Joachim Kreiter Am Wernerswingert
9, 76829 Landau |
Debatte
Zusammenarbeit mit Hessen ?
Das
Protestantische Predigerseminar in Landau vor den Herausforderungen der
Veränderungen in Kirche und Gesellschaft.
In
der Evangelischen Kirche der Pfalz ist eine Diskussion entbrannt über das
weitere Schicksal des Protestantischen Predigerseminars in Landau. Es wurde
1927 gegründet und ist also nun schon 84 Jahre alt. Es ist die
Ausbildungsstätte für Vikarinnen und Vikare zwischen ihrem 1. und 2. Examen. Es
geht dabei um ihre praktische Ausbildung für den späteren Beruf als
PfarrerInnen. Im KIRCHENBOTEN Nr. 12 wird auf Seite 3 diese Diskussion erstmals
öffentlich geführt.
Vieles
ändert sich im Augenblick in unserer Kirche: Die Zahl der Mitglieder wird
kleiner, Gemeinden müssen nach neuen Möglichkeiten der Zusammenarbeit suchen,
PfarrerInnen haben es bei Predigt und Seelsorge und in der Konfirmandenarbeit
oft mit ganz neuen Fragen und Aufgaben zu tun. Dafür wurden sie oft nicht
ausgebildet. Fortbildung muss also groß geschrieben werden und wird Zeit und
Kraft kosten und auch Geld. Aber gerade das wird knapper werden.
Wenn wir angesichts dieser, nur sehr
oberflächlich beschriebenen Situation, über das weitere Schicksal des Prot.
Predigerseminars in Landau nachdenken,
dann müssen zuerst die Fragen und Aufgaben aufgelistet werden. Was wollen wir?
Was soll das Ziel des Nachdenkens sein?
Es
stellen sich ein paar Fragen:
Soll, muss das
Seminar vor der Schließung bewahrt werden?
Gibt
es Gründe für eine Schließung? Ist die Zahl der auszubildenden VikarInnen zu
klein geworden? Wie viele müssen es sein? Gibt es Prognosen über die
Entwicklung bis 2020? Gibt es schon konkrete Pläne? Welche weiteren Argumente
spielen dabei eine Rolle? Welche Ängste werden dadurch und durch eine ungenügende
Information ausgelöst?
Soll oder muss Geld
gespart werden?
Was kostet die Ausbildung heute? Wie hoch belastet sie den Etat der
Landeskirche? Wie werden sich die Kosten nach heutiger Einschätzung in den
nächsten 5 – 10 Jahren verändern? Möglichst genaue Aussagen sind nötig: Kosten des
Lehrpersonals, der Büros und der Lehrräume, der Unterbringung im
Butenschoenhaus, der Bibliothek, der Gebäude, Fahrtkosten des Personals und der
VikarInnen.
Soll oder kann
Personal eingespart werden? In welchen Bereichen ist das notwendig, wo
möglich: Dozenten, Büromitarbeiter, MitarbeiterInnen im Wirtschaftsbetrieb, bei
den MentorInnen?
Soll das
Butenschoenhaus entlastet werden? Dort finden viele Tagungen statt: EFWI,
Evang. Akademie, Theol. Fortbildung u.a. Ist das Haus „überfordert“?
Welche Standards der
Ausbildung sind unverzichtbar und müssen erhalten werden? Hierher gehört
vermutlich die dreigliedrige Ausbildung in Schul- Gemeinde- und
Spezialpraktikum. Außerdem das duale Systhem von Praxis in Schule und Gemeinde
und Kursarbeit im Seminar. Auch die Beratungsbesuche der DozentInnen gehören
hierher. Was ist noch unaufgebbar, worauf sollte nur in höchster Not verzichtet
werden?
Inzwischen wird eine Zusammenarbeit mit
Hessen diskutiert. In dem Artikel im KIRCHENBOTEN „Widerstand gegen Kooperation
mit Hessen“ werden Gegenargumente, Befürchtungen und Ängste der DozentInnen und
der StudentInnen formuliert. Dabei werden die Fragen, die gestellt werden
müssen, leider weitgehend nicht erwogen.
Zwischen
den Seminaren in Landau und Herborn bestanden in der Vergangenheit viele gute
und freundschaftliche Kontakte. Es gab einen Austausch über die Ausbildung und
ihre Inhalte, über Methoden der Arbeit und vieles mehr. Prof. Dr. Gert Hartmann
hat z.B. in Landau in der Mentorenfortbildung mitgearbeitet.
Wenn
Landau sich auf Grund von Antworten auf die oben gestellten Fragen einen
Kooperationspartner suchen muss, dann sollte aus meiner Sicht Herborn erste
Wahl sein. Wie ich höre, ist man dort durchaus aufgeschlossen – auch für
Veränderungen z.B. im Bereich des Schulpraktikums. Die Bedenken von Frau
Günther wirken sehr kurzatmig. Es sind weitgehend nur Behauptungen. Ob Geld
gespart wird und ob das an dieser Stelle sinnvoll ist, ob die Qualität der
Ausbildung berührt wird, das Alles ist noch offen. Kooperation kann außerdem
nicht heißen, dass man dem Kooperationspartner PfarrerInnen abwirbt. Eine Kooperation könnte die Möglichkeit
bieten, bisherige „Selbstverständlichkeiten“ auf allen Seiten nochmal zu
überdenken.
Wenn
das „pfälzische Profil“ der PfarrerInnen angesprochen wird, dann ist es mir
etwas mulmig. Das klingt doch sehr nach „Kleinstaaterei“, um nicht zu sagen
„Provinzialismus“. Wir können den Kopf gar nicht weit genug in die Welt
hinausstrecken und Erfahrungen sammeln, wie es andernorts aussieht. Wir brauchen
dringend Europäer und Ökumeniker und Leute, die in der Evangelischen Kirche in
Deutschland über den Tellerrand hinaus sehen.
Sollte
es nicht möglich sein, dass DozentInnen des Predigerseminars und auch
VikarInnen einmal für 14 Tage zum Kurs nach Herborn gehen, ohne dass gleich
ihre Ehe und das Familienleben durcheinander geraten? Vielleicht kommen ja auch
die Herborner einmal nach Landau und entdecken ihrerseits, dass es auch
anderswo passable Menschen gibt und eine protestantische Kirche, die sich nicht
verstecken muss. Dass bei einer solchen Kooperation – die natürlich gründlich
vorbereitet werden muss und die Regeln braucht – gleich noch mehr Personal
eingefordert wird, ist doch einigermaßen grotesk.
In
der Tat: Pfarrerausbildung braucht die Rückendeckung der Kirchenleitung. Aber
Kirchenleitung braucht für ihre Entscheidungen auch die Zuarbeit der
Mitarbeiter des Seminars und vor allem eine sachgemäße Information und
Diskussion. Ganz schlecht sind „Geheimverhandlungen“ und das Durchsickern von
Informationen nur über Indiskretionen. „Totschlagargumente“ sollten auf allen
Seiten möglichst rasch auf den Müll. Natürlich sollen Ängste der Beteiligten
offen angesprochen werden. Sie dürfen nicht gleich verdächtigt werden. Aber
dann gilt es eben nach Lösungen Ausschau zu halten.
Ich
wünsche mir, dass alle diese und vermutlich noch weitere Fragen in einem
offenen Prozess in der Kammer für
Ausbildung besprochen werden und dass dann alle, StudentInnen, VikarInnen,
Dozenten und Mentoren sachgemäß mitreden können. Vielleicht können wir ja auch
in der Kirche etwas von „Stuttgart 21“ lernen.
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