Apparatschiks in der Verkleidung von PfarrerInnen?

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Anmerkungen zum Abschlußbericht des Perspektivausschusses

Gerd Unbehend
Emilienstraße 36, 66424 Homburg

m Folgenden geht es nicht darum, die Arbeit des Perspektivausschusses sozusagen auf anderer Ebene fortzusetzen. Bei allem Respekt vor der Fleißarbeit der Autoren sind aus der Sicht der VPPP einige kritische Anmerkungen zu machen, die sich im wesentlichen auf zwei Punkte konzentrieren: das Verhältnis der PfarrerInnen zur Gemeinde und ihr Verhältnis zur Verwaltungsarbeit.
Im Abschlußbericht wird vom »Profil der Kirchengemeinde« gesprochen (2.3.1.), dem auf dem Weg der Pfarrstellenbewertung und der Bestellung auf Zeit der exakt passende Pfarrer/die exakt passende Pfarrerin zugeordnet werden solle. Zu fragen ist: Was geschieht, wenn sich das »Profil« der Kirchengemeinde wandelt – aus welchen Gründen auch immer? Und was geschieht, wenn sich das »Profil« des/der jeweiligen Stelleninhaber/in wandelt? Ex und hopp? Wohin?
Geradezu abgewertet worden ist das Pfarramt in unserer Landeskirche: verfassungsmäßig ist es ja nach wie vor geregelt und die Gemeinden sind Körperschaften öffentlichen Rechtes. Das jeweilige Pfarramt ist ein Amt für einen gebietsmäßig klar abgegrenzten Verantwortungsbereich. Jeder/jede Amtsstelleninhaber/in steht in einem Dienst- und Treueverhältnis zur Landeskirche. In dieser Eigenschaft trägt er/sie die öffentliche Verantwortung für den ihm/ihr zugeordneten Bereich. Selbst bei der Delegation von Aufgaben etwa an Ehrenamtliche kann er/sie sich der alleinigen Verantwortung nicht entziehen. Da spielt das »Profil« einer Gemeinde eine untergeordnete Rolle; über den Grundkatalog der Anforderung an die Stelleninhaber/innen läßt sich aktuell überhaupt nicht diskutieren, ohne die Gesamtstruktur einer Landeskirche anzugreifen.
Das vorfindliche »Profil« einer Kirchengemeinde ist aber auch immer im Wandel begriffen. Es ist abhängig von Personen und gruppendynamischen Prozessen. Die Beschreibung eines solchen Profils hätte nur Annäherungscharakter, wäre sehr subjektiv, daher rasch zu beliebigen Zwecken zu modifizieren oder bald überholt.
Kirchengemeinden sind bis jetzt noch keine religiösen Dienstleistungsunternehmen, die eigenständig ein besonderes Profil deklarieren können. Oder schwebt den Autoren des Perspektivberichtes die künftige »Privatisierung« der Kirche vor? Wird hier der Abgang der Landeskirche in freikirchliche Strukturen eingeläutet?
Der absolut richtige Hinweis auf CA VII relativiert die Diskussion um das Profil einer Gemeinde: Profil ist eher im Konsens aller Gemeinden als in Sonderwegen zu gewinnen. »Profil« ist keine Definition eines aktuellen Zu- oder Mißstands.
Entlarvend ist der Satz: »Angesichts knapper werdender Mittel muß eine größere Transparenz für eine gerechte Verteilung des Stelleneinsatzes erreicht werden.« (2.3.3.)>BR> Zusammenfassend ist zu den in 2.3.1. angeführten Kriterien anzumerken: Die allgemeinen Aufgaben des Gemeindepfarrdienstes sind eo ipso vorgezeichnet und müssen nicht durch zusätzliche Papiere ergänzt werden.
Eine Kirchengemeinde braucht keine von Dekanat oder LKR festzulegende genehmigte Zielsetzungsplanung! Autonomie und Basisnähe sollten nicht durch hierarchische, verwaltungsstärkende, ausgelagerte Kompetenzbereiche untergraben werden.
Wo bleibt eigentlich die vielbeschworene Menschennähe, wenn wir unseren Kirchengemeinden und Presbyterien offensichtlich so wenig zutrauen? Bio-tope, also Lebens-Orte sollen unsere Kirchengemeinden sein, keine durchrationalisierten Bandstraßen mit angepaßten ZuarbeiterInnen.
Ich bin davon überzeugt, daß der durch die Ordination gegebene Dienstauftrag völlig ausreichend ist, um in unterschiedlichen lokalen und zeitlichen Arbeitsbedingungen PfarrerInnen fähig zu machen, ihren Dienst rite und recte zu versehen.
Ähnliches gilt auch im Blick auf die »besonderen Begabungen der Pfarrerin/des Pfarrers«, die man weder in eine Dienstordnung noch in eine nach oben gestufte Supervision pressen kann (2.3.1.) Den Versuch, den Hl. Geist verwaltungstechnisch zum Wohle einer Kirchengemeinde zu instrumentalisieren, kann sich eine dem Evangelium verpflichtete protestantische Kirche nicht leisten. Charismen lassen sich niemals behördlich feststellen, festsetzen und vermarkten.
Eine »Dienstordnung« haben bisher sowohl Kirchengemeinden als auch Pfarrer weder vermißt noch gebraucht. In unserer Kirche sollten wir alles dafür tun, daß wir intensive geistliche Basisarbeit höher schätzen als extensive Bürokratie.
Gewiß sind Pfarrerinnen und Pfarrer die verantwortlichen Koordinatoren ihrer Amtsgeschäfte. Niemand wird aber bestreiten können, daß die verwaltungstechnischen Anforderungen an die Inhaberinnen von Pfarrämtern in den letzten Jahrzehnten sprunghaft angestiegen sind. Auch die inzwischen entstandenen Verwaltungsämter dienen nicht überall zur Entlastung.
Wenn nun auf dem Wege einer hoheitlich zu genehmigenden Zielsetzungsplanung und einer Dienstordnung der letzte Bereich verwaltungstechnisch erfaßt wird, der sich bisher solchen Kategorien entzogen hat, nämlich Verkündigung und Seelsorge, so ist abzusehen, daß künftig nur noch lizenzierte Apparatschiks die Geschäfte eines Kirchenkonzerns zu betreiben haben. Dies werden wir als VPPP niemals akzeptieren können.

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