Das Scherflein der Witwe

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Ein Beitrag zum Thema „Fundraising“

Ulrich Reh
Trierer Straße 9, 66869 Kusel

Ulla Schmid
Hauptstraße 18, 66871 Konken

Was würde wohl die Witwe aus Mk 12,41ff sagen, die wenig hat und dieses Wenige ohne viel Aufhebens gibt? Jesus hebt ihr Verhalten hervor gegenüber denen, die von ihrem Überfluss viel geben.

Diese Erzählung beschäftigte den Pfarrkonvent Kusel auf seiner Sitzung am 8.11.2010. Einen Beitrag zu diesem Thema zu verfassen, ist ein ausdrücklicher Wunsch der Pfarrerschaft des Kirchenbezirkes. Mit den folgenden Gedanken will sie ermutigen, sich offen, kritisch und theologisch (!) mit „Fundraising“ auf allen (!) Ebenen der Landeskirche zu befassen.

Unbestritten ist die Notwendigkeit, die finanzielle Zukunft der Kirche in den Blick zu nehmen, um auch weiterhin zum Wohl der Menschen arbeiten zu können.

Eine erste Frage war allerdings, wie eine Dekan/innenkonferenz ein so weit reichendes Papier verfassen kann und dieses als „Freiburger Schulterschluss“ verabschiedet (am Sonntag, dem 14.3.2010, mit acht Dekanen einstimmig beschlossen, im Oktober 2010 mit 15 Ja- Stimmen,

drei Enthaltungen und einer Nein-Stimme nochmals bestätigt und unter dem Datum vom 14.3.2010 einstimmig beschlossen)? Die Art und Weise des Zustandekommens dieses Papiers, seine Verabschiedung und Beschluss gibt den Dekan/innen eine Macht, die sie nicht mehr als pars interparem sein lässt. Hier sprechen sich Dekane/Dekaninnen selbst eine Machtfülle zu, die nicht der presbyterial-synodalen Verfassung unserer Landeskirche entspricht. Die Dekan/innenkonferenz ist kein gesetzgebendes Gremium! In einer solch wichtigen Angelegenheit haben Presbyterien, Bezirkssynoden und die Landessynode mitzureden und zu entscheiden. Der „Freiburger Schulterschluss“ nennt in seinen Ausführungen die besondere Verantwortung und Zuständigkeit von Dekan/innen. Wo bleibt hier der Bezirkskirchenrat als Leitungsgremium der mittleren Ebene?

Das vorliegende Konzept bindet viel Personal, Zeit und Arbeitskraft: Dekane/Dekaninnen erhalten zusätzliche Aufgaben; die Landeskirche startet ein IT-Konzept und schafft einen Sonderfond „Fundraising“, nachdem sie Baumittel erheblich gekürzt und ihre Vergabe auf die mittlere Ebene abgegeben hat. Entbehrt dies nicht einer gewissen Logik? Pfarrer/innen müssen nun „strategisch“ Geld eintreiben. Um was für eine Strategie handelt es sich? Und wieder wird ein neues Amt geschaffen: Dekanatsbeauftragte für „Fundraising“. Auf dem Hintergrund des Stellenabbaus in der Landeskirche erwartet Pfarrer/innen eine zunehmende Belastung. Gleichzeitig sollen sie neue Aufgaben übernehmen, die viel Zeit und Einsatz beanspruchen. Ist das der Weg vom Seelsorger zum Manager?

Äußerst bedenklich und theologisch fragwürdig sieht der Pfarrkonvent die „neue Feier- und Danksagungskultur“. Sie widerspricht Jesu Worten in der Bergpredigt: „Wenn du also einem Bedürftigen etwas spendest, dann hänge es nicht an die große Glocke! Benimm dich nicht wie die Scheinheiligen in den Synagogen und auf den Straßen. Sie wollen nur von den Menschen geehrt werden…“.(Mt 6,2) und auch seinen Worten zur Gabe der Witwe. Ähnliches äußert Paulus: „Lasst uns Gott (!) danken für sein unsagbar großes Geschenk“ (2. Kor 9,15). Wo bleibt die Würdigung all der Spender/innen, die selbstverständlich ohne viel Aufhebens ihren Teil zur Finanzierungder Gemeindearbeit in Form von Spenden, Opfergaben u.a.m. geben?

Kirche fängt an, die Sprache und das Denken der Wirtschaft als kirchliches und theologisches Mittel des Gemeindeaufbaus und der Sicherung gemeindlicher Arbeit auszugeben. Unter der Hand wird dabei das Proprium von Theologie und Kirche durch die Betonung strategisch wirtschaftlicher Überlegungen in den Hintergrund gestellt, ja sogar vergessen. Deshalb muss folgerichtig der „Freiburger Schulterschluss“ einleitend ethische Grundsätze des „Fundraisings“ ansprechen, was für die Kirche eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Das neue Motto der „Fundraising-Kultur“ richtet sich nicht mehr nachMt 6,2, sondern lautet jetzt: Tue Gutes und rede kräftig darüber! Ist das die Theologie der Zukunft? Gemeindeglieder sind an diesem Punkt sehr hellhörig und sensibel. Das darf nicht außer Acht gelassen werden! Als Kirche haben wir nicht das Denken und die Sprache der Wirtschaft zu imitieren; wir haben uns sogar davon zu distanzieren, wenn es nur noch um Effizienz und Geld geht. Die Sprache sowie der Inhalt des „Freiburger Schulterschlusses“ sind an dieser Stelle verräterisch. Man kann nur hoffen, dass dieses Papier noch nicht in die Hände der Gemeindeglieder gekommen ist. Der Schaden wäre groß!

Viele Pfarrer/innen schöpfen bereits die vielen Möglichkeiten zur Verbesserung der finanziellen Situation der Kirchengemeinde aus (z.B. Ortskirchensteuer, gezielte Spendenaufrufe für bestimmte Projekte u.a.). Dies ist bereits Fundraising und beginnt nicht erst mit einem Betrag von 15.000 Euro, wie bereits von Managern in Fortbildungen gesagt. 

Unsere Aufgabe als Glieder am Leib Christi besteht darin, im Namen Jesu zum Wohl der Kirche und der Menschen zu wirken, nach dem jeweiligen Ermessen, ohne Belohnungsdenken, ohne lautstarkes Ausrufen der Spender/innen.

Dies sind einige Gedanken des Pfarrkonventes Kusel. 

In einer Nachbesprechung wurde uns deutlich, dass es Unterschiede gibt zwischen dem, was in der Aus-, Fort- und Weiterbildung zum Thema „Fundraising“ vermittelt wird, und den Formulierungen der Dekan/innenkonferenz im „Freiburger Schulterschluss“. Hier müsste unbedingt eine Klärung erfolgen, damit nicht aneinander vorbei gesprochen oder Falsches formuliert wird.

Abschließend sei gesagt, dass wir uns wünschen, dass kirchliche Finanzen nicht nur unter wirtschaftlichen, sondern unter theologischen Aspekten behandelt werden, dass eine Diskussion auf breiter Ebene innerhalb der Landeskirche geführt wird und Spender/innen eine solche Würdigung erfahren, wie es der&xnbsp; frohen Botschaft entspricht! 

Der Beitrag wurde im Auftrag des Pfarrkonvents Kusel verfasst.

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Ulla Schmid, Ulrich Reh

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