Ewige Feindschaft? Der Schwertvers Sure 9:5 in der Auslegung und seine Geschichte

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Gerhard Eckstein
Gutleutstraße 12, 67098 Bad Dürkheim

Beängstigende Nachrichten gehen um. Weltweit würden 100 Millionen Christen wegen ihres Glaubens verfolgt.1 Man kann und muss solche Zahlenangaben in Frage stellen. Richtig ist, dass die Sorge um christliche und andere religiöse Minderheiten durch das brutale Vorgehen der Kämpfer von ISIS (Islamischer Staat Irak und Syrien) neue Nahrung erhalten hat. Im Umfeld solcher islamistischen Kämpfe wird oft der sogenannten „Schwertvers“ Sure 9:5 genannt. Er laute: „Wenn die Schutzmonate2 abgelaufen sind, dann tötet die Ungläubigen.“

Von „Ungläubigen“, arabisch: kafirun, ist allerdings nicht die Rede. Im Koran steht muschrikun, das sind  Polytheisten. Außerdem wird unterschlagen, dass das Zitat nur den ersten Teil des Verses wiedergibt. Denn es heißt weiter: „Wenn sie aber bereuen, das Gebet verrichten und die Abgabe geben, dann lasst sie ihres Weges ziehen. Allah ist barmherzig und vergibt.“3

1. Frage: Lassen sich die Polytheisten in Sure 9:5  näher bestimmen?

Sure 9 spricht von der Aufkündigung eines Vertrages, der zwischen Muslimen und Polytheisten geschlossen wurde: „Aufkündigung Gottes und seines Gesandten gegenüber denen von den Muschrikun, mit denen ihr einen Vertrag abgeschlossen habt“ (9:1). Der Vertrag selbst wird nicht näher bezeichnet.

In den frühen Überlieferungen zum Leben Muhammads heißt es, dass die Offenbarung der Sure im Jahre 9 AH/ 631 AD erfolgt sei.4 In diesem Jahr fand ein Kriegszug nach Tabuk statt. Nach der Überlieferung war es eine Expedition gegen die Byzantiner, bei der es aber nicht zum Kampf, sondern zu einem Friedensvertrag kam. Auf diesen lassen sich die Eingangsverse von Sure 9 nicht beziehen.

Anders sieht es aus, wenn wir mit dem Ausleger Mawdudi die Verse im Zusammenhang mit dem Vertrag von Hudaybiya (6 AH/ 628 AD) sehen.5 Am Ende des Jahres 6 zog Muhammad mit seinen Anhängern nach Mekka, um die kleine Pilgerfahrt, die Umra, durchzuführen. Der führende Stamm in Mekka, die Quraisch, misstraute Muhammad und wollte den Zug von 700 Männern nicht zur Ka’ba lassen. Nach längeren Verhandlungen kam es zu einem Friedensabkommen, das zehn Jahre gelten solle. Zur zeitlichen Einordnung siehe auch den Kommentar von Rudi Paret.6

Wenn der Vertrag von Hudaybiya den Hintergrund für Sure 9 bildet, dann sind die Muschrikun eindeutig die Araber, die den Glauben an die altarabischen Götter nicht aufgegeben haben. So auch Al-Tabari.7  Nach Vers 4 sind aber nicht alle betroffen, sondern nur diejenigen, die den Vertrag gebrochen haben.

Auf keinen Fall richtet sich Sure 9:5 gegen Juden und Christen, denn diese sind „Leute des Buches“ und als solche zu achten. Für Juden und Christen gelten die Verse 29-31 der Sure. Das heißt, auch sie sollen im Herrschaftsbereich des Islams bekämpft werden, dass sie sich den Muslimen unterordnen und als „Schutzbefohlene“ eine besondere Steuer bezahlen.

2. Die Auslegung von Sure 9:5 durch Muslime

2.1. Die Sunna

In der berühmten und hochangesehenen Sammlung der Überlieferungen aus dem Leben Muhammads bei Al-Bukhari (810-870 AD) findet sich im Buch der Auslegung des Korans keine Angabe darüber, wer die Polytheisten sind.8 Das heißt, für die Gefährten Muhammads und die frühe Gemeinde war das keine Frage. Diskutiert wurde, ob Abu Bakr, der Leiter der Pilgerfahrt, oder ob Ali, der Schwiegersohn Muhammads, die Aufhebung des Vertrages verkündete.

2.2. Al- Tabari (839- 923)9

Als Kompendiun der ersten drei Jahrhunderte der Koranexegese ist Al-Tabaris Kommentar ein   unverzichtbares Werk für Fragen der Auslegung. Zu unserem Text gibt Tabari sehr ausführlich die verschiedenen Meinungen über die Anzahl, die Namen und den Beginn der geschützten Monate wieder.10 Der Vertrag mit den Polytheisten sei aufgehoben worden, wegen ihrer Feindschaft gegen den Gesandten Gottes und seine Gefährten. Wenn sie umkehren von dem, was ihnen verboten ist, nämlich dem Polytheismus, zur Einheit Gottes, ohne ihm Göttinnen und Partner an die Seite zu stellen, dann sollen sie, wie es in Vers 5b steht, ihres Weges ziehen. Damit ist klar, dass nach dem ursprünglichen Verständnis des sogenannten Schwertverses weder Christen noch Juden gemeint waren.

2.3. Al-Zamakhshari (1075-1144)

Der Kommentar von Al-Zamakhshari11 ist sprachwissenschaftlich herausragend und gilt bei den sunnitischen Gelehrten als einer der bedeutendsten. Die Muschrikun, schreibt Zamakhshari, seien diejenigen, die auflösten oder für nichtig erklärten, was für sie erkennbar sei. Sie dürften nicht mehr nach Mekka gelangen. In der Einleitung zu Sure 9 sagt Zamakhshari, dass die Zeit der Offenbarung der Sure nicht ganz sicher sei. Es habe ein Vertrag mit den Polytheisten bestanden. Götzendiener von Mekka und andere der Araber seien beteiligt gewesen. Das spricht für die Annahme, dass es sich um den Vertrag von Hudaybiya handelt.

2.4. Al- Baydawi (gest. 1282)

Von Al-Baydawi haben wir den Standardkommentar des späten Mittelalters, der bis heute sehr angesehen ist. Baydawi stellt fest, dass die Muschrikun diejenigen seien, die die Verträge (das Recht) gebrochen hätten. Wenn sie bereuen, das Gebet verrichten und die Armensteuer geben, soll man sie ziehen lassen, denn Gott vergibt und ist barmherzig.12 In der Erklärung zu 9:1 werden diese Leute als polytheistische Araber bezeichnet. Außer der Nennung der Schutzmonate erfolgt keine weitere Auslegung des Schwertverses.

2.5. Mawdudi (1903-1979)

Sayyid Abu al-A´la Mawdudi gehört zu den muslimischen Erneuerern. Er war Journalist und Politiker und hat ein Diplom als religiöse Autorität erworben. Sein Korankommentar ist unter jungen Muslimen sehr verbreitet. Der Ansatz Mawdudis gilt als eine Hauptquelle der späteren politisch ideologischen Qur’aninterpretation. Zu Sure 9:5 schreibt Mawdudi, die heiligen Monate seien die vier Monate in einem Jahr gewesen, in denen die Muslime die Polytheisten nicht angreifen durften.13 Abu Bakr habe sich im Kampf gegen die Stämme, die nach dem Tod Muhammads vom neuen Glauben abgefallen waren, auf diesen Vers bezogen. Damit sind auch nach Mawdudi Christen und Juden von der Koranstelle nicht betroffen.

3. Ein Blick in die Geschichte

Im Rahmen dieser Arbeit kann ich keinen vollständigen Überblick über die Wirkungsgeschichte  des Textes geben. Ich muss mich auf einige Eckpunkte, die relativ einfach nachgelesen werden können, beschränken.

Nach dem Tod Muhammads im Juni 632 wählten die Muslime einen seiner treuesten Anhänger,  Abu Bakr, zum ersten Kalifen. Einen Aufstand der Stämme, verbunden mit der Forderung nach einem Steuernachlass, hat er niederwerfen können. Dabei soll, wie schon gesagt, der Schwertvers Sure 9:5 zur Anwendung gekommen sein.

In einem Reisebericht aus dem 11. Jahrhundert schreibt der Perser Nasr E.-Khosrou, dass der Fatimidenkalif Al-Hakim (reg. 996-1021) die Kirche in Bayt ul-Maqdis habe plündern und zerstören lassen.14 Unter diesem Kalifen gab es gezielte Verfolgungen von Nichtmuslimen.

Im Zeitalter der Kreuzzüge wurden schließlich die Christen eindeutig zu den „Ungläubigen“ gerechnet und bekämpft. So heißt es zum Beispiel im Bericht des Ibn al-Qalanisi (1073-1160), dass der Herrscher Nur ad-Din Mahmud zum Dschihad gegen die Ungläubigen gezogen sei. Gleich nach seiner Ankunft in Damaskus am 9. Mai 1157 habe er befohlen, Belagerungsmaschinen, Waffen und Kämpfer zu sammeln „… zum Kampf gegen die Franken, Anhänger der Vielgötterei und des Irrglaubens. … Gott, der Erhabene, wird seine Absichten und Entschlüsse mit einem glänzemden Sieg krönen durch die Vernichtung der Aufsässigen und Ungläubigen …“15

Aber es waren nicht nur politische Umstände, die zu einem Nachdenken über die Frage des Umgangs mit Nichtmuslimen geführt haben. Auch Muslime konnten zu Ungläubigen erklärt werden. In der Auseinandersetzung mit den Mongolen, die 1258 Baghdad erobert hatten, erklärte der berühmte Theologe Ibn Taymiyya (1263-1328), dass die Mongolen, obwohl sie Muslime waren, als Ungläubige zu bekämpfen seien. Das Glaubensbekenntnis allein sei zu wenig.

Der Philosoph und Jurist Ibn Rushd (Averroes) (1126-1198) erklärt in seinem Handbuch des islamischen  Rechts, dass die Juristen darin übereinstimmten, dass die Menschen, die bekämpft werden sollten, die Polytheisten ( Muschrikun) seien. Aber im Einzelnen habe es immer Diskussionen gegeben. So habe zum Beispiel der angesehene Gelehrte Malik Türken und Äthiopier ausgenommen16 .

Der Augsburger Arzt Leonhart Rauwolff  schreibt in den Aufzeichnungen über seine Reise in den Vorderen Orient in Jahren 1573-1576 , dass „Mahomet den seinigen fürgibt, das ihm Gott hab gebotten, alle anderen Völcker so lang mit dem schwert zu bestreitten, biß das sie bekennend kein Gott ohne Gott seye unnd Mohamet sein Prophet…” oder als Untertanen Steuern zahlen, das hätten die Türken streng befolgt.17 Von den verschiedenen christlichen Gemeinschaften in Jerusalem berichtet er: „Die last der Türck zufriden, fichts im wenigsten der Religion halb nit an von ihrem Glauben abwendig zu machen unnd zu seinem Mahometischen Alcoran zu bringen: sondern lasts in guter rhu sitzen in ihrem Thun unnd Gottesdienst unverhindert…”18 Wir finden kein Wort darüber, dass die Christen als Ungläubige verfolgt und mit dem Tod bedroht worden seien. Mit dem Niedergang des Osmanischen Reiches hat sich die Stellung der Christen allerdings zunehmend verschlechtert.

Von einem Kampf der Muslime gegen die Ungläubigen aus religiösen Gründen kann man meines Erachtens am ehesten bei den Wahhabiten sprechen. In ihrem Ruf zur Umkehr zu dem ursprünglichen Glauben des Propheten, seiner Gefährten und der ersten vier rechtgeleiteten Kalifen erklärten sie die Mehrheit der Muslime ihrer Zeit zu Ungläubigen, die zu bekämpfen seien.19 Zu den Ungläubigen gehörten auch die Christen, weil sie an Jesus und andere Heilige glaubten.

Mit dem wörtlichen Verständnis des Korans bekam auch der Schwertvers Sure 9:5 neues Gewicht.  So riefen die Wahhabiten zum Beispiel zu einem Glaubenskrieg gegen die Minangkabauer Süd- Sumatras und gegen die „heidnischen“ Batak Inner-Sumatras auf, der von 1803 bis 1839 geführt wurde. „Schon Auslassungen ritueller Gebete wurden, wenn nicht mit dem Tod, dann mit Geldbußen geahndet, ‚Sünder’ in die Sklaverei verkauft. Wer die Bekehrung verweigerte, wurde in der Regel umgebracht oder vergewaltigt.”20

Etwa zur gleichen Zeit (1804-1809) führte der religiöse Reformer Usaman oder Uthman da-Fodio in Nordnigeria einen Glaubenskrieg gegen die Haussa-Stadtstaaten.21 Der Krieg richtete sich aber nicht gegen Ungläubige, sondern gegen die örtlichen Gegner der Reformbewegung.

Unter dem Deckmantel eines Krieges gegen Ungläubige wurden die Mru und andere Bergvölker in den Chittagong-Bergen Bangladeshs grausam verfolgt. Im Hintergrund standen politische und wirtschaftliche Interessen, nämlich Bengalisierung, Raubbau, und Landwegnahme. Auch die Regierung des seit 1971 unabhängigen muslimischen Staates von Bangladesh hat dem nicht Einhalt geboten.22

Jahrhundertelang, von Ausnahmen abgesehen, wurde zwischen sogenannten Ungläubigen und Christen und Juden als Schriftbesitzern unterschieden. Im Zeitalter des Kolonialismus sollte sich dies entscheidend ändern. Der Satz Akbar Ahmeds: „Colonial rule paralysed Muslim societies…“23 ist charakteristisch für die tiefen Verletzungen der Kolonialzeit, die bis heute fortwirken.

Edward William Lane, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts lange Jahre in Ägypten verbracht hat, schreibt noch, dass die Aufforderung, die Götzendiener zu töten, die heidnischen Araber betreffe, die ihre Schwüre gebrochen und ihre Feindseligkeit gegen Muhammad und seine Nachfolger bewahrt hätten.24 Ende des 19. Jahrhunderts schließlich wurde das Wort Muschrikun sowohl für Polytheisten wie auch für Christen angewandt.

Auf dem Hintergrund des Palästinakonflikts sieht der Ägypter Sayyid Qutb (1906-1966) den Kampf gegen die Leute des Buches als bleibende Verpflichtung der Muslime. Beide, Juden und Christen, hätten sich feindlich gegenüber den Muslimen gezeigt.25 Qutb und diejenigen, die die islamistische Bewegung der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts bestimmt haben, sind tief geprägt vom Antikolonialismus und den Erfahrungen der Freiheitsbewegungen in den ehemaligen Mandats- oder Kolonialstaaten. In diesem Kontext wird der Schwertvers in dem Werk „Die vernachlässigte Pflicht“26 von Muhammad Abd al-Salam Faraj, der 1982 mit den Mördern Präsident Sadats hingerichtet wurde, zum zentralen Text. Der Kampf gegen die Ungläubigen sei der Weg, um die Muslime aus Armut, Ausbeutung und Unfreiheit herauszuführen in die Freiheit der Menschen, die ihnen Gott verheißen hat. Es ist zugleich der Weg vieler, die sich radikalisiert und militante Gruppierungen gegründet haben.

Von hier ist der Weg nicht mehr weit zu Al-Qaida und all den Organisationen, die zum Dschihad, zum Krieg gegen die Ungläubigen aufrufen. So beginnt Osama Bin Laden (1957-2011)  seine „Erklärung der Internationalen Islamischen Front für den Heiligen Krieg gegen die Juden und Kreuzfahrer“ vom 23. Februar 1998 mit dem Zitat des Schwertverses Sure 9:5.27Der Aufruf, die Amerikaner und ihre Verbündeten zu töten, wird beendet mit einer Reihe von Koranzitaten, die diesen Kampf als Gehorsam gegen Gott darstellen.

Zusammenfassung

Der Aufruf zum Kampf gegen die Polytheisten, das Wort „Ungläubige“ findet sich in keiner mir bekannten Koranübersetzung, folgt aus der Aufkündigung des Friedensvertrages von Hudaybaiya 631 n. Chr. Das Ziel war nicht der Tod der heidnischen Araber, sondern die Annahme der Lehre des Propheten und die Unterordnung unter ihn und seine Anhänger. Von Christen und Juden ist in Sure 9:5 nicht die Rede.

Im Laufe der Geschichte sollte sich das Verständnis der Stelle ändern. So wurden im Zeitalter der Kreuzzüge die Christen eindeutig als Ungläubige bezeichnet und bekämpft. Aber auch in den innerislamischen Auseinandersetzungen wird bis heute vom Kampf gegen die Ungläubigen gesprochen. Dabei spielen geschichtliche und machtpolitische Gegebenheiten für die Auslegung der Koranstelle eine entscheidende Rolle.

Im Zeitalter des Kolonialismus, des Imperialismus und der Befreiungsbewegungen wurde der Westen mit dem Christentum gleichgesetzt. Beide seien zu bekämpfen, um den Muslimen ihre Ehre und Freiheit wiederzugeben und sie aus Armut und Abhängigkeit zu befreien. In diesem Zusammenhang ist der Schwertvers zu einem zentralen Bezugspunkt für islamistische und für militante Gruppen geworden.

Eine Fatwa, ein Rechtsgutachten, von Jadd al-Haqq, dem Staatsmufti von Ägypten, die zeigt, dass Faraj und die anderen Fundamentalisten Sure 9:5 verkürzen und unzutreffend auslegen, hat die Islamisten nicht überzeugt oder zum Einlenken gebracht.28 Diejenigen, die eine buchstäbliche Befolgung von Koranversen vertreten, setzen sich über die Offenheit und die Breite gelehrter Auslegungen hinweg. Sie nehmen nur die Stimmen zur Kenntnis, die ihre Meinung vertreten. Ob und inwieweit ihre subjektive Meinung objektiv haltbar ist, wird nicht weiter geprüft. Noch einfacher machen es sich diejenigen, die sich auf den Lehrsatz der Abrogation berufen. Für sie sind alle Stellen, die von Freundlichkeit gegenüber Nichtmuslimen sprechen und die die Barmherzigkeit Gottes betonen, aufgehoben.

Die Diskussion über die Bedeutung des Schwertverses führt damit zu grundsätzlichen Fragen. Zum Beispiel: Inwieweit spiegelt sich der Wachstumsprozess einer religiösen Gemeinschaft in ihren heiligen Schriften? Wenn eine Offenbarung oder Weisung in einer bestimmten geschichtlichen Situation erfolgte, was bedeutet das für ihre Auslegung in späterer Zeit und in einem anderen geschichtlichen Kontext? Deshalb fragen liberale muslimische Koranausleger: Was ist historisch bedingt und was ist universell gültig? Im Blick auf Sure 9:5 heißt es, dass die Aufforderung zur Bekämpfung der Polytheisten den Zeitumständen geschuldet sei. Die universalen Werte des Schutzes des Lebens und die Freiheit des Glaubens, die andere Koranstellen bezeugen, hätten dem gegenüber Vorrang und bleibende Gültigkeit.29

Die Diskussion über Bedeutung und Gültigkeit des Schwertverses wird weitergehen. Eine enge und wortwörtliche Auslegung und Anwendung des Schwertverses hat sich aber bisher nur vereinzelt   durchsetzen können. Das beste Beispiel dafür ist das Mogulreich. Die Inder als Polytheisten waren in ihm immer in der Überzahl und wurden am Leben gelassen.

Eine fundamentalistische Instrumentalisierung von Sure 9:5 lässt sich jedoch nicht verhindern. Sie kann und muss aber hinterfragt werden.

1 Angabe des Hilfswerkes „Open Doors“, Evangelischer Kirchenbote der Pfalz, Speyer, Nr. 3/2012

2 Der 1., 7., 11. und 12. Monat des islamischen Jahres

3 Eigene Übersetzung der arabischen Texte, sofern nicht anders angemerkt.

4 Ibn Ishaq,  Das Leben des Propheten, übersetzt von G. Rotter, Kandern 2004, s. 237 ff

5 Text des Vertrages in: Islamische Geisteswelt, Hg. Rudolf Jockel, Wiesbaden 1981, S. 66

6 Paret, Rudi, Der Koran- Kommentar und Konkordanz, Stuttgart 1980, S.193

7 Tabari, Jami al- Bayan fi Tafsir al-Qur’ an, download: http/www.islamhouse.com/p/49834, S. 12792ff

8 Sahih Al-Bukhari,  Arabic-English, Bd. 6, New Delhi 1984, S. 143 f.

9 Im Arabischen wird das „l“ des Artikels bei der Aussprache an einige folgende Konsonanten assimiliert. Deshalb wird häufig  At-Tabari zitiert.

10 Tabari, a.a.O.,  S.12713 ff

11 Zamakhshari, Al-Kashshaf an Haqa’iq at-Tanzil, Beirut um 1965, Bd. 2, S. 247

12 Al-Baydawi, Anwar al-Tanzil wa Israr al-Ta’wil, 58.Aufl., Dschidda o.J., S. 247

13 Mawdudi, S.A.A., Towards Understanding the Qur’an, Leicester/UK, Bd. 3, 2001, S. 190

14 Khosrou, N., Safarname, deutsche Übersetzung, München 1993, S. 75

15 Feinde- Fremde- Freunde. Die Kreuzfahrer aus orientalischer Sicht, Hg. Stefan Leder, OWZ Halle 2005, S. 34

16 Ibn Rushd, Bidayat Al-Mutjahid in englischer Übersetzung, Bd,1, Reading 1994, S. 455 f.   

17 Rauwolff, L., Aigentliche Beschreibung der Raiss, so er vor dieser Zeit in die Morgenländer…vollbracht, Lauchingen 1582, Faksimile Hannover 1966 , S. 400

18  Rauwolff, a.a.O.  S.394

19 Muhammad ibn Abdalwahhab (gest. 1791), der Gründer der Bewegung, Religionsgeschichtliches Lesebuch, Hg. A. Bertholet, Heft 16, Tübingen 1931, S. 154 ff .

20 Emanuel Sackiyanz in: Fischer Weltgeschichte, der Islam II, Frankfurt/M. 1980, S. 307

21 Jamil Abu  Al-Nasr in: Der Islam in der Gegenwart, Hg. E. Ende/ U. Steinbach, München 2.Aufl. 1989, S.392

22 Bedrohte Zukunft, Bergvölker in Bangladesh, Hg. Völkerkundemuseum der Uni Zürich, Zürich 1988, S. 50 ff.

23 Ahmed, A., Discovering Islam, New Delhi repr. 2003, S. 117

24 Lane, E.W., An account of the manners and customs of the modern Egyptians, London 1860, repr. Cairo 2003, S. 93

25 Sherman Jackson in: Islam in transition, Muslim perspectives, Hg. J.L.Esposito u.a., Oxford 2. Aufl. 2007, S.405

26  Auszugsweise in englischer Übersetzung bei Sherman Jackson a.a.O. S. 417ff.

27 Text in: Al-Qaida, Texte des Terrors, Hg. Gilles Kepel u.a., München 2006, S. 85

28 Skovgaard-Peterson, J., Defining Islam for the Egyptian State, Leiden 1997, S. 237 f.

29 Saeed, A., Interpreting the Qur’an, Towards an contemporary approach, New York 2006, S. 141 ff.

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