Okko Herlyn: Was nützt es dir?

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Paul Gerhard Schoenborn
Dellbusch 298, 42279 Wuppertal


Okko Herlyn: Was nützt es dir? Kleine Einführung in den Heidelberger Katechismus
,Neukirchener Verlag 2013, 111 Seiten, 14,99 Euro, ISBN 978-3-7615-6027-3

Okko Herlyn, emeritierter Theologieprofessor, gefragter Prediger und noch immer sehr aktiver niederrheinscher Kabarettist, hat eine „Kleine Einführung in den Heidelberger Katechismus“ aus dem Jahre 1563 geschrieben. Als Theologe ist er mit den dogmengeschichtlichen und kirchenhistorischen Hintergründen gut vertraut, als akademischer Lehrer versteht er sich auf die Kunst eingängiger, klar konturierter Vermittlung, als Prediger wie als Kabarettist ist ihm direkte, pointenreiche Sprache zu eigen. Er kennt die Welt von Ottilie und Otto Normalverbraucher und hat gelernt – wie Luther sagt –, „dem Volk aufs Maul zu schauen.“

Er geht in acht Kapiteln die 129 Fragen des Heidelbergers entlang und zeigt so etwas wie den roten Faden dieser Glaubenslehre aus reformatorischem Geist: „Mein einziger Trost“, „Das Ende des Gutmenschen“, „Erlösung – auch etwas für den Verstand“, “Bekenntnis kompakt“, „Was es mit den Sakramenten auf sich hat“, „Wozu gute Werke?“, „Was sollen wir tun?“, „Vom Gebet“. Vorweg hat er etwas zum Begriff „Katechismus“ und zur Entstehungsgeschichte des Heidelbergers gesagt, dazu die Funktion der zahlreichen biblischen Belege erklärt und die pädagogische Absicht, die seiner Meinung nach hinter der Frage-und-Antwort-Methode steht, nämlich den Lesenden oder, wie man es früher hielt, den Auswendig-Lernenden in einen Verstehenszusammenhang zu ziehen.

Okko Herlyns Ziel ist es, heutige Christen davon zu überzeugen, dass es sich bei dem Heidelberger Katechismus keineswegs nur um ein zu seiner Zeit wichtiges reformatorisches Zeitdokument handelt, sondern dass er als Glaubenshilfe auch heute noch nützlich sein kann. Er legt ein um Verstehen bemühtes, werbendes Plädoyer für diesen Text vor, keine Problematisierung.

Auffällig ist der Titel des Buches: „Was nützt es dir?“ Diese simpel anmutende Frage taucht wörtlich (Frage 28, 36, 43, 45, 49, 51) oder in Variationen: „Welchen Trost gibt dir …?“ (Frage 52), „Was hilft es dir?“ (Frage 59) merkwürdig oft im Heidelberger auf. Dahinter muss sich ein starkes Anliegen verbergen.

Okko Herlyn interpretiert diesen Sachverhalt so: „Dass der Heidelberger Katechismus sich überhaupt auf den Gedanken des Nutzens einlässt, hängt vielleicht … [damit] zusammen. Philipp Melanchthon, einer der großen Reformatoren, schrieb: ‚Christus erkennen heißt, seine Wohltaten erkennen.’ Er wehrte sich mit diesem Satz gegen eine Theologie, die sich darauf beschränkt, bestimmte Glaubenswahrheiten als ‚an und für sich’ richtig anzusehen, unabhängig von ihrer Bedeutung für den Menschen. Die Geschichte Jesu Christi ist aber nicht ein Film, den man sich mit verschränkten Armen aus einer gewissen Distanz ansehen kann. Sie ist eine Geschichte, die um unsertwillen geschehen ist, ja, die uns schlicht zugute kommen soll. ‚Das hat er alles uns getan, sein groß Lieb zu zeigen an’, singt Martin Luther in einem seiner Weihnachtslieder. Es könnte sein, dass der Heidelberger mit seinem sicher etwas ungewöhnlichen ‚Was nützt es dir …’ also von vornherein eine reine Zuschauerhaltung abwehrt und uns zur Teilhabe einlädt. Etwas, um das wir ja andernorts mit Recht kämpfen“  (S. 19).

Als ich mit der Lektüre von Okko Herlyns Buch begann, habe ich mir sogleich den ursprünglichen Text des Heidelbergers und die 1961 in moderneres Deutsch gebrachte Fassung daneben gelegt. Ohne ständige Überprüfung an den vollständigen und teilweise herben Aussagen des Katechismus hätte mir die in leichtem, eingängigem Ton vorgetragene Interpretation des reformierten Glaubensbuches für heutige evangelische Christen wenig gebracht. Ich hätte wohl vor allem Erfahrungen des ehemaligen Gemeindepfarrers Herlyn wahrgenommen. Ich hätte beifällig genickt zu manchen Infragestellungen moderner Phänomene, sei es die verbreitete selbstbezogene Erarbeitung von sogenannter Patchworkreligion, sei es unser Leben auf Kosten der Dritten Welt oder der herrschende Konsumismus. Aber ich wäre damit mehr bei Okko Herlyn und weniger beim Heidelberger gewesen.

So nehme ich an, dass diese „kleine Einführung“ überwiegend die angehen wird, die sich als nach Gottes Wort reformiert verstehen und den Heidelberger – ganz gleich ob im Urtext oder in der modernisierten Fassung von 1961 – verinnerlicht haben. Ich stieß übrigens bei dieser Gelegenheit auf eine gut gemachte Webside: http://www.heidelberger-katechismus.net/6401-214-227-50.html. Aber ob das Buch suchende und fragende Zeitgenossen außerhalb reformierter Kreise erreichen wird? Auf jeden Fall aber die, denen entweder der Prediger oder der Kabarettist oder einfach der Mensch Okko Herlyn bereits etwas zu sagen hatte.

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