Die Rechtfertigungslehre im Koran

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Helmut Aßmann

Herzogstraße 74, 67435 Neustadt-Gimmeldingen

In Sure 21,60 bezeugt der Koran, dass Gott Abraham gerechtfertigt hat, weil er ihn kannte: „Wir gaben vordem Abraham seine Rechtschaffenheit, weil wir ihn kannten.“ Nicht aus Glauben wird Abraham gerechtfertigt, sondern weil Gott ihn kannte.

Der Satz aus 1.Mose 15,6: Abraham glaubte dem Herrn, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit an, den Paulus in Römer  4,3 zitiert: Abraham hat Gott geglaubt, und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet, wird hier offenbar als bekannt vorausgesetzt und umformuliert. In den beiden biblischen Belegstellen ist also der Glaube der Grund für die Rechtfertigung.

Luther wendete sich gegen ein Missverständnis dieser Aussage, das den Glauben als einen Akt des Vertrauens durch die Werke der Frömmigkeit ersetzt hatte, indem er die grundlegende Erneuerung des Menschen durch den Glauben und die erneuernde Kraft des Glaubens lehrte.

Hatte Luther sich gegen die Gefahr des Synergismus gewendet, eben weil Gott das Subjekt des Rechtfertigungsgeschehens ist, wie es das neutestamentliche Zitat durch die passivische Verbform zum Ausdruck bringt, so schließt der Koran dieses Missverständnis dadurch aus, dass er das biblische Zitat in wörtlicher Rede Allahs wiedergibt und dadurch unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass Gott der Handelnde ist, der sich an Abraham erinnert, ihn kannte.

In dieser ersten Koranstelle, in der Abraham erwähnt wird, fehlt also die Erwähnung des Glaubens Abrahams. Es bleibt somit offen, warum sich Gott an Abraham erinnert. So sehr das rechtfertigende Handeln Gottes an Abraham hier frei von menschlicher Mitwirkung gedacht wird, so kann doch nicht ganz ausgeschlossen werden, dass die Rechtfertigung Abrahams ein Willkürakt ist. D.h. der Akt der Rechtfertigung braucht eine Begründung in der Person Abrahams.

Diese Begründung gibt der Koran in einer andern  Sure, in der von Abraham die Rede ist. Dort heißt es: „Als der Herr zu Abraham sprach: Sei gottergeben, da sagte er: Ich habe mich ergeben dem Herrn der Welten“ (2,131) und in 2,135:„ Folget dem Glauben Abrahams nach, des Aufrichtigen; denn er war kein Götzendiener, sondern ein Hanif, das ist ein Gottergebener.“ Und in 2,136 sprechen die Muslime: „Wir glauben an Gott, (…..) ihm ergeben wir uns.“

Dem Vorbild Abrahams sollen die Muslime folgen. Der Grund ist die Gottergebenheit Abrahams. Dies fasst die Sure 3,66 in folgende Worte: „Dass Abraham weder Jude noch Christ war, doch er war Gott ergeben, d.h. er glaubte an Gott und er war nicht der Götzendiener einer.“

In diesem Zitat wird die Grundhaltung der Gottergebenheit mit dem Glauben an Gott  gleichgesetzt. Wir wissen nun, warum Gott sich an Abraham erinnerte und worauf es im Leben der Muslime ankommt. Es ist der als Gottergebenheit verstandene Glaube oder die als Glaube verstandene Gottergebenheit, die den Grund der Rechtfertigung Abrahams ausmachen. Beide Begriffe werden synonym verwendet. Damit ist die Identität der  Rechtfertigungslehre des Alten und Neuen Testaments mit der des Korans bewiesen. Dies wird aber im Koran nicht erkannt, sondern es wird trotz der Einhelligkeit in der Lehre eine Abgrenzung gefordert. Es ist dem Muslim genug, dem Glauben Abrahams, bzw. dem Vorbild Abrahams zu folgen, um zur Rechtfertigung zu gelangen. Es ist daher für Muslime nicht nötig, Jude oder Christ zu werden. „Und sie sprechen: Werdet Juden oder Christen, auf dass ihr recht geleitet seid. Sprich: Nein, folget dem Glauben Abrahams. Oder wollt ihr sagen, Abraham und Ismael und Isaak und Jakob und seine Kinder waren Juden oder Christen?“ (2,140)

„Wir glauben an das, was zu uns herabgesandt worden war, und was auch zu Abraham herabgesandt worden war und Ismael und Isaak und Jakob und seinen Kindern und was gegeben ward allen andern Propheten von ihrem Herrn. Wir machen keinen Unterschied zwischen ihnen“(2,136).

Sie alle haben die Rechtfertigung aus Glauben erlangt. Deshalb suchen die Muslime die Kontinuität zu dem Glauben Abrahams ohne eine Vermittlung durch eine andere Glaubensgemeinschaft. Sie bilden also eine dritte Religion neben den beiden erstgenannten, ohne die Notwendigkeit, sich einer von diesen anschließen zu müssen.

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