte kaum mehr auf das Schlagwort „von der Exegese zur Katechese“ (A. Läpple) zu bringen ist, bleibt sachlich angemessene, methodisch reflektierte, aktuelle Information über die Entstehung und Aussage biblischer Texte für didaktische Überlegungen unerlässlich – selbst dann, wenn diese Information nicht unmittelbar an die Lernenden weitergegeben wird, sondern „Hintergrundwissen“ der Multiplikator:innen bleibt (Schröder, Hintergrundwissen). In diesem Sinne stellt das NTJE in leicht zugänglicher Weise Informationen zum gesamten Neuen Testament bereit, die sich Lehrer:innen bislang mehr oder wenig mühsam suchen mussten – nämlich Informationen für ein Verständnis des Neuen Testaments und seiner einzelnen Schriften, die nicht länger Gefahr laufen, antijüdische Konnotationen mitzuführen (vgl. etwa die Erläuterungen zu heiklen Stellen wie Mt 5-7 – NTJE 23–30, 1. Thess 2,14-16 – NTJE 451f. oder Joh 8,44 – NTJE 209) und die mit einem wertschätzenden Duktus über jüdische Denk- und Lebenswelten des ersten Jahrhunderts unserer Zeit aufklären (vgl. die Essays im zweiten Teil des Buch, v.a. NTJE 619-795). Die Klarheit und Knappheit der Ausführungen macht den Gebrauch leicht.
Diesen Informationen kommt nicht zuletzt eine wichtige Prüf- und Kontrollfunktion gegenüber induktiven bibeldidaktischen Ansätze zu: Wenn etwa im Rahmen einer symbolisierungsdidaktisch oder kindertheologisch konzipierten Unterrichtseinheit Text-Interpretationen von Schüler:innen zur Sprache kommen, sind solche Überlegungen, die – wissentlich oder unwissentlich – an die Tradition antijüdischer Auslegungen des Neuen Testaments anknüpfen, zu problematisieren. Das NTJE hilft, sie zu erkennen.
Über diese beiden Funktionen – Bereitstellung von Hintergrundwissen und (Selbst-)Kritik möglicher Antijudaismen – hinaus regt das NTJE ungewohnte Erschließungswege für biblische Texte an:
Evangelien als Wege in der Nachfolge Jesu: Die Redaktionsgeschichte der Evangelien hat früh darauf aufmerksam gemacht, dass die vier Evangelisten ihre jeweilige Jesus-Erzählung mit eigenen Akzenten versehen und dabei u.a. auf die Geografie Palästinas zurückgreifen – in unterschiedlicher Weise führt Jesu Weg von (bei Mt und Lk: Bethlehem über) Galiläa nach Jerusalem. Die Symboldidaktikerin Ursula Früchtel hat dementsprechend eindrücklich gezeigt, dass sich dies in der Weg-Metaphorik vieler neutestamentlicher Texte und im Gebrauch von Verben des Unterwegsseins niederschlägt. Das NTJE bietet nun Landkarten zur „Geografie“ der vier Evangelien (NTJE 20.77.128 und 192 – leider ohne Einzeichnung der literarisch abgeschrittenen Wege Jesu), mit deren Hilfe sich die Wege Jesu visualisieren und vergleichen lassen.
Jesus, der Jude: Die Intention der Evangelien und der anderen Texte des Neuen Testaments geht dahin, Jesus als den Gesandten Gottes – etwa als „Menschensohn“ (NTJE 82) oder als „Messias“ bzw. als „Gesalbten/Christus“ auszuweisen (zu diesen Begriffen bzw. theologischen Konzepten vgl. Hinweise in den Essays „Messianische Bewegungen“ NTJE 670-678, darin bes. 672, „Grundfragen der Christologie“ NTJE 824-827, und „Jüdische Wundertäter […]“ NTJE 738-741). Unbeschadet dessen wird Jesus in allen Evangelien als Jude verstanden und beschrieben – und diese Frage, ob Jesus ‚wirklich‘ gelebt hat und wie er gelebt hat, trifft etwa bei Jugendlichen auf hohes Interesse: Warum also nicht mit fortgeschrittenen Schüler:innen exemplarisch ein synoptisches Evangelium auf Spuren des Juden Jesu hin durchsuchen und mit Hilfe des NTJE Erläuterungen erarbeiten? Als Ausgangspunkte eignen sich die instruktiven Einleitungen zu den Synoptikern (NTJE 13-15, 74f.116f.) und der Essay „Der Historische Jesus“, der zu Recht festhält, dass es darum geht, „das Außergewöhnliche an Jesus mit dem jüdischen Kontext des 1. Jahrhunderts, als dessen Teil er zugleich erkennbar gewesen sein muss, im Gleichgewicht zu halten“ (NTJE 683).
Neutestamentliche Texte als perspektivisch gefärbte Texte: Die theologische Färbung neutestamentlicher Schriften ist nicht einfach zu erkennen und zu demonstrieren – sie wurde schließlich erst durch jahrzehntelang praktizierte historisch-kritisch Exegese durchsichtig. Dies zu erkennen fällt womöglich leichter, wenn man die Begegnung mit Jesus aus der Perspektive wichtiger Figuren – Petrus, Maria u.a. – konstruiert oder rekonstruiert (wozu das NTJE über seine Register anregt und die Buchreihe „Biblische Gestalten“, Leipzig, bislang 33 Möglichkeiten anbietet). Schüler:innen können anhand dieser Personen ungewohnte Blickwinkel einnehmen, analog dazu ihre eigene Perspektive auf Jesus profilieren und sich zugleich mit der didaktischen Denkfigur des „Perspektivwechsels“ bzw. der „Perspektivenverschränkung“ (vgl. dazu Woppowa 85f. und 185-191) vertraut machen. Das NTJE ist dabei hilfreich, weil es seinerseits eine jüdische Perspektive auf ein zumeist aus christlicher Sicht gelesenes Buch einnimmt und diese Perspektive im Kleinen (d.h. im Blick auf einzelne Worte oder Textteile) wie im Großen (etwa durch die Essays) kenntlich macht.
2. NTJE und interreligiöses Lernen
Konzepte interreligiösen Lernens konzentrieren sich derzeit auf die Entwicklung solcher Lehr-Lern-Arrangements, die interreligiöse Begegnungen in der Gegenwart ermöglichen und reflektieren – etwa wenn im Rahmen des Hamburger Weges des Religionsunterrichts Individuen als authentische Stimmen aus verschiedenen Religionen ins Spiel gebracht werden (Bauer/Sommerhoff), wenn Unterrichtseinheiten darauf ausgerichtet sind, Alltag und religiöse Vorstellungen von anders-religiösen Peers im eigenen Lebensumfeld – also etwa eines jüdischen Mitschülers aus der eigenen Stadt (Meyer, Ben) – zur Sprache zu bringen, oder wenn Karlo Meyer vier „Religionenerschließungsmodi“ unterscheidet, denjenigen der „existentiellen Denkerin“, des „glokalen Akteurs“, der „Brückenmanagerin“ – allerdings auch denjenigen des „Forschers“, der andere religiöse Traditionen erkunden und verstehen will (Meyer, Grundlagen 172-208).
Für diesen Erschließungsmodus bietet das NTJE in verschiedener Hinsicht hervorragende Materialien.
Interreligiöses Verstehen der Entstehungszeit von Juden- und Christentum: Sah man früher ‚das Christentum‘ als Zweig am Baum ‚des Judentums‘ entstehen (und noch früher ‚das Christentum‘ ‚das Judentum‘ als Träger der Verheißungen Gottes ablösen), sehen viele Fachleute heute Judentum und Christentum zeitgleich, nämlich beginnend im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, entstehen – beide gleichermaßen angeregt aus dem Wurzelgrund des antik-biblischen Israel. Dieses Bild kann und soll an verschiedenen Lernorten bekannt gemacht werden, nicht zuletzt im schulischen Religionsunterricht: Der Umstand, dass die meisten Autoren neutestamentlicher Texte „christusgläubige“ Juden waren, dass die im NT erzählte Geschichte und die den Erzählungen zugrundeliegende Geschichte in jüdischem Kontext spielen, und der Umstand, dass sich in manchen Texten das Auseinandergehen der Wege verdichtet, wird im NTJE erläutert – als Ausgangspunkt eignet sich sehr gut der Essay „Jüdische Reaktionen auf die Anhänger Jesus“ (NTJE 786-800).
Interreligiöses Verstehen Jesu von Nazareth: Das NTJE verhilft dazu, christliche und jüdische Perspektiven auf die historische Gestalt des Jesus von Nazareth vor Augen zu führen. Es lässt zum einen Jesus als Juden erkennen und bietet ein einzigartig dichtes Netz an Informationen, um als jüdisch ansprechbare Praktiken und Denkfiguren des ersten Jahrhunderts zu identifizieren (s.o. Abs. 1). Zum anderen hilft es, die Perspektiven „christusgläubiger“ und nicht-christusgläubiger Juden zur Zeit Jesu zu unterscheiden – etwa im Blick auf die Auslegung der Gebote bzw. der Halacha (NTJE 635-640) oder im Blick auf die Erfüllung der Schriften (NTJE 793-795). Dies geschieht informierend, nicht wertend: Es geht darum „zu erkennen, welche verschiedenen Optionen für Juden im ersten Jahrhundert möglich waren“ (NTJE XVII). Und zum dritten lässt es nach-neutestamentliche Perspektiven anklingen, etwa wenn es „Jesus in der rabbinischen Tradition“ (NTJE 800-802) und „das Neue Testament und die jüdisch-christlichen Beziehungen“ (NTJE 837-841) thematisiert. Auf diese Weise öffnet es die Auslegung des Neuen Testaments im engeren Sinne für Fragestellungen des modernen christlich-jüdischen Gesprächs – und lenkt umgekehrt den Blick von dort zurück auf die (noch) fluiden, entwicklungsoffenen Konstellationen des ersten Jahrhunderts.
Interreligiöses Verstehen eines Deutungsmachtkonfliktes: Alles in allem machen die facettenreichen Informationen deutlich, dass es etwa beim Streit um die Titulatur Jesu weniger um ein historisches Richtig- oder Falsch-Urteil und weniger um ein theologisches Wahr- oder Unwahr-Urteil geht, sondern um einen Deutungsmachtkonflikt: „Religiöse Deutungen […] sind immer riskant und müssen mehr zu sagen wagen, als vor Augen liegt. Das kann unterschiedliche deutungsmächtige Strategien zur Folge haben“ (Martina Kumlehn; https://www.deutungsmacht.uni-rostock.de). Auf der einen Seite rangen die „Christusgläubigen“ um die Plausibilisierung ihrer Überzeugung, im Gekreuzigten und Auferstandenen den endzeitlichen Zeugen Gottes erkannt zu haben (und das Neue Testament ist die Sammlung derjenigen Texte, die das bezeugen) , auf der anderen Seite wurde die Angemessenheit einer nicht-messianischen Lesart von Judentum herausgearbeitet (was später vor allem in der Mischna und den Talmudim Ausdruck fand). Sowohl die Delegitimierung des Judentums als „verstockt“ zusammen mit der Entwicklung antijüdischer Theologoumena als auch die (weniger präsente) Jesus-Polemik der Rabbinischen Literatur lassen sich als Spuren eines Deutungsmachtkonfliktes verstehen. Das wiederum ist erhellend für den Umgang mit interreligiösen Streitfragen oder Konflikten der Gegenwart – etwa um „Antisemitismus“ (und dessen Bekämpfung) oder um die Rolle des „Staates Israel“ –, mit denen sich Schüler:innen in der Absicht des Brückenbauens befassen möchten.
3. NTJE und Erwachsenenbildung
Das NTJE tritt nicht als erwachsenenbildnerisches Projekt auf: Die Vorworte und Essays äußern sich zu dieser Dimension jedenfalls nicht ausdrücklich. Gleichwohl sticht, liest man das Werk mit religionspädagogischen Augen, eine implizite erwachsenenbildnerische Grundierung ins Auge.
Konzentration auf elementare Information: Die erwachsenbildnerische, an allgemein gebildete, aber nicht theologisch spezialisierte Christ:innen und Jüd:innen adressierte Ausrichtung wird in erster Linie an der Konzentration auf elementare Informationen erkennbar. Der Sprache ist an Klarheit, Knappheit und Verständlichkeit gelegen – und selbst die Übersetzung ins Deutsche spiegelt das bemerkenswert gut wider. Weder die Essays noch die Kommentierung einzelner Textpassagen verweisen auf Forschungsliteratur (lediglich NTJE 870-873 stellt „Textausgaben, Übersetzungen und [ausgewählte] verwendete Literatur“ zusammen) – zur Sprache kommt allein die sachliche Information. Dabei wird in der Regel die Mehrheitsmeinung referiert, allerdings kommen durchaus nicht selten abweichende oder auch der Intention des NTJE zuwiderlaufende Positionen zur Darstellung („Manche Fachleute meinen …“). Sowohl den „Infoboxen“ als auch den „Essays“ gelingt es überwiegend in hervorragender Weise, Grundlinien des jeweiligen Themas herauszuarbeiten und doch die Komplexität der jeweiligen Fragestellung anklingen zu lassen – vgl. etwa die Infobox „Der Umfang der Mission“ (NTJE 35 – zus. mit den Erläuterungen zu Mt 28,16-20 in NTJE 73) oder den Essay „Der historische Jesus“ (NTJE 678-683).
Was im Grundsatz positiv ist, weil es die Darstellung schlank hält, Grundlinien statt Details profiliert und der Verständlichkeit dient, birgt allerdings den Nachteil, dass eine weitere Vertiefung auf Anleitung bzw. auf Hinweise von dritter Seite auf weiterführende Literatur angewiesen ist.
Lehr-Lern-Intention des NTJE: Wie kaum ein anderes wissenschaftsbasiertes Buch macht NTJE deutlich, dass es nicht absichtslos geschrieben ist. Im Gegenteil: Dieses Gemeinschaftswerk sieht sich einem einhelligen „erkenntnisleitenden Interesse“ (Jürgen Habermas) verpflichtet – es will als „Antwort auf die […] Selbstkorrektur“ christlicher Theologien und Kirchen nach 1945 in Richtung einer Abkehr von Antijudaismus und Substitutionstheologie und einer Erneuerung des christlich-jüdischen Verhältnisses „in Freundschaft und gegenseitigem Respekt […] die christlichen Anfänge als Teil der jüdischen Geschichte“ wahrnehmen und beschreiben (NTJE XI). Die Herausgeber:innen schildern, dass sie „durch das Studium des Neuen Testaments zu besseren Juden geworden sind“, und geben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die Einsichten des Buches „zu einer besseren Theologie für die Zukunft führen“ können (NTJE XII; vgl. XIX): „In jedem Fall sollen die Erläuterungen […] christlichen Lehrern und Predigern dabei helfen, die ‚gute Nachricht‘ […] von Jesus […] nicht durch antijüdische Stereotype zu beflecken“ (NTJE XVII).
Die Konzeption dieses Werkes knüpft damit unausgesprochen an die Einsicht an, dass die Bibel „ein Buch des Lernens“ (Ingo Baldermann) ist – wer sich damit befasst, wer anerkennt, dass die biblischen Texte je neu interpretiert werden müssen, und wer bereit ist, Auslegungsfehler und „theologische Fehler“ (Dietrich Ritschl) zu korrigieren, der bzw. die nimmt einen Grundimpuls der Bibel auf und nimmt zugleich das christlich-jüdische Gespräch als das wahr, was es für viel Einzelne und für die Kirchen ist: ein tiefgreifender, für das Glauben-Können und das Verstehen der Gehalte des Glaubens existentiell relevanter Lernprozess.
Am deutlichsten tritt dieser Lernimpuls in dem Essay „Falsches Zeugnis geben: Verbreitete Irrtümer über das antike Judentum“ (NTJE 832-837) zutage.
Plurale Perspektiven als Lernchance: Nicht zuletzt erweist sich das NTJE darin als erwachsenbildnerisches Werk, dass es plurale Perspektiven einbringt – und zwar auf verschiedenen Ebenen. Zum einen ermöglichen schon die verschiedenen Textgattungen, die in diesem Werk vereint sind – Kommentierungen, Infoboxen, Essays, Karten und Tabellen –, unterschiedliche Zugänge zur Auslegung des Neuen Testaments und zur Arrondierung der eigenen Kenntnisse (vgl. dazu NTJE 619). Zum zweiten verfolgen die in den Texten vorgetragenen Positionen zwar ein gemeinsames Grundanliegen, nämlich dasjenige, eine historisch korrekte und zugleich wertschätzende Lesart des Judentums im ersten Jahrhundert zu ermöglichen, doch sie stimmen nicht in allen Details überein (NTJE 619) – die Leser:innen werden zur eigenen Urteilsbildung angeregt. Und zum dritten sind zwar alle Autor:innen des NTJE Jüdinnen und Juden, doch ungeachtet dessen „repräsentieren [sie] ein breites religiöses Spektrum“ (NTJE XX – leider werden im Autor:innenverzeichnis [NTJE XXIIf.] weder Zugehörigkeiten zu jüdischen Strömungen noch Wirkstätten benannt): Die Übersetzung ins Deutsche kann also von christlichen Leser:innen hierzulande durchaus als Einführung in den Reichtum des antiken wie des gegenwärtigen Judentums gelesen werden, so wie das englischsprachige Original als Anleitung zum Verstehen des Neuen Testaments für jüdische Leser:innen konzipiert wurde (NTJE XVIIf.).
Diese Pluralität passt zu den Gegebenheiten und Erfordernissen der Erwachsenenbildung: Unter diesen Begriff fällt nämlich eine Vielzahl von Lernorten – vom Bibelkreis in der Gemeinde bis zum „lebenskundlichen Unterricht“ in der Militärseelsorge, von der Tagung im Rahmen einer Akademie bis zur Bibelarbeit einer Initiativgruppe. Kein didaktisches Konzept kann für all diese Lernorte zugleich stimmig sein – ebenso wenig kann dies mit einem Lernbuch aus einem Guss gelingen. Es braucht vielmehr – je nach Zielgruppe – differenzierte Angebote (Schröder, Religionspädagogik, 321f.); und das „Neue Testament jüdisch erklärt“ bietet durch seine Polyphonität so viel Material und Zugänge, dass es in einem breiten Spektrum von Lernorten von Nutzen sein kann.
Kurzum: Das NTJE ist kein Buch, das unter religionspädagogischem Gesichtspunkt konzipiert wurde – nichtsdestotrotz gibt es eine Menge zu denken und zu lernen, und zugleich liest es sich gut. Wer immer beruflich als Religionslehrer:in, Pfarrer:in, Diakon:in o.a. biblische Texte zu erschließen hat, findet hier eine Fülle an Informationen aus dem Geist einer positiv-wertschätzenden – wechselseitigen (!) – Verhältnisbestimmung von Judentum und Christentum. Das ist didaktisch anregend, auch wenn das NTJE Vorschläge für mögliche Lehr-Lern-Arrangements und didaktisch-methodische Zugänge nicht schon unmittelbar bereitstellt.
Der Autor ist Professor für Praktische Theologie an der Universität Göttingen.
Literatur:
Bauer, Jochen/Sommerhoff, Mara: Für eine gerechte Welt – Prophetinnen, Propheten und wir. Unterrichtsmaterialien für die Sekundarstufe I mit CD-ROM (Interreligiös-dialogisches Lernen 5), München 2014.
Meyer, Karlo: Fünf Freunde fragen Ben nach Gott: Begegnungen mit jüdischer Religion in den Klassen 5 bis 7, Göttingen 2008.
Meyer, Karlo: Grundlagen interreligiösen Lernens, Göttingen 2019.
Schröder, Bernd: Hintergrundwissen, in: ZThK 114 (2017), 210-242.
Schröder, Bernd: Judentum und Islam unterrichten – Forschungserträge und Unterrichtsimpulse, in: Jahrbuch der Religionspädagogik 36: Judentum und Islam unterrichten, Göttingen 2020, 256-272.
Schröder, Bernd: Religionspädagogik, Tübingen (2012) 2., überarb. und akt. Aufl. 2021.
Woppowa, Jan: Religionsdidaktik, Paderborn 2018.
Zimmermann, Mirjam/Zimmermann, Ruben (Hg.): Handbuch Bibeldidaktik, Tübingen (2013) 2., revidierte und erweiterte Auflage 2018.