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Dr. Paul Metzger
Weinstraße 35, 67278 Bockenheim

Anmerkungen zum Besuch Papst Benedikt XVI. in Deutschland und die Folgen

Das entscheidende Problem der Kirchen in der Gegenwart ist, dass sie nicht mehr vermitteln können, warum es sie geben muss. Der christliche Glaube „entkirchlicht“ sich, er emanzipiert sich von der Kirche, die oft nur noch als Institution wahrgenommen wird. Dabei vermischt sich der Glaube mit dem Zeitgeist, mit modernen Anschauungen von richtig und falsch, wahr und unwahr, lebensdienlich und lebensabträglich. Die Herausforderung der Gegenwart besteht darin, auf diese Problematik einzugehen. Nimmt man die Gegenwart an oder scheut man davor zurück? Tritt man in den Dialog ein oder zieht man sich auf bewährte und überlieferte Traditionen zurück? Beide Wege sind prinzipiell gangbar, beide Wege sind mit Risiken behaftet und beide Wege stehen nun zur Diskussion.

Der Besuch Benedikts XVI. in Deutschland ist innerkatholisch auch auf dem Hintergrund dieser Fragestellung zu sehen. Die Konzentration Benedikts auf die Theologie, die Mission und den Glauben ist dabei ein beachtenswerter Appell an seine Kirche. Gegen ein tieferes Beten und ein genaueres Hören auf das Wort Gottes, wird niemand etwas einwenden wollen. Was für den Beobachter aber kritisch erscheint, ist die zunehmende Polarisierung der römisch-katholischen Kirche in Deutschland, die Benedikt nicht aufzuhalten vermocht hat.

Entgegengesetzte Pole scheinen sich dabei zu verfestigen: Zunächst stehen sich Laien und Klerus gegenüber. So kündigen nicht nur viele Laien an der (sogenannten) Basis ihren Hirten die Gefolgschaft auf, sondern selbst Priester entziehen sich mehr oder minder offen dem Gehorsam gegenüber ihren Bischöfen (besonders krass gegenwärtig in Österreich). Im Leben der Gemeinden zeichnet sich ab, dass jede Gemeinde mit dem Mangel an Priestern so umgeht, wie sie es für gut hält und die Schäfchen dort nach Hilfe suchen, wo sie ihnen gewährt wird. Viele lehramtliche Dokumente werden dort nicht zur Kenntnis genommen und daher auch nicht beachtet. Einzelne Bischöfe verlieren den Kontakt zur Basis und orientieren sich in erster Linie am Lehramt und weniger an der Barmherzigkeit gegenüber den ihnen anvertrauten Menschen.

Die zweite Polarisierung durchzieht alle Ebenen der römisch-katholischen Kirche bis in die Bischofskonferenz hinein. Hier stehen sich Menschen gegenüber, die eine Hinwendung zu den konkreten Problemen der Gläubigen über das Festhalten an dogmatischen Positionen stellen und die Kirche an sich nicht in Gefahr sehen, sollte sie ihr Lehrgebäude um wenige Millimeter neu justieren. Dieser Pol scheint vom Papst nicht unterstützt worden zu sein, wenn er den Glauben dezidiert als nicht verhandelbar herausstellen zu müssen meint. Er scheint demnach eher dem Pol zuzuneigen, der in bestimmten Traditionen den Garant der kirchlichen Zukunft erkennt. Dementsprechend ist die Zufriedenheit auf der konservativen Seite der katholischen Kirche groß, während diejenigen, die sich für Öffnung und Dialog sowohl inner- wie außerkirchlich einsetzen, geschwächt nach Wegen suchen, wie sie ihre Kirche auf dem Weg in die Zukunft orientieren können.

Die zunehmende Polarität der Kirche, die von einigen katholischen Provokateuren als „Revolution“ bejubelt wird, ist sowohl für die deutschen Katholiken wie auch für die interkonfessionelle Verständigung ein bedrohliches Problem. Es steht zu befürchten, dass einige dieser Provokateure den konservativen Flügel radikalisieren und nur noch die Wahl zwischen Gehorsam oder Schisma offen lassen wollen. Vom Mut und der Bereitschaft, sich auf einen (zunächst innerkirchlichen) Dialog einzulassen, ist hier nichts zu spüren. Es geht nur um krasses und lautes Gepolter für die eigene Sache. Für die Ökumene ist dies fatal und für die Botschaft des christlichen Glaubens katastrophal

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